Duisburg.. Deutschland reckt und streckt sich wieder - und entdeckt den Fitness-Klassiker aus den 70er-Jahren wieder neu. Der Trimm-Dich-Pfad erlebt eine Renaissance. Hier erklären wir, wie es zu dem Comeback kam und warum das Freiluft-Training im Kampf gegen die Pfunde einfach gut tut.
Er ist ein Wunderkerl, weil er Sportmuffel in Fitnessfreunde verwandeln kann: Anfang der 70er-Jahre kam Trimmy groß raus. Ein kleines Kerlchen mit Quadratschädel und roter Turnhose. Mit seinem „Du schaffst das“-Grinsen und dem hochgereckten Daumen hat er Massen motiviert. Raus aus den Puschen, rein in die Turnschuhe. Trimmy, das Maskottchen des damaligen Deutschen Sportbundes, stand im Mittelpunkt einer Fitnesskampagne, die Jahre lang lief. Damals hieß das Joggen noch Waldlauf, Menschen verabredeten sich zum Brennball oder Völkerball, starteten Lauftreffs und machten „Trimm Trab ins Grüne“. Trimmy im Dauerlauf vorneweg. 94 Prozent der Deutschen kannten ihn.
Mit den Olympischen Spielen kam Deutschland in Bewegung
Mit Trimmy kamen auch die Trimm-Dich-Pfade. Deutschland sprang über Böcke aus Holz, prustete am Waldesrand, balancierte über Balken, übte Klimmzüge so ausdauernd, bis die Arme lang wie Giraffenhälse waren oder sich zumindest so anfühlten. Ziel des Sportbundes war es, das Übergewicht bei immer mehr Menschen durch Bewegung zu reduzieren. „Nach den Olympischen Spielen 1972 ging es richtig los. Nachdem alle den Athleten zugesehen hatten, sollte das Volk selbst in Bewegung kommen“, sagt Gerhard Bergel von der Beratungsstelle Breiten- und Freizeitsport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). In den Achtzigern begann Deutschland dann zu lahmen. Trimm-Dich-Pfade kamen aus der Mode, sie wurden vernachlässigt, viele verrotteten – bis jetzt. Plötzlich sind sie wieder da!
Aus Trimm Trab entstand Breitensport
„Trimming ist im Kommen“, hat Gerhard Bergel festgestellt. Er beobachtet und analysiert Entwicklungen im Breitensport seit Jahrzehnten. Dabei hat er in den Siebzigern gesehen, wie durch Trimm Trab auch ältere und unsportliche Menschen in Schwung kamen, wie der Breiten- und Freizeitsport so überhaupt erst entstand und auch, wie er in den Achtzigern die Aerobic- und Fitnessstudio-Welle anschubste. Hängen, Schwingen, Klimmen war nun zu unspektakulär geworden. Mit Trimm Trab ging’s bergab.
Und heute? Da war doch was. . . Die Menschen besinnen sich und finden zurück zur Natur! „Sie suchen wieder vermehrt nach sportlichen Betätigungsmöglichkeiten im Freien“, sagt der Mann vom Olympischen Sportbund. Viele wollen damit einen Ausgleich finden zu Bürojobs und der Dauerberieselung durch Mobiltelefon, Fernseher oder Computer. Sie sehnen sich nach dem Klang der Wälder, nach frischer Luft und Weite.
Die 40 Jahre sieht man Trimmy nicht an
Vor drei Jahren hat der Deutsche Olympische Sportbund Trimmy reaktiviert. Die 40 Jahre sieht man dem kleinen Kerl nicht an. Er muss heimlich weitertrainiert haben. Und der Sport hat ihn jung gehalten. Seine Turnhose sitzt weiterhin perfekt, eine Hand zeigt nun locker nach oben und auch das Lachen ist geblieben.
Zusammen mit einem Sponsor hatte der Sportbund eine neue „Trimm Dich“-Kampagne gestartet, bei der Parcours mit moderneren Trainingsgeräten gebaut wurden, unter anderem im Revierpark Mattlerbusch in Duisburg. Diese Anlagen basieren auf den alten, den bewährten Stationen, sind aber farblich und technisch wertiger ausgestattet. Etwas schicker als die oft hölzernen Überbleibsel aus den Siebzigern in manchem deutschen Wald oder Park.
Das kleinste Outdoor-Fitnesscenter der Welt
Die Experten an der Sporthochschule Köln bestätigen eine Rückkehr der Trimm-Dich-Bewegung und fördern sie. Sportwissenschaftler Jean-Phillippe Klaack hat Trimmfit-Geräte fürs Freie entworfen, die aus einem futuristisch anmutenden Edelstahlgestell bestehen und den ganzen Körper trainieren sollen. „Kleinstes Outdoor-Fitnesscenter der Welt“ werden die Geräte werbewirksam genannt. Ableger stehen unter anderem an der Außenalster in Hamburg, also an der wohl beliebtesten Laufstrecke Deutschlands. Auch an den Universitäten in Essen und Duisburg sind Trimmfit-Geräte installiert, die den Studenten und Dozenten ein kostenfreies Training unter freiem Himmel ermöglichen.
„Das Prinzip von heute ähnelt dem der Trimm-Dich-Pfade der 70er-Jahre, aber bei den Trainingsgeräten der neuen Generation stecken oft kommerzielle Anbieter dahinter“, sagt Gerhard Bergel vom Olympischen Sportbund. Städten und Vereinen fehlt das Geld, um erneut Trimm-Dich-Pfade zu bauen oder alte zu sanieren.
Noch etwas ist ähnlich wie bei der ersten Trimm-Dich-Bewegung: Die Menschen bewegen sich zu wenig, viele sind übergewichtig. Ob Trimmy noch mal helfen kann?