Duisburg..
„Mein Museum“: So stellt Otto Felix Kruppa seine Werkstatt vor. Die hat er 2000 in einem ausgebauten Dachboden an der Friedenstraße in Hochfeld eröffnet. „Verrückt, sich in Duisburg selbstständig zu machen“, sagt der 52-jährige Geigenbaumeister und gebürtige Duisburger, ein „Ruhri“, der kein Blatt vor den Mund nimmt. „In Duisburg davon zu leben, ist verdammt schwer.“ Außerdem sei er „zuerst Geigenbauer, dann Geschäftsmann“.
Ein bisschen anders als andere war er wohl schon in seiner Jugend. Kruppa, der mit acht Geschwistern aufgewachsen ist: „Mein Vater, der starb, als ich 15 war, war klassischer Musiker, und ich war der einzige, der nie Unterricht bekommen hat.“
Das Klavier habe ihn nicht interessiert, aber die Mandoline, die der Vater mal in Jugendjahren gespielt hatte und auf einem Regal herum lag. „Ich habe sie spielfertig gemacht.“ Nicht nur dabei habe er nach dem Prinzip gehandelt: „Einfach ausprobieren.“ Sein erste Biegeeisen baute er aus einem Kaffeedose und einer Kerze.
Blockunterricht in der traditionsreichen Geigenbaustadt Mittenwald
Auch mit seinem Musikgeschmack war er in den 70er Jahren in seiner Clique eher Außenseiter. „Liederjan, Elster Silberflug – ich war der einzige, der das gut fand.“
Kruppa baute und spielte Mandolinen und Gitarren in Bands, bevor er zur Geige kam. „Während meiner Zivi-Zeit mit 19 habe ich alle zum Wahnsinn getrieben.“ Stundenlang habe er auf dem Instrument geübt.
Vor dem Zivildienst hatte Kruppa eine Ausbildung zum Modellschreiner absolviert und „war irgendwann arbeitslos“. Der Tipp kam von einem Bekannten: In der Niederrheinischen Musikschule gebe es einen Geigenbauer, dem ein Lehrling abgesprungen war. „Und ich konnte eine Umschulung machen.“
Das Arbeitsamt habe es ihm nicht leicht gemacht und verlangt, zwei Arbeitsverträge vorzulegen – „dabei hatte ich noch gar nicht die Ausbildung gemacht“. Schließlich schrieb ein Musikhaus, es sei möglich, einen Geigenbauer einzustellen. Die Umschulung wurde genehmigt. Den Blockunterricht erhielt er in der traditionsreichen Geigenbaustadt Mittenwald. Mehr als zehn Jahre arbeitet Kruppa dann für große Musikhäuser in Düsseldorf und Köln, legte 1997 seine Meisterprüfung ab.
In seinem „Museum“ gibt es alles, was eine Geigenbauwerkstatt ausmacht: Hölzer, Tinkturen von Myrrhe bis Pinienöl, Werkzeuge von Bohrern bis Biegeeisen, Rosshaar, Bögen, Pinsel, Sägen, Werkbänke, alte Geigen, dazu eine CD-Ecke. Doch Geigen baut Kruppa kaum noch. Jedenfalls keine „Meistergeigen“, die von A bis Z aus Kruppas Hand stammen würden. „Die müssten 16 000 Euro kosten.“ Vier Geigen-Kategorien gebe es: Meister-, Gesellen-, Werkstatt- und Fabrik-Instrumente.
Schwingungen sichtbar machen
Der Verkauf von Saiten sei weggebrochen, laufe heute übers Internet. Und mit alten Instrumenten handelt Kruppa nicht gern. „Da ist zu viel Fantasie im Spiel“, sagt er. „Denn alt bedeutet nicht wertvoll.“ Schon im 19. Jahrhundert seien Geigen fabrikmäßig hergestellt worden – das hieß damals noch Manufaktur.
Kruppa zählt sich nicht zum „alten Lager“ der Geigenbauer, die behaupten, durch Abklopfen den Klang eines Instruments einschätzen zu können und damit „das Mysterium, das die Leute beim Geigenbau erwarten“, befriedigen. Er arbeite wissenschaftlich am Klang. Kruppa ist überzeugt, dass schon Stradivari mit „Chladnischen Klangfiguren“ gearbeitet hat. Ernst Florens Friedrich Chladni veröffentlichte 1787 die Schrift „Entdeckungen über die Theorie des Klanges“ . Er beschrieb, wie man Schwingungen sichtbar machen kann und beschäftige sich mit den Gesetzmäßigkeiten des Klangs. „Das heißt, die Technik muss älter sein und führt zurück zu den großen italienischen Geigenbauern.“
Mit dieser Technik arbeitet auch Kruppa – inzwischen für die Münsteraner Streichinstrumente-Firma Tononi. Sie lässt von Zulieferern die Körper bauen. „Ich moduliere die Geigen, heute würde man sagen: tunen.“ Mit Tononi möchte er eine Serie „mit guten, bezahlbaren Schulinstrumenten“ heraus bringen. Ihr Ton soll nicht unbedingt dem heutigen Ideal „laut, kräftig, strahlend“ entsprechen, sondern „geschmeidig, sahnig, dicht“ sein. So wie zu Zeiten von Meister Stradivari.