Duisburg.. Der Loveparade-Prozess steht vor dem Aus. Die Duisburger Loveparade-Stiftung kümmert sich um Opfer-Angehörige, die zutiefst enttäuscht sind.


Ein schwerer Tag im Düsseldorfer Loveparade-Prozess: Gleich mit einer Psychologin, zwei Notfallseelsorgern und dem Ombudsmann der Stadt, Pfarrer Jürgen Widera, war die Loveparade-Stiftung am Donnerstag im Prozess-Saal der Düsseldorfer Messe vertreten, um sich um Opfer-Angehörige zu kümmern. Dass der Prozess wahrscheinlich eingestellt wird, ist für viele schwer zu verkraften.

Betroffene sind aufgewühlt und enttäuscht

„Ich kann gut verstehen, dass Eltern, die ihre Kinder bei der Katastrophe verloren haben, das nicht akzeptieren können“, erklärt Jürgen Widera. Viele der Angehörigen seien „sehr aufgewühlt, sehr verletzt, sehr enttäuscht“ gewesen. Viele hätten sich gewünscht, dass der Prozess Schuldige und Verantwortliche benennt. Für viele Betroffene müsse sich die Einstellung des Prozesses so anfühlen, dass das juristisch „im Sande verläuft“, so der städtische Loveparade-Ombudsmann. Die Duisburgerin Edith Jakubassa, die ihre Tochter Marina am Loveparade-Tunnel verlor, schweigt an diesem Donnerstag: Es gibt nichts zu sagen, erklärt sie.

Nebenklägerin Edith Jakubassa. Loveparade-Prozess - Folgen des Rechtsgesprächs am Tag danach. Der Vorsitzende Richter Mario Plein verkündet das Ergebnis des Rechtsgesprächs am Landgericht DUisburg in den Räumen der Messe Düsseldorf am Donnerstag den 17.01.2019. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services
Nebenklägerin Edith Jakubassa. Loveparade-Prozess - Folgen des Rechtsgesprächs am Tag danach. Der Vorsitzende Richter Mario Plein verkündet das Ergebnis des Rechtsgesprächs am Landgericht DUisburg in den Räumen der Messe Düsseldorf am Donnerstag den 17.01.2019. Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services © Unbekannt | Lars Heidrich / FUNKE Foto Services






Widera vergleicht den mutmaßlichen Anfang vom Ende des Prozesses mit der schweren Nachricht vom März 2016, als das Duisburger Landgericht zunächst eine Prozessaufnahme abgelehnt hatte. Nun, nach 96 Prozesstagen empfinden viele Angehörige eine ähnliche Leere, schmerzen Unverständnis und Enttäuschung, wenn strafrechtlich wohl endgültig niemand zu Verantwortung gezogen werden kann.

Doch Widera sieht auch diejenigen, denen der bisherige Prozessverlauf „Licht ins Dunkel“ gebracht hat, die Aufklärung bekamen, für das, was am Katastrophentag geschah, ungeachtet der juristischen Schuldfrage. Wie beim Ombudsmann selbst: „Ich habe jetzt kein vollständiges, aber ein deutlicheres Bild über die Ursachen des Unglücks, an dem viele beteiligt waren, bei dem viele Fehler gemacht wurden“, so Widera.

Auseinandersetzung mit der Katastrophe geht weiter

Zumindest dieses „Höchstmaß an Aufklärung“ sei man den Angehörigen schuldig, erklärt auch Jürgen Thiesbonenkamp, Sprecher des Kuratoriums der Loveparade-Stiftung. Er hat diesen Ausgang mit Blick auf die juristischen Grenzen strafrechtlicher individueller Verantwortung kommen sehen. Die mehr als zweijährige Verzögerung durch die Prozessablehnung zunächst mit der nahenden Verjährung 2020 tat ihr Übriges.

„Für viele Angehörige wird das nicht leicht zu verarbeiten sein“, befürchtet Thiesbonenkamp. „Mit einer Prozesseinstellung endet aber nicht die Auseinandersetzung mit der Katastrophe“, stellt er klar. Auch die Stadt Duisburg muss sich dieser Verantwortung weiter stellen. Die Loveparade-Katastrophe bleibt ein Teil von ihr, ist sich der Kuratoriumssprecher sicher, das sich auf seinem nächsten Treffen selbst mit der Frage beschäftigen wird, wie es weiter mit dem Gedenken und dem Verantwortlichsein umgehen will: „Unsere Aufgabe geht weiter.“

Die Stadtspitze selbst wollte sich gestern nicht äußern und bittet um Verständnis, „dass wir uns nicht zum laufenden Verfahren äußern oder die Anregung des Gerichts kommentieren“, solange es keine endgültige Entscheidung über die Einstellung des Prozesses gebe, so Stadtsprecherin Susanne Stölting.

>>> Staatsanwaltschaft prüft Vorschlag


Die Duisburger Staatsanwaltschaft hält eine Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen, etwa der Zahlung eines Geldbetrages, „aufgrund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme für nicht sachgerecht“.


Dennoch will sie die Vorschläge und Argumentation des Gerichtes „sorgfältig prüfen“ und bis zum 5. Februar dazu Stellung nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Einstellung in Betracht kommt.