Bissingheim. Im Stadtteil mangelt es an Nahversorgung. Das wollen die Bewohner ändern und selbst einen Dorfladen gründen. Ideen gibt es viele, Probleme aber auch.

Böse Zungen sollen behaupten, der Duisburger Stadtteil Bissingheim sei ab vom Schuss. Die Bissingheimer selber nennen ihr Zuhause zwischen Stadtwald, Bahntrasse und A 3 aber lieber optimistisch und mit einem Hauch von Beschönigung Dorf. Zumindest mit typisch dörflichen Problemen sieht sich der Stadtteil schon seit mehreren Jahren konfrontiert, besonders die Nahversorgung lässt zu wünschen übrig. Genau aus diesem Grunde entstand die Idee, einen genossenschaftlich finanzierten Laden für die Grundversorgung im Dorf zu Gründen. Jetzt trafen sich interessierte Bissingheimer erstmals, um Ideen zu sammeln – ganz dorftypisch in der Kneipe.

Modell funktioniert in Schottland gut

Die Idee ist Andrea Kaufmann und Heiko Thyssen beim Urlaub in Schottland gekommen. „In den Dörfern dort läuft das genossenschaftliche Modell sehr gut“, berichten die beiden; sogar Auszubildende könnten die Läden dort einstellen. Von solchen Gedankenspielen ist man in Bissingheim aber noch weit entfernt, schließlich muss man sich noch auf ein konkretes Grundkonzept einigen.

Die Idee, neben einer Lebensmittelgrundversorgung auch eine Art soziales Zentrum mit Mittagstisch einzurichten, stieß zwar durchweg auf offene Ohren, allerdings auch auf Bedenken. „Die Auflagen zur Trennung von Imbiss und Lebensmitteln sind sehr streng, das wäre nicht ohne weiteres zu bewältigen“, warf ein Diskussionsteilnehmer ein. Auch der geplante, freitägliche Bring-Service, der dann auch frische Waren anbieten soll, wurde kritisch beäugt, vor allem aus finanziellen Gründen.

Startkapital ist erste Hürde

Die Finanzen entpuppten sich erwartungsgemäß am Freitag als erste große Hürde. Um die Räume des ehemaligen Edeka-Markts am Dorfplatz auf Vordermann zu bringen und ein vernünftiges Startkapital zu haben, veranschlagt die Gruppe, grob geschätzt, 125 000 Euro. Sollte alles laufen wie geplant, würde sich der Laden nach der Startphase selber finanzieren. Das größte Problem sei, genug Genossenschaftsanteile an die Bissingheimer zu verkaufen. Viele Stimmen in Bissingheim forderten oft lautstark Dinge, wenn es dann aber darum gehe, aktiv zu werden, blieben nur wenige übrig, so Thyssen. „Außerdem müssen wir uns geschultes Personal suchen“, sagt Andrea Kaufmann. Der Vorbesitzer habe die alten Verkäuferinnen entlassen und jüngeres Personal eingestellt, dem es an der nötigen Erfahrung fehle.

Außerdem sei der Laden darauf angewiesen, auch von den Dorfbewohnern genutzt zu werden. So habe ein bekanntes Politikerpaar aus Bissingheim vehement einen vernünftigen Laden gefordert, sei aber nicht bereit gewesen, im Dorfladen einkaufen zu gehen, als dieser noch existierte.

Preise wären höher als Normalpreise

Ein anderes Bauprojekt droht, die Idee des Dorfladens überflüssig zu machen (siehe Zusatztext): Der Wedauer Bahnhof am Stadtteileingang soll neben Büroräumen auch einen Supermarkt im Erdgeschoss erhalten, berichtet der Bissingheimer Marc Frintrop. Ein kleinerer und teurerer Laden im Dorfzentrum hätte dann keine Chance mehr.

Selbst wenn sich die Pläne für den Wedauer Bahnhof noch ändern sollten, sieht Frintrop noch ein anderes Problem für einen möglichen Dorfladen. „Die Preise im Laden müssten zwangsläufig über den Normalpreisen liegen, und für 2,50 Euro pro Fahrt kann man mit dem Bus nach Neudorf zum einkaufen fahren.“

Bei allen Problemen steht und fällt das ambitionierte Projekt mit der Unterstützung und Bereitschaft der Bissingheimer, sich finanziell an einem Nahversorger zu beteiligen. Besonders die wachsende Zahl der jungen Stadtteilbewohner könnte der Idee zum Verhängnis werden: Wer über ein Auto verfügt, ist oft bereit, für ein größeres Sortiment in eine anderen Stadtteil zu fahren.

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