Duisburg.. Duisburg mal aus einer ganz anderen Perspektive erleben: Im Doppelstock-Cabriobus geht es jetzt auf Stadtrundfahrt. Dabei entdecken sogar eingefleischte Duisburger noch etwas Neues. Wir waren bei der Premieren-Fahrt dabei: “Duisburg in 120 Minuten“.

In Barcelona, New York, Berlin und anderen Metropolen gehören sie längst zum touristischen Standardangebot. Und nun bietet auch Duisburg diesen rollenden Freizeit-Spaß: eine Stadtrundfahrt. Sie trägt den treffenden Titel „Duisburg in 120 Minuten“. Die WAZ hat sich bei der gestrigen Premieren-Tour an Bord des Doppelstock-Cabriobusses begeben.

Treffpunkt

10.50 Uhr. Auf dem Busparkplatz vorm Hauptbahnhof ist der stahlblaue Gigant schon von weitem zu erkennen. Das auf Knopfdruck ausfahrbare Dach ist geöffnet. Kein Wunder, bei dieser herrlichen Mai-Sonne! Sie lockt fast alle Fahrgäste in die obere Etage des Doppeldeckers. Hier befinden sich 53 der 71 Plätze. Fast alle sind belegt. Aus dieser erhöhten Perspektive wirkt der zwölf Meter lange und vier Meter hohe Bus noch wuchtiger. Der 285-PS-Dieselmotor knattert um kurz nach elf los. Auf der nun folgenden 48-km-Tour wird er viel Sprit fressen. Eine Stadtrundfahrt ist nun mal die freiwillige Form von „Stop & Go“-Verkehr.

Abfahrt

Frank Switala begrüßt die Mitreisenden, die auf den grau-blauen Plastiksitzen mit der gefühlten Bequemlichkeits-Note „gut“ Platz genommen haben. Er ist heute der Mann am Mikro. Und weil der 45-Jährige als gebürtiger Homberger ein Heimspiel absolviert, ist seine Laune bestens. Zunächst legt er die Grundregeln fest. Die da lauten: Während der Fahrt nicht aufstehen! Und es gibt keine Zwischenstopps zum Aussteigen! Der Bus rollt an. Die Vorfreude ist riesig. Auf geht’s!

Sehenswürdigkeiten

Vom Hauptbahnhof aus bahnt sich der Bus den Weg auf die Landfermannstraße. City-Palais mit Casino, Stadttheater mit schneeweißen Säulen, König-Heinrich-Platz mit Blick auf das Forum: Gleich zu Beginn werden schönste Seiten der Innenstadt auf den Präsentierteller gelegt. Viele Fahrgäste blicken erstaunt. Mit Digitalkameras werden Erinnerungsfotos geschossen. Und der Gästeführer stößt sofort auf Verständnis, als er sagt, dass „Duisburg wohl zu den meistunterschätzten Städten in Deutschland“ zählt.

Das alte Duisburg

Nächster Halt: Burgplatz! Nicht nur Wissenswertes über das Rathaus und die Salvatorkirche wird erzählt. Nein, an dieser Stelle innerhalb der alten Stadtmauern erzählt Frank Switala viel lieber, was die alten Römer so im alten Duisburg trieben. Natürlich erhält auch Gerhard Mercator eine Würdigung. Und beim Lauschen blicken alle Hinzulernenden auf die Steinstatue des Kartographen, die auf dem Mercatorbrunnen thront.

Hingucker

Hier und da wird’s eng beim Rangieren oder Um-die-Ecke-Abbiegen. Weil wir uns hier oben knapp vier Meter über dem Asphalt bewegen, ragt der ein oder andere Ast ins Sonnendeck herein. Das stört aber keinen. Kurz den Kopf eingezogen. Weiter geht’s. Denn der Innenhafen ruft. Auffällig ist, wie viele Passanten unterwegs auf den Doppeldecker starren. Fast alle lesen die großen Werbetafeln, die an beiden Fahrzeugseiten befestigt sind. Manche winken dem in Schrittgeschwindigkeit an ihnen vorbeifahrenden Gefährt sogar spontan zu – etwa die beiden Bauarbeiter, die gerade mit dem Außenaufzug aufs Dach des Museums Küppersmühle wollen. Fazit: Kaum im Stadtbild zu sehen, ist der Bus schon ein echter Hingucker.

Duisburg ist groß. In zwei Stunden lassen sich nur Ausschnitte zeigen. So wird natürlich viel Sehenswertes ausgelassen. Um aber zumindest Teile des Duisburger Nordens (mit Landschaftspark Nord), Westens (Baerl, Homberg) und Südens (MSV-Arena, Sportpark Wedau) zu sehen, müssen die Macher auch die Autobahnen benutzen. Mit nur rund 60 km/h geht’s auf die A 59 und später auf die A 42. Es ist die Zeit der zerzausten Frisuren. Denn trotz des moderaten Tempos weht hier ein schöner Wind um die Nase. Trotzdem sind die Ansagen von Frank Switala gut zu verstehen. Etwa, dass Duisburg über 651 Brücken verfügt. Oder, dass Ruhrort bis zu seiner Eingemeindung im Jahr 1905 eine eigenständige Stadt war. Aber auch, dass im vorherigen Semester Studenten aus 112 Nationen an der Uni Duisburg-Essen lernten. Vieles ist sogar für die eingefleischten Duisburger an Bord neu.

Das Ausgelassene

Der Tunnel an der Karl-Lehr-Straße ist durch die Loveparade-Katastrophe in aller Welt zu einem (traurigen) Symbol für Duisburg geworden. Hier fährt der Doppeldecker aber nicht entlang. Weil er nicht unter die zu niedrige Unterführung passt. Auch die Brautmeile in Marxloh, die durch den Arbeitskampf der Krupp-Belegschaft bekannt gewordene „Brücke der Solidarität“ nach Rheinhausen und gefühlte 100 andere sehenswerte Stellen der Stadt gibt’s nicht zu sehen. Aber wollte man alle zeigen, müsste die Tour wohl „Duisburg in 480 Minuten“ heißen...