Duisburg. Seit zehn Jahren ist Schewa van Uden pädagogische Leiterin im Aletta-Haniel-Programm. Dafür wurde sie jetzt beim „TalentAward Ruhr“ ausgezeichnet.

Jeder Schüler hat Talente – aber manche benötigen Unterstützung, um von ihnen Gebrauch zu machen. Dass ist seit zehn Jahren die Devise von Schewa van Uden. Für ihre Förderung von Jugendlichen auf dem Weg zum Schulabschluss ist die pädagogische Leiterin des Aletta-Haniel-Programms am Donnerstagabend in Essen bei der Verleihung des „TalentAward Ruhr“ mit einem Sonderpreis der Stiftung TalentMetropole Ruhr ausgezeichnet worden.

„Wer hat mich denn bloß vorgeschlagen“, war die Reaktion der 39-jährigen Duisburgerin, als der Nominierungsanruf kam. Es ist ihr eine Freude, daraus macht sie keinen Hehl: „Eine tolle Krönung für zehn Jahre Arbeit. An den Schülern sieht man, dass sie erfolgreich war. Und die öffentliche Bestätigung von anderer Seite hilft, damit dieses Beispiel Schule machen kann.“

Förderunterricht, Elternarbeit, Berufsorientierung

Schewa van Uden hilft Jugendlichen wie Jaqueline Uyma, die am Abend mit ihr auf der Bühne in der Thyssenkrupp-Zentrale stand. Achte Klasse, aber bei den schulischen Leistungen ist der Abschluss in Gefahr. Die Idee von Haniel-Stiftung, der gleichnamigen Ruhrorter Gesamtschule und dem Kommunalen Integrationszentrum (KI) der Stadt, bei dem sie angestellt ist, entwickelte die Diplom-Sozialwissenschaftlerin zu einem Programm. Förderunterricht, Aufklärungsarbeit, Sozialkompetenztraining, Berufsorientierungstage, Elternarbeit und Hilfe bei Bewerbungsschreiben gehören zwei Jahre lang zu den Bausteinen.

Geschafft: Schewa van Uden (rechts hinten) und ihr Kollege Tirapong Schier (links) mit den Absolventen des 2019er Projekt-Jahrgangs bei der Verabschiedung in der Haniel-Akademie in Ruhrort.
Geschafft: Schewa van Uden (rechts hinten) und ihr Kollege Tirapong Schier (links) mit den Absolventen des 2019er Projekt-Jahrgangs bei der Verabschiedung in der Haniel-Akademie in Ruhrort. © FUNKE Foto Services | Foto: Jörg Schimmel


Längst hilft ein breites Netzwerk von Firmen, stellt Plätze für Praktika und Ausbildung. Interesse und Zuverlässigkeit sind die Währung, mit der die Jugendlichen dafür zahlen. Zwischen 25 und 30 beginnen alljährlich. Wer nicht mitzieht, fliegt. Doch die Quote ist gut. Nur wenige streichen die Segel, fast alle schaffen den Abschluss, beginnen eine Ausbildung oder besuchen anschließend die Oberstufe.

Förderung ausgerichtet auf den Bedarf der Jugendlichen

Individuelle Förderung ist das Geheimnis des Erfolges, sagt van Uden. „Wenn es zu Hause Probleme gibt oder andere Sorgen drücken, hat für viele Jugendliche der Schulabschluss eben nicht oberste Priorität. Deshalb müssen wir genau hinsehen, was gebraucht wird.“ Das macht viel Arbeit, die sie nach wie vor mit großer Begeisterung, aber nicht allein machen muss: „Gott sei Dank hab ich ein Team, das mir den Rücken stärkt.“

Für diese Aufgabe scheint Schewa van Uden wie gemacht. Aufgewachsen ist die Kurdin bis zu ihrem 15. Lebensjahr im Nordirak, ehe sie mit ihrer Familie nach Deutschland flüchtete. „Seit meiner Geburt habe ich nur Krieg erlebt“, berichtet sie. Das Basteln von Filtermasken gehört zu ihren Kindheitserinnerungen – die Kurden fürchteten nach dem Massaker von Halabdscha einen erneuten Gasangriff des Regimes von Saddam Hussein auf die kurdische Bevölkerung.

Eigene Migrationsgeschichte hilft bei der Arbeit

Schweden war das Ziel der Familie, doch es wurde Duisburg, wo die heute 39-Jährige das Mercator-Gymnasium besuchte und nebenbei an der VHS ihr Deutsch verbesserte. Als Studentin der Uni Duisburg sattelte sie bald von Medizinmanagement auf Sozialwissenschaften um. Für die Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) war sie neben dem Studium als interkulturelle Beraterin tätig. „Da habe ich gemerkt, das ist mein Ding.“

Im Aletta-Haniel-Programm verbindet sie seit 2009 Wissenschaft, Pädagogik und konzeptionelle Arbeit. Längst deutsche Staatsbürgerin, habe sie heute eine Distanz zur eigenen Biografie, sagt Schewa van Uden. „Aber es hilft mir, manche Probleme der Jugendlichen besser zu verstehen.“ Die hätten oft ohnehin mit Herkunft und Nationalität wenig tun, ist ihre Erfahrung: „Wichtig ist es, immer auch die Familiensituation in den Blick zu nehmen.“


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