Duisburg. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Ex-Dauer-Hotspot Duisburg liegt 430 Fälle unter dem NRW-Schnitt. Ist das realistisch? Das sind mögliche Erklärungen.

Die Omikron-Wand stürzt in Duisburg so schnell ein, wie sie sich zuvor aufgetürmt hat – schenkt man der Sieben-Tage-Inzidenz Glauben. Deren Tagesstände veröffentlichen das Robert Koch-Institut (RKI) und das Landeszentrum Gesundheit (LZG NRW) weiterhin täglich auf der Grundlage der Amtsstatistiken: Der „eingefrorene“ Meldewert ist zwischen dem 4. und 22. Februar von 1674,4 auf 728,4 gefallen. Damit liegt Duisburgs Inzidenz mehr als 430 Fälle unter dem NRW-Schnitt. Ist das realistisch?

728,4 neue Fällen je 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen – das war jüngst der drittniedrigste Inzidenzwert unter den 31 Kreisen und 22 kreisfreien Städten im Bundesland. Nur aus Mönchengladbach (645,1) und Oberhausen (725,8) sind anteilig noch weniger Neuinfektionen überliefert. Ähnlich „wenige“ Ansteckungen meldet die Stadt Mülheim (678,2), aber deren Verwaltung erklärte am Mittwoch, es gebe wegen vieler personeller Ausfälle einen Meldestau von 1300 Fällen.

Niedrige Sieben-Tage-Inzidenz in Duisburg: Laut Stadt keine Melderückstände

In Duisburg dagegen sei die Erfassung seit etwa zwei Wochen wieder auf dem tagesaktuellen Stand, sagt Stadtsprecher Peter Hilbrands. Wie aber erklärt das Gesundheitsamt die vergleichsweise wenigen laborbestätigten Nachweise? „Hier können wir nur mutmaßen“, antwortet Hilbrands. „Der Verlauf des Infektionsgeschehens war immer großen Schwankungen unterlegen. Es gab leider auch Zeiten, in denen Duisburg sehr weit oben gestanden hat.“

Experten gehen bundesweit von einer hohen Zahl von Fällen aus, die in den RKI-Daten nicht erfasst sind. Ein Grund: Es gibt im Omikron-Tsunami eine größere Zahl von Menschen, die ihre Infektion nicht mehr über einen PCR-Test bestätigen lassen. Diese Infektionen fließen nicht in die Inzidenzberechnungen von RKI und LZG ein. Auch in NRW etwa ist ein PCR-Nachweis nach der Änderung der Corona-Test- und Quarantäneverordnung Anfang Februar für die Isolation Betroffener seit drei Wochen nicht mehr erforderlich.

Herdenimmunität in Duisburg?

Gibt es also Hinweise darauf, dass in Duisburg besonders viele Infizierte auf Labortests für sich beziehungsweise ihre Kinder verzichten? „Die uns vorliegenden Daten lassen in dieser Hinsicht keine valide Aussage zu“, sagt Stadtsprecher Hilbrands. „Weder haben wir die Quote der PCR nach positiven Schnelltests und erst recht keine Vergleichswerte zu anderen Kommunen.“ Auch Aussagen zur Dunkelziffer gänzlich unentdeckter Ansteckungen seien nicht möglich.

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Ehe Omikron die Delta-Variante verdrängt hatte, lieferten die innerstädtisch aufgeschlüsselten Duisburger Fallzahlen Anfang Januar Indizien für eine Art Herdenschutz in Stadtteilen, in denen das Virus monatelang besonders stark grassiert hatte. Könnte es also sein, dass der Anteil Immunisierter an der Gesamtbevölkerung trotz vergleichsweise geringerer Impfquote in Duisburg inzwischen höher als anderswo ist? Auch dies könne aus den vorliegenden Daten ebenfalls „nicht eindeutig abgeleitet werden“, so Hilbrands.

In anderen Ex-Dauer-Hotspots in NRW mit überdurchschnittlich vielen ärmeren Menschen gibt es zurzeit Inzidenzen unterhalb des NRW-Schnitts, etwa in Oberhausen (725,8), Gelsenkirchen (967,9) und Herne (983,8). Dagegen sind die Werte in Hagen (1316,5) und Solingen (1947,3) wieder deutlich höher.

Eindeutige Erklärungen für die mutmaßlich unterschiedlichen Entwicklungen gibt es also nicht. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich in Duisburg zurzeit tatsächlich viel weniger Menschen anstecken als vor zwei Wochen und als anderswo.

>> WIEDER MEHR INFIZIERTE IN KRANKENHÄUSERN

■ Eine andere Kennzahl spricht zumindest dafür, dass sich Omikron nicht ganz so schnell verzieht: Die Zahl der Infizierten, die in Duisburger Krankenhäusern – größtenteils auf Normalstationen – behandelt werden müssen, sinkt noch nicht.

■ Diese ist stattdessen in den letzten sechs Tagen nach Angaben der Stadt von 122 auf 140 gestiegen. Unter den in der Statistik Erfassten können auch Patienten sein, die positiv getestet wurden, aber aus anderen Gründen im Krankenhaus sind.

■ Auf den Intensivstationen der Stadt werden indes weiterhin weniger Covid-19-Kranke als in der Delta-Welle am Jahresende 2021 behandelt. Am Mittwoch waren es laut DIVI-Register 15.