Duisburg. Die ersten Folgen der Langzeitdoku „MSV – Mein Herz schlägt numa hier“ sind ab 17. Februar auf RTL+ abrufbar. Diese Einblicke erwarten die Fans.
Der AFC Sunderland in England, Borussia Dortmund und der FC Bayern München in der deutschen Bundesliga und jetzt der MSV Duisburg: Langzeit-Dokumentationen über Fußballclubs stehen hoch im Kurs, sind bei den Fans wegen der exklusiven Einblicke beliebt, die Einschaltquoten dementsprechend hoch. Nun versucht der Streamingdienst RTL+ mit dem Traditionsverein aus Meiderich einen Coup zu landen.
Und das ausgerechnet während der größten Krise der Vereinsgeschichte. Ein Kamerateam begleitet seit Mai 2021 Spieler, Verantwortliche und Fans für „MSV – Mein Herz schlägt numa hier“ beim Leiden, Hoffen und Bangen. Die ersten vier Folgen daraus sind ab dem 17. Februar abrufbar. Weitere vier Episoden sollen noch in diesem Jahr folgen.
Doku über den MSV Duisburg: Das ist in den ersten vier Folgen zu sehen
Das ist zu sehen: Die ersten vier Folgen behandeln den Zeitraum von Mai bis November 2021. Los geht es mit einem Knall: Die letzte Drittliga-Partie der Saison 2020/2021 ist gerade abgepfiffen. Der MSV hat mit Hängen und Würgen den Klassenerhalt geschafft. Im Heimspiel gegen den FC Ingolstadt setzt es noch einmal eine deftige Klatsche. Kapitän Moritz Stoppelkamp schleudert in der Kabine sein Trikot auf den Boden. „Meine Fresse! Kotzt mich diese Scheiße hier an“, flucht er.
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Es wird schnell klar: Hier befindet sich ein Verein im Krisenmodus. Und die Fans wissen mittlerweile: Es wird noch schlimmer. Die Kameras sind im Sommer dabei, wenn Ex-Trainer Pavel Dotchev, Ex-Manager Ivica Grlic und der Chefscout zusammensitzen. Sie planen den Kader für die jetzt laufende Spielzeit. „Wir wollen Spieler, die sich proaktiv für den MSV entscheiden“, verdeutlicht Grlic. An der Tafel hängt der Plan für den sogenannten „Schattenkader“.
Die Zuschauer können dann die Saisonvorbereitung Schritt für Schritt miterleben. Die Doku begleitet die Spieler ins Trainingslager, ist dort beim Mannschaftsabend dabei. Die Kameras laufen auch hinter den Kulissen, als das Coronavirus im Mannschaftskreis ausbricht, plötzlich alles still steht.
Pikant: Wenig später filmt das RTL-Team eine Ansprache von Sportdirektor Grlic auf dem Trainingsplatz. „Offiziell wollen wir oben mitspielen. Wenn wir es uns durch Leistung verdient haben, nehme ich das Wort Aufstieg in den Mund. Vorher sagt niemand etwas“, bläut der jüngst zurückgetretene Sportdirektor den Spielern ein.
So erfuhr Pavel Dotchev von seiner Entlassung
Nach und nach stellt sich aber heraus: Die Mannschaft kann die hohen Ansprüchen nicht im Ansatz erfüllen. Immer wieder sitzen die Spieler nach Niederlagen kopfschüttelnd in der Kabine. Innenverteidiger Oliver Steurer fordert im Gespräch mit einem Mitspieler eindringlich: „Im Training muss mehr Zug rein.“ Druck und Enttäuschung wachsen von Woche zu Woche. Wie gehen die Kicker, Funktionäre und vor allem die Anhänger damit um, dass Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklaffen? Interviews lassen zum Teil sehr tief in die Seelen blicken. „Als Fußballer ist man wie eine Prostituierte“, sagt Defensivspezialist Dominik Schmidt über den Job.
Das Stimmungsbarometer sinkt kontinuierlich. Der Handlungsstrang endet dann vorerst mit einem drastischen Einschnitt: Coach Pavel Dotchev wird beurlaubt. „Ich habe es durch meinen Berater erfahren“, berichtet er noch am selben Tag. Während die Mannschaft zum Training auf den Platz geht, räumt er sein Büro am Trainingszentrum an der Westender Straße leer.
In die sportliche Talfahrt mischen die Macher der Doku Einblicke in das Wirken auf der Geschäftsstelle und die Arbeit von Kult-Zeugwart „Manni“ Piwonski (79). Auch Porträts einzelner Anhänger finden Platz. Aber nicht jede dieser Geschichten ist so bewegend wie die des kleinen Tim. Der tapfere MSV-Fan kämpft gegen den Krebs, seine Augen leuchten, als sein Traum in Erfüllung geht, er das erste Mal ein Spiel im Stadion verfolgen kann. Es wird gleichzeitig sein Letztes sein: Zwei Wochen später stirbt Tim im Alter von elf Jahren.
Krebs, Llambi und Stoppelkamp in den Hauptrollen
Die Protagonisten: Ivica Grlic, Pavel Dotchev, Präsident Ingo Wald sowie die Edelfans „Let’s Dance“-Juror Joachim Llambi (er ist einer der Ideengeber der Dokumentation) und Comedian Markus Krebs sind gemeinsam mit den Spielern die Dreh- und Angelpunkte der jeweils 45 Minuten langen Folgen. Krebs ist dabei für die „Duisburg-Momente“ zuständig. Er soll das verkörpern, wofür die Duisburger stehen: Offenheit, Selbstironie und Leidensfähigkeit.
Joachim Llambi erfüllt in einigen Sequenzen auch die Rolle eines Moderators und Vorstand-Kritikers. Von Grlic und Wald lernen die Zuschauer Seiten kennen, die bislang versteckt geblieben sind.
Hauptdarsteller ist aber ohne Frage Identifikationsfigur Moritz Stoppelkamp. Er darf seine Geschichte erzählen: Die des Duisburger Jungen, der im Herbst seiner Karriere endlich für seinen Heimatclub auflaufen kann, dabei immer noch vorweg geht – und durch den Misserfolg immer mehr ins Grübeln gerät. Spannend sind dabei unter anderem die Momente, in denen er Neuzugang Alaa Bakir mit auf eine Extra-Runde um den Trainingsplatz nimmt, um mit ihm ein Einzelgespräch zu führen.
MSV-Langzeitdoku liefert den Fans seltene Einblicke
Lohnt sich „MSV – Mein Herz schlägt numa hier“ für Fans? Ja! Denn die Stärke der Langzeitdoku sind die seltenen Blicke darauf, was die Anhänger brennend interessiert. Das Kamerateam ist wenige Minuten vor dem Anpfiff in der Kabine dabei. Hat Gespräche von Pavel Dotchev mit seinem Co-Trainer Branimir Bajic über einzelne Spieler genauso aufgenommen wie einen Austausch, um den Kapitän Stoppelkamp nach der ersten Saisonniederlage im Trainerbüro bittet.
Hinzu kommen schöne Luftaufnahmen von Duisburg. Die Fan-Seele wird außerdem mit Randgeschichten, etwa über den 90 Jahre alten Anhänger Udo Knappenberg, gestreichelt. Die Spieler und Verantwortlichen geben sich in den Statements ungewohnt offen, an kritischen Äußerungen wird nicht gespart.
Einziger Kritikpunkt: Obwohl Rückblicke auf Aufstiege und bittere Niederlagen gezeigt werden, gelingt es nicht ganz, die besondere Identität des MSV Duisburg zu vermitteln. Dem Verein, dem die Fans trotz aller unerfüllten Hoffnungen gerade in den dunkelsten Stunden nicht von der Seite gewichen sind.
>>Team verfolgt MSV noch bis Mai
- Ab 17. Februar sind die ersten vier Folgen der Langzeitdokumentation unter www.tv-now.de für Abonnenten abrufbar. Eine Ausstrahlung im Fernsehen ist vorerst nicht geplant.
- Bis zum Mai soll ein Team der RTL Studios den Verein noch begleiten.