Duisburg..
Die Umbauten der letzten Jahre waren belastend für alle, aber sie haben sich gelohnt. Das St. Anna Krankenhaus kann jetzt wohl von sich behaupten, das logisch schlüssigste Haus Duisburgs zu sein.
Die Wege erschließen sich auch dem Laien auf Anhieb: Alle Ambulanzen und die Tagesklinik sind im Erdgeschoss und kreisförmig miteinander verbunden. Die Stationen und OP-Bereiche sind weitgehend darüber angeordnet. Und über allem in der vierten Etage ist die Klausur der Cellitinnen. Vier Schwestern des Ordens, der das Haus 1914 gründete, prägen heute noch durch ihre seelsorgerischen Tätigkeiten die Atmosphäre. In der geschmackvoll gestalteten Kapelle heiratete kürzlich im hohen Alter von 90 Jahren sogar noch mal der ehemalige Chefarzt und Gründer der Abteilung für Anästhesie, Dr. Norbert Möllerfeld.
Platz für schönes Altes
Das erzählt sein Nachfolger Dr. Rainer Sadra, der im ehemaligen Bischofszimmer residiert. Der Chefarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Palliativmedizin und Schmerztherapie begleitet die Entwicklung des Hauses seit 27 Jahren. Und er ist stolz, dass neben Hochleistungsmedizin und modernstem Ambiente auch Platz für schönes Altes geblieben ist - etwa bunte Bleiverglasungen, die man durch einen Glas-Aufzug betrachten kann.
Stolz ist das St. Anna auf die drei neuen HNO-Operationssäle. Fast 5000 Eingriffe jährlich werden hier gemacht, vom wenige Minuten dauernden Einsetzen eines Paukenröhrchens bis zur Rekonstruktion kompletter Zungen. Nebenan ist das Darmzentrum. Die Besonderheit hier: Eine parallele Untersuchung per Doppelballon- und Kapsel-Endoskopie, die auch den verschlungenen Dünndarm sichtbar macht.
Einmal abbiegen und schon ist man in der Radiologie. Neben den üblichen radiologischen Verfahren gibt es hier statt der geschlossenen Röhre einen offenen Hochfeld-Magnetresonanztomographen (MRT), an den viele umliegende Häuser verweisen, erklärt Chefarzt Dr. Amin Laali. Menschen mit Platzangst, Kinder, aber auch adipöse Patienten (bis 300 Kilo) können hier untersucht werden. Im abgedunkelten Raum wirkt zudem Lichttherapie beruhigend. Die Ergebnisse werden im Anschluss in einem kinosaalähnlichen Raum vor mannsgroßen Bildern fachübergreifend beraten. Mit modernster Software wird insbesondere bei Krebspatienten der ganze Körper dargestellt, um die weitere Behandlung festzulegen.
Dass die Radiologie zusätzlich einen separaten Eingang hat, ist der Angst vieler Menschen vor Krankenhäusern geschuldet. Muss man ins Krankenhaus, fühlt mancher sich gleich viel kranker, auch wenn es nur um eine Untersuchung geht. Mit Schaukelpferd und modernem Praxis-Design wird dem begegnet.
Kinderbetreuung im Stil einer Großtagespflege
Fünf weitere Operationssäle erstrecken sich über die vordere Front des Hauses. Auf einem Groß-Bildschirm hängt der Stundenplan - also die Belegungsliste der Säle. Von den Decken hängen die „Ampeln“, die zielgenau die zu operierende Stelle beleuchten. Am anderen Ende mündet der Trakt in den Kreißsaal, der hier seinen eigenen OP für Kaiserschnitte hat sowie die sogenannte „Väter-Schleuse“, in der sich die Papas umziehen können, um bei der Geburt dabei zu sein.
An Nachwuchs wurde auch bei einem anderen Angebot gedacht: Ab dem nächsten Schuljahr können Mitarbeiter eine Kinderbetreuung im Stil einer Großtagespflege nutzen, die von 6 bis 20 Uhr offen ist und so Früh- und Spätschicht abdeckt. „Es ist immer schwieriger, qualifizierte Kräfte zu bekommen - sowohl in der Pflege als auch in der Ärzteschaft, da ist so ein Angebot ein Standortvorteil“, begründet die Sprecherin des Hauses, Annette Debusmann, die Investition.
Eigenes Kraftwerk zur Energieversorgung
Dass es den Maltesern finanziell gut geht, merkt man. „Wir haben viele Eigenmittel investiert, stecken sie immer wieder in die Struktur, in die Patientenversorgung“, erzählt Sadra. Bis 2013 sind das insgesamt 11,5 Mio. Euro für alle Umbau- und Erweiterungsbauten.
Nahezu entkernt ist momentan eine Station im vierten Stock. Ein Wald aus Stahlträgern stützt die Decken. Aus den Fensterlöchern heraus zeigt sich, dass das Anna den Charme einer Kurklinik hat. Ganz in ein grünes Bett getaucht mit Golfplatz und Rembergsee in Sichtweite. Ein eigenes Kraftwerk zur Energieversorgung steht auf dem Gelände, ebenso ein Hospiz. Vorne raus aber die Schwerindustrie mit ihren Schloten - und die Neubaugebiete, die dem Anna weiteren Zulauf bringen.
Einzelzimmer unabhängig vom Kassenstatus
Etwa ins Gesundheitszentrum Saluvital, das für alle offen steht. Im Trainingsraum lassen sich die hochmodernen Geräte per Chip steuern, damit sie sich automatisch auf jeden Sportler einstellen. In den Kursräumen findet Rückbildungsgymnastik oder Rückenstärkendes statt, im muckelig warmen Bewegungsbad lassen sich vom Baby bis zum Greis alle vom Wasser tragen.
Getragen werden Menschen in besonderen Lebenssituationen auch auf der Palliativ-Station, der einzigen ihrer Art in Duisburg. Unabhängig vom Kassenstatus hat hier jeder ein Einzelzimmer. Und da die Lebensqualität im Vordergrund steht, wird auch nicht mehr an schlechten Angewohnheiten herumgedoktert: Hier ist das einzige Raucherzimmer des Hauses. Die Atmosphäre ist wohnlich, der Ausblick ins Grüne schön. Im Schnitt bleiben die Patienten neun Tage, werden ganzheitlich behandelt, der Gesprächsbedarf auch mit den Angehörigen ist hoch - über den Tod hinaus, weiß Sadra, dessen Ziel es ist, dass keiner beim Abschied nehmen traumatisiert wird, dass jeder seine Zeit bekommt. So wie es der Name vorgibt: Anna hatte viel Leid zu tragen, blieb aber ausgeglichen und schöpfte Kraft aus dem Zwiegespräch.