Duisburg-Meiderich.. Das Herzzentrum in Duisburg-Meiderich hat fünf Operationssäle und operiert jährlich rund 3000 Menschen. Die WAZ war bei einer Operation am offenen Herzen dabei und sprach mit OP-Schwester Bärbel Wundrich über ihre Arbeit.
Fünf Operationssäle hat das Meidericher Herzzentrum, KWK genannt. Unsere Redaktion hatte die Gelegenheit, einer Operation am offenen Herzen beizuwohnen.
Wir trafen im KWK Bärbel Wundrich. Sie arbeitet dort, wo Tag für Tag über Menschenleben entschieden wird, als OP-Schwester. Täglich steht die 56-Jährige im Operationssaal, um den hoch qualifizierten Herzspezialisten zu assistieren.
Krankenhaus als Familienersatz
Das „Du“ gehört zu den Umgangsformen im OP. Wenn Menschen so viel Zeit miteinander verbringen (manchmal sechs bis zehn Stunden am Stück), sagt die Schwester, dann schweiße das zusammen. „Das Krankenhaus ist für manche Kollegen ein Familienersatz“, ergänzt sie. Zwischen acht Stunden Schichten, 24 Stunden Bereitschaftsdienst und Rufdienst bleibt oft wenig Zeit für das Privatleben.
Die Arbeit beginnt für sie kurz nach 7 Uhr. Die Räume müssen für die Operationen hergerichtet werden. Schläuche, Kanülen, Operationsbesteck und Kompressen werden abgezählt bereit liegen, wenn die Ärzte mit dem Eingriff beginnen. Es ist wichtig, dass die genaue Anzahl dokumentiert wird, damit nichts im Körper des Patienten zurückbleibt.
3000 Menschen kommen im KWK jährlich unters Messer
Der Patient, ein 72-jähriger Mann, kommt bereits intubiert und anästhesiert in den OP-Saal. Von dem Geschehen um ihn herum bekommt der Mann nichts mehr mit. Persönlichen Kontakt zu den Patienten hat Schwester Bärbel nicht. Und bei rund 3000 Menschen, die jährlich im Herzzentrum unter das Messer kommen, erinnert man sich nur selten an einen bestimmten Patienten.
„Es gibt aber auch dramatische Einzelfälle, an die man sich gut erinnert“, weiß Schwester Bärbel. Häufig sind es Kinder, deren Schicksal der 56-Jährigen nahe gehen.
Der 72-Jährige, der auf dem OP-Tisch liegt, gehört nicht dazu. Der Mann bekommt drei Bypässe gelegt und eine Aorten-Klappe eingesetzt. Der Eingriff gehört zur täglichen Arbeit des Krankenhaus-Teams. Das merkt man auch an der entspannten Atmosphäre im Raum. Es bleibt Zeit für private Gespräche, aber auch für Organisatorisches. Bärbel Wundrich trägt als Stellvertreterin der leitenden OP-Schwester an diesem Morgen das Leitungshandy bei sich. Ständig schellt das Mobiltelefon. Es kommen Anfragen für Operationstermine rein. Nichts Spektakuläres. Aber das kann sich auch schnell ändern, wenn es sich um einen Notfall handelt. Diese Patienten werden meist schon reanimiert, während man sie in das Herzzentrum bringt. „Dann ist hier richtig Action“, erzählt die OP-Schwester. Trotz der lockeren Stimmung während der Operation entsteht nicht eine Sekunde der Eindruck, dass die Ärzte und Schwestern ihre Aufgabe auf die leichte Schulter nehmen. Sie arbeiten routiniert, aber nicht nachlässig. Bärbel Wundrich übernimmt bei diesem Eingriff den unsterilen Part.
Wer steril arbeitet, darf nicht auf die Toilette
Sie kümmert sich darum, das blutige Verbandsmaterial zu entsorgen, die Operation zu dokumentieren und Instrumente zu holen, die die Ärzte benötigen. Ihre Kollegin Gordana Pavlovic hat den sterilen Dienst übernommen. Sie steht direkt am OP-Tisch, assistiert dem Arzt und reicht ihm die Instrumente.
Wer steril arbeitet, der muss sich auch steril verhalten. Das heißt: sich nicht am Kopf zu kratzen, den Mundschutz nicht abzunehmen und nicht auf die Toilette zu gehen, selbst wenn man muss. Wie man sich richtig im OP verhält, ist der 56-Jährigen natürlich in Fleisch und Blut übergegangen. „Es ist so, als ob ein Schalter im Kopf umgelegt wird“, erklärt sie.
Ein Assistenzarzt öffnet den Brustkorb des Patienten, legt das Herz frei und bereitet den Mann vor, um ihn an die Herz-Lungen-Maschine anzuschließen. Die andere Assistenzärztin ist währenddessen damit beschäftigt, Venen aus den Beinen des Patienten zu entnehmen, die später für die Bypässe verwendet werden. Die Aorten-Klappe ist künstlich und erinnert entfernt an einen Schlauch, wie man ihn bei Geschirrspülautomaten oder Waschmaschinen findet. Die eigentliche Operation beginnt aber erst, wenn der Patient an der Herz-Lungen-Maschine hängt.
Gerät übernimmt Arbeit von Herz und Lunge
Wie der Name schon sagt, übernimmt das Gerät die Arbeit von Herz und Lunge. Auf dem Elektrokardiogramm (EKG) sieht man, wie das Herz seine Funktion einstellt. Die Linie wird immer flacher. „100 Prozent“, gibt der Arzt an der Herz-Lungen Maschine durch. Es folgt eine einstündige Operation, in der das Herz nicht schlägt. Der Oberarzt übernimmt nun die Regie, legt die Bypässe und setzt die Herzklappe ein. Nach rund vier Stunden ist die OP vorüber.
Das Herz des Patienten schlägt wieder – und besser, als je zuvor. Diese vier Stunden haben sein Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit verlängert. Schwester Bärbel und ihren Kollegen sei Dank.