Wedau..

An diesem Pfingstwochenende schwärmen wieder Scharen von Sonnenhungrigen zur Sechs-Seen-Platte aus. Schließlich liegt hier das schönste Duisburger Naherholungsgebiet. In diesem Jahr wird die Seen-Platte 100 Jahre alt. 1912 begann man mit der Auskiesung des heutigen Masurensees und legte damit den Grundstein für das Natur- und Freizeitparadies. Ein Stück Duisburg fernab vom grauen Schimanski-Klischee.

Eigentlich wollte Heinz Kuhlen nur nach exotischen Bäumen an den Ufern forschen, nach den Bergmammutbäumen aus der Sier­ra Nevada und nach der Amerikanischen Sumpfeiche. Ganz nebenbei stieß der Baumexperte auf eine historische Jahreszahl in den Unterlagen der Rheingruben Kies- und Sandbaggerei Wedau, die 1912 als Geburtsjahr der Seen-Platte angibt.

Denn die Sechs-Seen-Platte existiert eigentlich nur, weil damals der große Verschiebebahnhof der Preußischen Staatssbahn und die Siedlung Wedau gebaut wurden. Dafür brauchte man viel Kies. Und dieses Baumaterial wollte man direkt vor Ort aus bis zu 15 Metern Tiefe fördern. Das war ökonomisch und auch ökologisch sinnvoll - Letzteres spielte vor 100 Jahren aber eine Nebenrolle.

Am Masurensee, der anfangs noch Wambachsee I hieß, fing alles an - und zwar in Höhe des Surferstrandes. Wo sich an schönen Sommertagen die Wassersportler vergnügen, breiteten sich früher Wälder aus. „Und zwar überwiegend Nadelhölzer, dazu einige Eichen, Buchen und Heideflächen“, erzählt Kuhlen. Die Wälder waren, wie so Vieles im Duisburger Süden, im Besitz des Grafen von Spee.

Mit wachsender Industrialisierung benötigte Duisburg einen großen Umschlagplatz für die Verteilung der Rohstoffe, vor allem Kohle und Erze. Man fing an, die Wälder zu roden und auf dem Terrain des heutigen Masurensees Kies zu fördern. Der Graf als Grundeigentümer wurde an den Einnahmen beteiligt.

Mit den Auskiesungen begann zunächst ein Bagger auf Schienen, bis nachdrängendes Grundwasser den Einsatz des Schwimmbaggers namens „Wilhelm“ ermöglichte. Wilhelm, benannt nach dem Hauptgesellschafter der ausführenden Firma Fix und Söhne, war bis in die 1970er Jahre im Einsatz.

Ursprünglich war der Kies für die neue Wedauer Siedlung, die ab 1913 von Eisenbahnern bezogen wurde, bestimmt. Später wurde der Kies aus Wedau in ganz Deutschland verkauft.

Als erstes entstanden Wambach- und Masurensee. Ihre Auskiesung war 1930 beendet. Der jüngste See im Sextett, der Haubachsee, kam erst 2001 dazu. Ursprünglich war der Haubachsee gar nicht vorgesehen - man wollte es bei einer Fünf-Seen-Platte belassen.

„Anfang der 50er Jahre gab es sogar Überlegungen, die ausgebaggerten Flächen mit Trümmer- und Industrieschutt aufzufüllen“, hat Kuhlen recherchiert. Zum Glück ist es dazu nicht gekommen. Der damalige Oberbürgermeister August Seeling erklärte die Seen-Platte zur Chefsache und verhinderte die Verfüllung.

1962 verkaufte Graf Spee das 283 Hektar große Gelände für neun Milo Mark an die Stadt. Der Auskiesung von Wolfssee und Böllertsee stand nichts mehr im Wege. 1972 wurde das Freibad am Wolfssee, 1976 die Fußgängerbrücke zum Masurensee gebaut. Die Seen werden in erster Linie von Grundwasser, zusätzlich von Dickelsbach, Wambach und Haubach gespeist.

Am Wolfsberg, wo heute der 21 Meter hohe Aussichtsturm Ausblicke bis nach Walsum erlaubt, befand sich ein großes Militärgelände samt Schießanlage und Munitionsdepot der Luftwaffe. „Als Kinder haben wir die Bleigeschosse, die dort überall herum lagen, gesammelt und verkauft“, erinnert sich Heinz Kuhlen.

Der fünfte See im Bunde, der Wildförstersee, entstand zwischen 1990 und 1994, See Nummer Sechs, der Haubachsee, erst nach langem Gang durch die Instanzen. Naturschützer und Wedauer Bürger klagten, weil sie weitere Rodungen und Lärmbelästigungen während der Auskiesung befürchteten. Man einigte sich schließlich auf Ersatzaufforstungen und erstellte ei­nen Landschaftspflegerischen Begleitplan.

So wurde 2001 auch der Haubachsee fertig. Er steht unter Landschaftschutz und hat sich in den letzten Jahren zu einem Naturparadies entwickelt.