Duisburg..

Martin Keuck engagiert sich im Netzwerk „Basta“ für die Abschaffung der männlichen Intimuntersuchung bei der Musterung durch Amtsärzte – und Amtsärztinnen. Frauen, die sich für den Wehrdienst melden, können sich ihren Arzt bereits aussuchen.

Nur mit einem Slip und einem Paar Turnschuhen bekleidet, sitzen mehrere junge Frauen in einem Wartezimmer. Ständig laufen fremde Männer mit Akten unter dem Arm an ihnen vorbei. Manche werfen im Vorbeigehen einen kurzen Blick auf die fast nackten jungen Frauen, die alle 17 oder 18 Jahre alt sind. Und in wenigen Minuten werden sich die jungen Frauen komplett entblößen und ihren Intimbereich von einem männlichen Arzt im Beisein der anderen Männer untersuchen lassen müssen. . .

Mit dieser Szenerie beginnt der schwedische Autor Lars G. Petersson sein Buch „Musterung – staatlich legitimierte Perversion“. Auf zwei Seiten beschreibt er, wie sich eine junge Frau fühlt und was sie bei der Musterung erdulden muss. Doch es ist nur eine Fiktion, denn in der Realität sind es junge Männer, deren Wehrdiensttauglichkeit so festgestellt wird – und das auch von weiblichen Ärzten im Beisein weiblicher Mitarbeiter.

Nicht so schlimm?

„Ach ja, dann ist es ja nicht so schlimm“ werden nach dem Lesen der ersten Zeilen jetzt viele denken. Klar, sagen die Männer, mussten wir doch alle über uns ergehen lassen. Nur dass man bei jungen Frauen Genitaluntersuchungen ohne Sichtschutz mit Sicherheit nicht durchführen würde. „Bei jungen Frauen, die sich zum Wehrdienst melden, ist das auch ganz anders“, weiß der Duisburger Martin Keuck, der vor einem Jahr auf „Basta“ gestoßen ist. „Basta“, ein loses Netzwerk von Gleichgesinnten, will aufklären und erreichen, dass dieser Teil der Musterung abgeschafft wird.

„Einen Teilerfolg hat Basta auch schon zu verzeichnen“, erklärt Martin Keuck. Denn seit einiger Zeit können seinen Recherchen nach junge Männer die Zwangsuntersuchung des Intimbereichs verweigern – ohne dass sie Strafen erwarten. Das war früher anders: Wer sich nicht untersuchen ließ, dem wurde mindestens ein Bußgeld angedroht.

„Ich verstehe nicht, warum heute überhaupt noch so krampfhaft an dieser Untersuchung festgehalten wird“, fragt sich Keuck. „Frauen, die sich für den Wehrdienst melden, können sich einen Gynäkologen ihrer Wahl aussuchen, der ihre Gesundheit attestiert. Das ist eine zentrale Dienstvorschrift.“

Frauen waren selten

Aus seiner persönlichen Erfahrung als Truppenarztschreiber während seines Wehrdienstes weiß Martin Keuck, dass sich in den vergangenen Jahren etwas geändert hat: „Die Wehrpflichtigen hatten damals mindestens eine Unterhose an, meist aber kamen sie im Trainingsanzug zur Untersuchung. Und während der Untersuchung durfte niemand den Raum betreten. Frauen waren selten. Heute gibt es bei den Untersuchungen zudem oft freie Sicht für alle.“ So beschreiben es Betroffene in dem Buch.

Begründet wird dies nach seinen Recherchen sogar mit dem Grundgesetz: als „zulässige Einschränkung der persönlichen Freiheit nach § 2 Absatz 1“. Keuck: „Aber in § 1 heißt es: Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Folge des Gleichstellungsgesetzes

Dass immer mehr weibliches Personal bei der Musterung junger Männer eingesetzt werde, ist laut Keuck Folge des Gleichstellungsgesetzes. „Bei der Untersuchung von Frauen darf sich übrigens keine männliches Personal im Assistenzbereich aufhalten. Die jungen Männer werden zudem nur selten darüber informiert, dass sie einen Anspruch auf die Untersuchung durch einen gleichgeschlechtlichen Arzt haben“, so Keuck. Das leite sich aus dem § 81 der Strafprozessordnung ab, der Strafgefangenen dieses Recht gibt.

„Zum 1. September soll eine neue Dienstvorschrift in Kraft treten: Man darf sich für die Intimuntersuchung einen Urologen nach Wahl aussuchen“, macht Keuck jungen Wehrpflichtigen Hoffnung.


Das Buch „Musterung“ von Lars G. Petersson ist in England bei Chipmunkapublishing erschienen. Den Text für die Verweigerung der Intimuntersuchung verschickt „Basta“ auf Anforderung:

musterung@googlemail.com.
Weitere Informationen zum Thema im Internet:

www.musterung.
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