Duisburg. EIn Dauerstreit:: Menschen und Hunde. Oft gehen sie sich aus dem Weg, laufen Zwei- und Vierbeiner störungsfrei etwa im Wald aneinander vorbei. Doch immer wieder beißen Hunde auch zu. 64 Fälle nennt das Ordnungsamt für 2011.
Durchs Grün tollt ein Hund. Er schnuppert hier und dort, wie der Kaiserberg so riecht, durchwühlt einen Blätterberg, genießt den Ausflug. Bis Herrchen ihn ruft. „Er interessiert sich nicht für Menschen, also auch nicht für Jogger“, sagt Besitzer Ingo Ruhland. Sein Vierbeiner taucht also auch nicht in der Beißstatistik des Ordnungsamtes auf, wonach allein im vergangenen Jahr 64 Menschen durch Hundebisse verletzt wurden. Das sind 18 Menschen mehr, als im Jahr zuvor. Besonders gefährdete Gebiete gibt es laut Ordnungsamt nicht.
Gebissener griff zum Stock
„Es geht um ein gutes Miteinander, um Rücksichtnahme. Man muss aufeinander achten und seinen Hund frühzeitig zur Seite nehmen“, sagt Ruhland und spricht damit aus, was alle Befragten – Jogger, Nordic-Walker wie Hundehalter – denken. Dennoch herrscht seit Jahren eher ein klares Nebeneinander: Am Kaiserberg spielen die Hunde, an der Regattabahn ziehen die Jogger ihre Bahnen. „Hier am Kaiserberg ist eher ein Hundegebiet, das wissen die Jogger“, schätzt Ruhland ein. Schließlich dürfen die Hunde ganz offiziell im Waldgebiet am Kaiserberg ohne Leine unterwegs sein. „Ich würde ja auch nicht mit meinem Hund an einer bekannten Joggingstrecke wie der Regattabahn unterwegs sein“, sagt Ruhland.
Der Jogger, der jüngst am Kaiserberg gebissen wurde, sieht das anders und pocht auf sein Recht, ungefährdet auch am Kaiserberg laufen zu dürfen. Erst recht als er beim nächsten Hundetreffen der besonders Art von dem gleichen Hund wieder angesprungen wurde, sich beherzt mit einem Stockschlag wehren musste. Der Hund, er trägt jetzt einen Maulkorb.
Auch Jogger Thomas Becker, der nahe dem Wald wohnt, meidet den Kaiserberg mittlerweile.„Das ist für Jogger ein schwieriges Pflaster“, sagt Becker, der seit über 30 Jahren joggt. In seinem Freundeskreis gebe es einige, die „ganz allgemein“ nicht mehr im Wald laufen, wegen freilaufender Hunde. Dabei sei die Strecke ideal vor der Haustür gelegen. Dennoch läuft Becker stattdessen seine dreistündige Tour im Waldgebiet rund um die Uni. Weil es dort mehr Platz gibt, „verlaufe“ sich das Hunde-Problem.
Pfefferspray zur Verteidigung gegen andere Hunde
„Am Kaiserberg kann man allerhöchstens spazieren gehen“, sagt der passionierte Jogger und ist damit keineswegs zufrieden. „Dort sind eben zu viele Hunde. Sobald man anhalten muss, ist das Training doch im Eimer.“ Gebissen wurde er noch nie. Schmerzen, Arztbesuch, Tetanusspritze und Versicherungsprotokolle blieben ihm erspart. Nicht überraschend fügt Becker also noch an: „Es gibt eine Menge Hundebesitzer, die haben ihre Tiere im Griff. Aber es gibt auch das Gegenteil.“
Spaziert man in Ruhe am Kaiserberg umher, trifft man vor allem auf idyllische Szenerien. Hunde tollen herum oder sitzen brav neben ihrem Herrchen, während dieser mit anderen Hundehaltern plauscht. Auch Hans-Peter Hinteregger freut sich über das Freilaufgebiet für seine zwei Hunde: „Ich hatte hier bisher keine Probleme. Weder mit Joggern, noch mit Radfahrern. Allerdings würde ich mir von Radfahrern wünschen, dass sie sich frühzeitig bemerkbar machen, damit ich meine Hunde zu mir rufen kann“.
Vorsichtig ist Hinteregger eher gegenüber anderen Hundebesitzern: „Ehrlich gesagt habe ich zur Sicherheit meiner Hunde immer ein Pfefferspray dabei, um sie notfalls gegen andere Hunde verteidigen zu können. Aber ich habe es noch nie eingesetzt.“ Damit ist der Hundehalter eine Ausnahme, niemand sonst trägt solch ein Spray mit sich.
Auch Hundetrainerin Daniela Bender rät davon ab, sie setzt auf Erziehung. Mit gezieltem Einzeltraining könne einem Hund schnell ein anderes Verhalten antrainiert werden: „Es gibt zwar kein Anti-Jogger-Training, aber ein Training zu Bewegungsreizen. Damit der Hund am Ende den Jogger einfach ignoriert. Doch das Problem ist eben der Mensch. Und leider ist auch die Dunkelziffer der Konflikte viel höher, als der in der Statistik“, sagt die 35-Jährige. Kommt es zum Konflikt, wo ein Hund knurrt, die Zähne fletscht, das Fell sträubt oder die Ohren anlegt, rät Bender: Lauftempo verlangsamen, stehenbleiben, nicht zurückweichen, Hände an den Körper legen, sich vom Tier abwenden, keinen Blickkontakt, nicht laut rufen und auf den Besitzer zu warten.
Polizei dokumentiert Hundebisse
Beißt der Hund dennoch zu, gibt es zusätzlich zu Schmerz und Schreck vor allem Papierkram, um Schäden ersetzt zu bekommen: Die Polizei wird gerufen, um den Fall zu dokumentieren. Das Ganze muss der Versicherung gemeldet werden, wie bei einem Autounfall. Zudem muss ein Arzt den Biss bescheinigen. Danach klärt das Ordnungsamt, den Fall auf. Es nimmt die Schilderungen der Betroffenen auf und befragt Zeugen.
Für den Hund gibt es sofortigen Leinenzwang, bis er durch einen „tierärztlichen Sachverständigen“ beurteilt wurde. Teils gibt es Maulkorbzwang; in den schwersten Fällen wird der Hund ins Tierheim gebracht. Nach dem Hundetest folgen verschiedene Auflagen: Meist muss der Hund in die Hundeschule. Seltener wird eine Maulkorbpflicht verhängt. Es kann auch die Auflage geben, dass nur Erwachsene mit dem Hund Gassigehen dürfen. Die Vorgaben reichen bis zur Tötung des Tieres. Dies sei „in den letzten Jahren“ nur einmal vorgekommen, sagt Stadtsprecher Peter Hilbrands mit Blick auf die Datenlage.
Auf jeden Fall werden die Kosten für ein Ordnungswidrigkeitenverfahren fällig. Die Strafe liegt bei 100 bis 400 Euro. In schweren Fällen (bei grober Fahrlässigkeit, Mehrfachtäter) geht der Betrag auch darüber hinaus.