Duisburg. Der Landschaftspark Duisburg-Nord ist der Spielplatz für besondere Hobbys. Etwa für Taucher. Die können in den bekannten Gasometer eintauchen, oder aber auch in die alten Möllerbunker. Der einstmals dreckigste Arbeitsplatz des Hüttenwerks ist komplett überflutet. Eine kleine Unterwasser-Expedition.

Rund eine Million Besucher tauchen jedes Jahr in den Landschaftspark Nord ein. Sie erkunden die alten Industrieanlagen von innen und außen, klettern gar auf einen Hochofen, um die fantastische Aussicht zu genießen. Wir nehmen den Begriff „eintauchen“ wörtlich. Zwängen uns in dicke Neoprenanzüge, schnallen uns Pressluftflaschen auf den Rücken, klettern über Geländer – und verschwinden wenig später in der Finsternis.

Zusammen mit dem Experten Rudolf Kelbassa vom Verein Taucher im Nordpark wollen wir den alten, seit Jahren abgesoffenen Möllerbunker erkunden. Den einstmals wohl dreckigsten und dunkelsten Arbeitsplatz des Hüttenwerks. Tageslicht bekam man dort allenfalls gelegentlich zu sehen – in der Regel mittags, wenn ein Sonnenstrahl kurz an der Erzrutsche entlang in das tiefe Loch fiel.

Hinabgleiten in die Dunkelheit

Doch das ist lange vorbei. Vorsichtig gleiten wir in die Dunkelheit. Das Wasser ist lausig kalt. Hat gerade mal zwölf Grad, wie unser Thermometer anzeigt. An der Oberfläche schwimmt Staub. Gut, dass ich nicht alles so genau erkennen kann, ist mein erster Gedanke.

Kaum ist der Kopf unter Wasser, erscheint im Lichtkegel der Taschenlampe ein Gittergehsteg. Am Geländer hangeln wir uns entlang. Staunen, wie klar das buchstäblich kühle Nass ist. Vorsicht ist geboten.

Es ist eng, sehr eng. Stromkabel tauchen vor uns auf, sie baumeln einfach so ins Wasser. Dann plötzlich ist das Geländer zu Ende. Bis jetzt waren wir gerade mal zwei Meter unter der Oberfläche. Nun kommt eine „Klippe“: Es geht vier Meter tiefer auf den Grund des Bunkers, dorthin, wo einstmals metallhaltige Erze und Zuschlagsstoffe wie Kalk und Koks lagerten. Der Schlick am Boden, der beim geringsten Flossenschlag aufwirbeln würde und uns dann die Sicht und damit jegliche Orientierung nähme, könnte der Rest der letzten Schicht der Metaller sein.

Immer auf der Hut

Hier unten, in der ewigen Finsternis, sieht es so aus, als wären die Arbeiter nur eben zur Pause gegangen. Als wollten sie gleich wiederkommen. Alles ist noch so wie vor fast 30 Jahren, als das Werk dichtgemacht wurde. Eine Schüppe liegt umgekippt am Boden, daneben dümpelt ein Paar schlammbedeckter Gummistiefel. Stromschalter warten scheinbar nur darauf, umgelegt zu werden, damit die Arbeit wieder beginnen kann. Hinweisschilder geben Auskunft, was passiert, wenn man diesen oder jenen Hebel umlegt. Theoretisch. Tatsächlich ist natürlich jeglicher Strom abgeknipst.

Nur das, was im Strahl unserer Lampe auftaucht, ist auch zu erkennen. Schnell stößt man mit dem Arm, der Pressluftflasche – oder schlimmstenfalls mit dem Kopf – irgendwo an oder bleibt gar stecken. Pfeiler, Metallstreben, schiefe Ebenen, Kabel – wir fühlen uns wie in einem Schiffswrack.

Nach rund 20 Minuten ist der Spaß zu Ende. Nicht, weil nicht noch mehr zu entdecken gewesen wäre. Sondern, weil uns langsam kühl wird. Und weil wir uns wieder nach unserer Welt sehnen. Der über Wasser. Quasi zum Abschied schwimmt plötzlich noch ein einsamer, etwa fingerlanger Fisch an uns vorbei. Ein Stichling, wie es scheint. Einsam und verlassen. Wie Nemo.

Ein wunderbarer Tauchgang, oder besser gesagt: Eines der letzten Abenteuer vor der Haustür.

Für 15 Euro darf man in Begleitung in die Möllerbunker

Tauchen im Möllerbunker ist mit Experten des Tauchvereins Nordpark möglich. Im Bild: Rudolf Kelbassa.
Tauchen im Möllerbunker ist mit Experten des Tauchvereins Nordpark möglich. Im Bild: Rudolf Kelbassa. © Gregor Herberhold | Gregor Herberhold

Der Verein Taucher im Nordpark wurde 1993 von elf Froschmännern gegründet. Einer von ihnen ist Rudolf Kelbassa. Ziel war es, in dem stillgelegten Hüttenwerk ein Tauchcentrum zu errichten.

1996 begannen die Arbeiten

Die Idee verbreitete sich rasant schnell: Schon bald zählte der Club 35 Mitglieder. Sie zogen los, um alle gefluteten Flächen zu erkunden. Sie tauchten durch Kabelschächte und entdeckten auch die Erz- und Kohlebunker. Doch das reichte den Pionieren nicht. Sie wollten mehr. Entwickelten das von manchen als irrwitzig bezeichnete Projekt, den Gasometer zum Tauchbecken umzubauen. Bereits 1996 begannen die Arbeiten. Zwei Jahre lang werkelten die Taucher in ihrer Freizeit. Kelbassa erinnert sich noch, als wäre es gestern gewesen: „Ich stand tagelang auf einem Baugerüst und habe mit einem Hochdruckreiniger die Wände gesäubert.“

Ursprünglich diente der Gasometer den inzwischen knapp 100 Vereinstauchern als Übungsplatz. Seit 2005 wird er kommerziell genutzt – nun darf dort jedermann tauchen.

Die Möllerbunker indes, und auch das einstige Klärbecken ein paar Meter weiter, darf man nur in Begleitung des Vereins erkunden. 15 Euro zahlt man pro Person. Weitere Infos gibt es auf der Homepage: taucher-im-nordpark-duisburg.de