Duisburg.
Sollte die Kürzungspolitik des Bundes weiter anhalten, befürchtet das Diakoniewerk den Bankrott der Duisburger Arbeitsmarktpolitik. Geschäftsführer Sieghard Schilling: „Schon jetzt wird der Anspruch vieler Arbeitsloser auf Teilhabe und Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nicht mehr berücksichtigt!“ In der Konsequenz bedeute dies am Ende die Rückkehr in die alte Sozialhilfe und die reine Verwaltung von Arbeitslosigkeit durch Arbeitsagentur beziehungsweise Jobcenter.
„Wir haben alle Beifall geklatscht, als durch das neue Sozialgesetzbuch II genau das abgeschafft und der soziale Aspekt, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, verstärkt wurde“, sagte Schilling der WAZ. Im Hinblick auf die am Montag geplante außerordentliche Sitzung des Jobcenter-Beirats befürchte er, dass man den Erfolg bzw. Misserfolg der bisherigen Maßnahmen allein an den Vermittlungsquoten von Langzeitarbeitslosen durch die Gemeinwohlarbeit (1-Euro-Jobs) festmachen werde. „Doch die Gemeinwohlarbeit sollte immer nur das letzte Mittel sein.“
Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren
Was nun wohl geschehen werde, sei „hart an der Grenze, was in Duisburg hinnehmbar ist“. Zwar sei die allgemeine Hilflosigkeit durch die weiteren Mittelkürzung nachvollziehbar, aber: „Warum gibt es keine Gegenwehr?“ Wenn man Duisburg lebenswerter machen möchte, müsse Arbeit geschaffen werden. Das könne beispielsweise durch den „Passiv-Aktiv-Transfer“ geschehen, einem von der Diakonie entwickelten Konzept. Ziel: Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Im Prinzip das alte Modell „Arbeit statt Sozialhilfe“: Man bündelt alle finanziellen Unterstützungsleistungen, die Langzeitarbeitslose erhalten, und schafft damit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, sprich: öffentliche geförderte Arbeitsplätze. „Beide Seiten profitieren davon“, glaubt nicht nur Sieghard Schilling. Mittlerweile hat sich bereits eine „Initiative pro Arbeit (durch) öffentlich geförderte Beschäftigung“ gebildet.
Die derzeitige Situation dürfte sich durch die weitere Öffnung des Arbeitsmarktes und die damit verbundenen Leistungen ab dem 1. Januar 2014 verschärfen. Durch die zu erwartende Wanderungsbewegung erhalten mehr Menschen Ansprüche auf Förderung, die aber nicht erfüllt werden könne. „Das bedeutet, dass der Bund eigentlich mehr Geld in das System geben muss. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Kommunen geraten dermaßen unter Druck, dass es immer schwieriger wird, den sozialen Frieden wieder herzustellen.“
Politische Reaktion von OB erwartet
Eine Politik des Aussortierens durch die Agentur und das Jobcenter widerspreche dem Grundgedanken der gleichberechtigten Teilhabe. Deshalb fordert die Geschäftsführung des Diakoniewerkes Duisburg die Verantwortlichen auf, „massiven Druck auf die Bundespolitik und die Landespolitik auszuüben“. Die Situation in Duisburg wie in anderen Ruhrgebietsstädten dürfe nicht mehr schön geredet werden. Man erwarte eine gemeinsame politische Reaktion auf die „besorgniserregende Entwicklung in der Förderung von arbeitslosen Menschen in Duisburg“. Und das sieht Schilling als Chefsache des Oberbürgermeisters: „Wir brauchen eine konzertierte Aktion.“
Durch die Mittelkürzung befürchtet Schilling in der Folge auch ein Trägersterben. Die Gefährdung gehe von teilweise desaströsen Ausschreibungsbedingungen aus. „Wir zahlen keine Gehälter unter Tarif. Wenn ich dazu gezwungen werde, werden wir die Angebote in diesem Bereich nicht mehr weiterführen“, kündigte der Diakoniewerk-Geschäftsführer an. Die Ausschreibungen stellen hohe Ansprüche und erfordern Investitionen ohne Refinanzierung. „Wie sollen wir die Integrationsrate erhöhen, wenn die Bedingungen immer schlechter werden?“ Die Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit erfahre die Diakonie täglich durch die Arbeit in anderen Fachbereichen.