Duisburg.. Der Duisburger Zoo beherbergt 4786 Tiere aus der ganzen Welt. Daneben, dazwischen und mittendrin: elf Stubentiger, die es sich zwischen Büffeln, Affen und Antilopen komfortabel eingerichtet haben. Sie werden als Rattenjäger mehr als nur geduldet. Nur vermehren sollen sie sich nicht.

4687 Tiere aus 347 Arten leben zurzeit im Duisburger Zoo. Das hat die jüngste Inventur ergeben. Hauptverantwortlich für den stolzen Zuwachs um fast 1000 Tiere binnen eines Jahres ist das neue Korallenriff im Aquarium, das sich als besonders gebärfreudiges Becken erwiesen hat.

Dabei ist bei der Zählung eine Art noch gar nicht erfasst, die ganz selbstverständlich ebenfalls den Zoo bewohnt – wenn auch inoffiziell und außerhalb von Glas und Gittern: Hauskatzen.

Eingeschlichen oder ausgesetzt?

Wie die neun Stubentiger in den Duisburger Zoo fanden, weiß keiner so genau. Ob sie sich eingeschlichen haben oder am Eingang Zooparkplatz ausgesetzt wurden wie all die unglücklichen Hunde, die halb verhungerten Schildkröten, wie der Kanarienvögel im schönen Käfig oder die 20 Kaninchen im Karton?

Jedenfalls sind sie jetzt da und Zootiere. Der schwarze Kater Suri mit dem Knickschwanz wohnt im Affenhaus, gemütlich, wenn auch in stetem Streit mit den Gibbons. Fünf lagern unterm warmen Dach des Bongo-Hauses, eine schläft unter der Brücke mit Blick auf die Kudus, eine im Afrikanum, muckelig im Stroh für Nashorn und Zebras. Die meisten verstecken sich tagsüber dort, wo nur wenige Zoogäste spazieren. Man sieht sie manchmal wie selbstverständlich durch das Wildhundgehege streunen oder den Storchen um die Storchenbeine streichen.

Chinesischer Katzenbär...

Und die, die sie „die Rote“ nennen, fühlt sich schon länger bei den kupferroten kleinen Pandas pudelwohl. Es soll schon vorgekommen sein, dass Besucher begeistert Erinnerungsfotos von einem der berühmten chinesischen „Katzenbären“ in der Astgabel zu machen glaubten – und am Ende nur eine strunznormale Hauskatze porträtiert hatten.

Hartmut Bolz, der 60-jährige Niederrheiner, weiß das alles. Schließlich ist das sein Revier. Er arbeitet seit 44 Jahren am Ort und hat, natürlich, ein Herz für jede Kreatur, aber er kennt auch die Vorschriften: Kein Zoofutter für die Katzen! Er erzählt, dass sich das Erscheinen der Katzen „nach den Dienstzeiten der Pfleger“ richtet (um 7.30 Uhr treten Mensch und Katze an, der Mensch zum Dienst, die Katz’ zum Frühstück, zum Feierabend gibt’s Abendessen).

Er füttert und kontrolliert die Felidae in seinem Sprengel, zu dem auch der große Tiger gehört, aber Sentimentalitäten sind nicht drin. „Nicht streicheln, nicht auf den Arm nehmen!“ ist hier ehernes Gesetz.

Außerdem ist es ratsam, weil bis auf wenige Katzen die meisten ausgesprochen scheu sind. Und zwar nicht nur die, die sie hier „unsere Katzen“ nennen, anders als die namenlose Handvoll bekrallter „Tagesgäste“, die ab und zu versucht, den Nandus, Wildhunden oder Pandas etwas abzuluchsen. Nur zum Tiger traut sich auch der wildeste Stubentiger nicht rein.

Beim Tiger traut sich keine rein

Bolz und seine männlichen Kollegen sprechen übrigens auch bei „unseren Katzen“ nur von „Der Roten“, dem „Einauge“, den man 2012 vor der völligen Blindheit operiert hat, von dem „Schwarzen“ oder der „Getigerten“, während seine Kolleginnen Frau Sinn und Frau Königshausen genau wissen, dass da „Socke“, „Mama“, „Vater“ oder der „Schleimer“ mal wieder einen Bärenhunger haben. Sie kriegen kein Zoofutter, nur Restefisch aus dem Delfinarium oder das, was übrig ist. Der Zoo muss schließlich sparen.

Sie vertreiben die Ratten

Die Zookatzen erfüllen allerdings hier, wo eigentlich immer und überall etwas Essbares herumliegt, eine nicht ganz unwichtige Aufgabe: „Unsere Katzen vergraulen die Ratten“, sagt Hartmut Bolz prosaisch und zeigt auf das verräterisch angenagte Fenster im Bongo-Haus. Womöglich müsste der amtliche Schädlingsbekämpfer häufiger kommen als nur einmal im Monat, wenn es die Miezen nicht gäbe.

Was aber nichts am Duisburger Pragmatismus ändert: Exoten haben hier Hausrecht, Hunde und andere Haustiere keinen Zutritt; Katzen, die entdeckt werden, dürfen zwar bleiben, werden aber mit der Fuchsfalle eingefangen und umgehend von den jungen Tierärztinnen kastriert.

Zu groß wäre die Gefahr von Ansteckungen und unkontrollierbarer Vermehrung.

Vor Jahren hat „Mama“ hier Junge geboren, und die Zoomenschen hatten danach Mühe und Not, für die Zookätzchen Katzeneltern zu finden. Und irgendwie sind 4696 Zootiere aus 348 Arten auch genug.