Getrennte Zwillinge


Dina Nayeri: Ein Teelöffel Land und Meer, Mare, 22 Euro.

Sabah und Mahtab sind Zwillinge aus einer wohlhabenden Familie im Iran. Als sie elf Jahre alt sind, verschwinden Mutter und Mahtab in die USA. Sabah spinnt Geschichten um das Leben der Beiden, um den Verlust ansatzweise verarbeiten zu können. Sie selbst muss sich mit strengen islamistischen, frauenverachtenden Regeln auseinandersetzen., wird jung mit einem sehr viel älteren Mann verheiratet und erlangt erst als Witwe mehr Freiheit. Sehr fundiert, bestürzend und beeindruckend.

Gewissenskonflikt


Otto de Kat: Eine Tochter in Berlin, Schöffling, 19,95 Euro.

1941: Der niederländische Diplomat Verschuur erfährt in Bern von seiner in Berlin lebenden Tochter Emma vom „Unternehmen Barbarossa“, Hitlers Angriff auf Russland, womit sie ihren Vater in einen schweren Gewissenskonflikt stürzt. Er könnte Tausende retten – doch er würde das Leben seiner Tochter gefährden, wenn er sein Wissen weitergäbe. Denn Emmas Mann arbeitet im Auswärtigen Amt, die Nazis misstrauen ihm und beschatten ihn. De Kat verzichtet auf grausame Details, es sind die kleinen atmosphärischen Beschreibungen, die das Buch so bewegend machen. Ein Meisterwerk!

Märchenhaft


Andréa del Fuego: Geschwister des Wassers, Hanser, 17,90 Euro.

Als eines Nachts der Blitz in ein Haus in der brasilianischen Serra Morena einschlägt, werden die Geschwister Nico, Antonio und Julia zu Waisen. Julia wird bald adoptiert und so von ihren Geschwistern getrennt. Die autobiografisch gefärbte Familiengeschichte ist unglaublich dicht erzählt, verbindet Realität mit märchenhaften Elementen, wenn etwa ein Mann in einer Kaffeekanne verschwindet. Auch sterben Menschen nicht, sondern wechseln ihren Aggregatzustand. Ein faszinierender Roman von poetischer Schönheit aus dem Buchmesse-Land Brasilien.

Ruhe muss sein


Michael Böhm: Herrn Petermanns unbedingter Wunsch nach Ruhe, Bookspot, 14,80 Euro.

Dr. Leo Petermann ist vermögender Pensionär, ehemals erfolgreicher Geschäftsmann und weiß, was er will: ein ruhiges Leben in seinem Traumhaus am See. Doch die Idylle erweist sich als fragil. Als der Enkel eines Nachbarn dessen Haus erbt, ist es aus mit der Ruhe. Doch der gefühlskalte Analytiker weiß sich zu helfen und sorgt auf seine Weise für Ruhe.

Eisiges Lappland


Claire Beyer: Refugium, Frankfurter Verlags-Anstalt, 19,90 Euro.

Robert Feldwehr arbeitet als Testfahrer in Lappland. Nach einem tödlichen Verkehrsunfall, an dem er vermutlich beteiligt war, verschwindet er spurlos. Seine Frau Claudia wird von der schwedischen Polizei nach Schweden gebeten, wo sie bei der Suche behilflich sein soll. In der eisigen schwedischen Abgeschiedenheit findet sie zwar nicht ihren Mann Robert, dafür aber zu sich selbst. Feinfühlig und intensiv erzählt, ein literarischer Seelenwärmer.