Duisburg. Die Proteste von NRW-Landesregierung und IG Metall bleiben ohne Wirkung: Das Duisburger Schienenwerk wird verschrottet. Das stellte der österreichische Stahlkonzern Voestalpine klar: „Ende des Jahres wird die Produktion stillgelegt.“ Die IG Metall ist enttäuscht, auch von der Bahn.
Die Hoffnungen auf einen Erhalt des letzten deutschen Schienenwerks schwinden. „Niemand sollte sich Illusionen machen. Die Schließung des Werks ist nicht mehr abzuwenden. Das steht fest“, sagte Hans Pfeiler, der zuständige Manager des österreichischen Stahlkonzerns Voestalpine, im Gespräch mit dieser Zeitung. In den vergangenen Tagen hatten sich NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) und der nordrhein-westfälische Chef der IG Metall, Knut Giesler, für das Schienenwerk in Duisburg eingesetzt. „Es gibt keine Zukunft für das Werk“, konterte Voestalpine-Manager Pfeiler. „Ende des Jahres wird die Produktion stillgelegt.“
Das Duisburger Schienenwerk, das unter dem Kürzel TSTG firmiert, wurde im Jahr 1894 von August Thyssen gebaut und gehörte lange Zeit zum heutigen Thyssen-Krupp-Konzern. 2001 übernahm Voestalpine den Betrieb, der rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.
Voestalpine verteidigt die Werksschließung
Die IG Metall warnt. nach der Schließung könnten die Schienenpreise deutlich steigen werden, da der Wettbewerb leide. „Die Kosten tragen am Ende die deutschen Steuerzahler und die Bahnkunden“, sagte Gewerkschaftschef Giesler. In den nächsten Jahren müssten Hunderte Millionen Euro ins deutsche Schienennetz investiert werden. „Diese Gelder fließen komplett ins Ausland, wenn es in Deutschland keine Produktion mehr gibt.“
Der österreichische Konzern verteidigte die Werksschließung. „Es gibt kein Unternehmen in Europa, das derzeit mit der Herstellung von Schienen Geld verdient“, betonte Voestalpine-Manager Pfeiler. „Die Kapazitäten für die Herstellung von Schienen in Europa liegen bei drei Millionen Tonnen pro Jahr. Davon werden allerdings nur 1,5 Millionen Tonnen in Europa gebraucht, auch wenn rund 2,2 Millionen Tonnen produziert, und teilweise noch exportiert werden“, sagte Pfeiler. „Wir haben es mit Überkapazitäten in gewaltigem Umfang zu tun. Der Wettbewerb ist scharf.“
IG Metall erhebt schwere Vorwürfe
Die Situation des Duisburger Werks habe sich seit dem Einstieg von Voestalpine im Jahr 2001 massiv verändert. „Den Stahl, den wir in Duisburg verarbeiten, liefert Arcelor-Mittal. Mittlerweile zählt Arcelor-Mittal aber mit Werken in Polen, Spanien, Luxemburg und USA zu unseren größten Konkurrenten im Geschäft mit Schienen“, erklärte Pfeiler.
Die IG Metall warf Voestalpine vor, der Konzern setze „auf Zerstören statt Verkaufen“. Es gehe dem österreichischen Unternehmen um eine Marktbereinigung. Pfeiler räumte ein, dass Voestalpine keine Verkaufspläne verfolgt. „Unsere Strategie ist klar“, sagte er. „Das Werk wird nicht verkauft, allerdings ist auch kein einziger potenzieller Investor wirklich vorstellig geworden.“ Das Werksgelände hat Voestalpine von Thyssen-Krupp gemietet. „Der Mietvertrag läuft Mitte 2016 aus“, sagte Pfeiler. „Die Anlagen auf dem Gelände gehören TSTG. Sie werden demontiert und teilweise verschrottet.“
Bahn enttäuscht Hoffnung der IG Metall
Zum 1. Januar sollen die TSTG-Beschäftigten in eine Transfergesellschaft wechseln, in der sie maximal ein Jahr lang auf eine Beschäftigung in anderen Unternehmen vorbereitet werden und 85 Prozent ihres aktuellen Nettolohns erhalten. Die Arbeit der Transfergesellschaft übernimmt das Dortmunder Unternehmen PEAG, die Firma hat bereits für Konzerne wie BenQ, Nokia und Karstadt gearbeitet. Die Mehrzahl der TSTG-Mitarbeiter habe zwar schon Aufhebungs- und Altersteilzeitverträge unterschrieben, sagte Voestalpine-Manager Pfeiler. „Durch die trügerische Hoffnung, das Werk könnte doch noch eine Zukunft haben, zögern einige Beschäftigte, wenn sich ihnen die Chance auf einen neuen Job bietet. Das ist bedauerlich.“
Hoffnungen hatte die IG Metall auch in die Deutsche Bahn gesetzt, die einer der größten Kunden der Schienenhersteller in Europa ist. Auf eine ausführliche Anfrage dieser Zeitung antwortete die Bahn denkbar knapp. Beim Einkauf von Schienen nutze das Unternehmen „die gesamten vorhandenen Marktkapazitäten“. Damit sei die Versorgung mit Schienen für den laufenden Betrieb gewährleistet. „Kooperationen mit Herstellern sind daher aus unternehmerischen Gründen nicht sinnvoll.“ Auch Voestalpine-Manager Pfeiler betont: „Auch wenn es eine bittere Erkenntnis für uns ist: Die Deutsche Bahn kann auch ohne TSTG gut leben, da gibt es überhaupt keine Zweifel.“