Duisburg-Beeck.. Heute wird über den Lehrer Kurt Kahlisch berichtet, der an der Förderschule Duisburg-Beeck unterrichtet. Er arbeitet mit seinen Schülern daran, dass die teils schwerbehinderten Jugendlichen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt bekommen.
Kurt Kahlisch bleibt cool, auch wenn alles um ihn herumwirbelt. Er ist hier ein Fels in der Brandung, ruhig und ernst. Der erfahrene Lehrer (55) und seine vier Kollegen haben die 210 geistig behinderten Jungen und Mädchen, die gerade pünktlich um 8.15 Uhr an der Haltestelle an der Förderschule am Rönsbergshof in Beeck aus ihren Bussen steigen, fest im Blick, wie jeden Morgen. Sie brauchen jetzt wieder ihre Hilfe.
Talip zum Beispiel, leidet nicht nur unter seiner Behinderung, auch unter Adipositas. Der Junge schafft die 100 Meter bis zum Schulgebäude kaum allein. Weil Talip wegen seiner Behinderung schlecht sieht, stützt Kahlisch seinen schweren Körper. Er leiht ihm seinen Arm, führt ihn zum Gebäude der BerufsPraxisStufe (BPS), in kleinen Schritten. Die anderen 35 Schüler kriegen das alleine hin. Beim Frühstück in der Küche begrüßt eine Schülerin Kahlisch: „Wir freuen uns schon auf Dich!“ Der überprüft, wer fehlt, wie in der Regelschule. Zwei Schüler sind krank, entschuldigt. Die anderen sind fröhlich, motiviert, gespannt. Was bringt der Schultag?
Alle Schüler sind voll bei der Sache
Dann geht es in die fünf Gruppen und Klassen der BPS. Judith Leitheiser, zuständig für das Gewächshaus, Grün und Umwelt, fegt draußen mit ihrer Gruppe die letzten Herbstblätter weg, pflegt die große Schulanlage. Zeitgleich mistet Willi Winandy mit seinen Schülern die Ställe aus, füttert die Tiere - Esel, Ziegen, Hasen, Kaninchen. Derweil bastelt Karin Bauer im Werkraum mit ihren Kids wieder an der Oster-Kollektion, schönes Kunsthandwerk, das an treue Kunden verkauft wird. Da wird gesägt, gefeilt, gemalt, lackiert. Die Gruppe Hauswirtschaft ist unterwegs, kauft Lebensmittel zum Kochen ein. Alle Schüler sind voll bei der Sache.
Auch Kahlisch, der in Dortmund Sonderpädagogik studierte und seit 30 Jahren am Rönsbergshof arbeitet, wickelt nebenan im Lehrraum sein bewährtes Programm ab. Routiniert und umsichtig, geduldig und einfühlsam bereitet er seine Lerngruppe aufs Berufsleben vor, die zentrale Säule der BerufsPraxisStufe. Heute stellen die Jugendlichen eine Dokumentenmappe zusammen. Da kommen Praktikumsberichte, Zeugnisse, Lebenslauf und Behindertenausweis hinein.
Berufsvorbereitende Maßnahmen
Turgay, Renee, Janina, Nadine und Talip, alle 19, sitzen um einen Tisch. In der Mitte: Ausdrucke mit ihren Personalien - Name, Geburtsort und - datum, Adresse etc. Die Schüler müssen ihre Daten richtig erkennen, zuordnen, auf einen Bogen kleben. Nach zehn Minuten haben Nadine und Turgay das „Puzzle“ geschafft, geben ihren Lebenslauf in den PC ein. Kahlisch schaut ihnen nur über die Schulter. Talip, Renee und Janina tun sich schon schwerer. Denn sie können kaum lesen, brauchen länger. Kahlisch greift ein, gibt Tipps: „Was erkennst Du da? Wo wohnst Du?“ Die Erinnerungsarbeit ist zäh, mühsam. Für alle, auch für Kahlisch.
Zumal jeder Schüler eine andere geistige Behinderung hat. „Unsere Gruppe ist heterogener als sonst. Es gibt mehr Persönlichkeiten, mehr Individuen“. Da sind Geduld und Flexibilität gefragt. Auch, wenn der Förderlehrer Gutachten und Förderpläne erstellt, mit Schülern Betriebe besichtigt, Praktika in Werkstätten für behinderte Menschen organisiert, Berufsberater einlädt, über Zeit und Geld informiert. Und, und, und. Trotz Stress, Streit und Ärger ist Kahlisch zufrieden: „Ich mache meine Arbeit gern. Wenn viele Schüler später selbstständig, selbstbestimmt leben, arbeiten, wohnen oder einkaufen sehe ich die Erfolge.“