Duisburg/Mülheim. Sarah Benneh-Oberschewen aus Mülheim hat einen afrikanischen Migrationshintergrund und ärgert sich über zunehmenden Rassismus im Alltag. Plädoyer für mehr Menschlichkeit.
Sarah Benneh-Oberschewen ist im Ruhrgebiet geboren und aufgewachsen, machte in Oberhausen ihr Abi, studierte an der Uni Duisburg-Essen und arbeitet dort heute als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Mit ihrem Mann und den beiden Kindern wohnt sie in Mülheim. Ach ja, da ist noch was: Sie ist „Afdrodeutsche“, hat also afrikanischen Migrationshintergrund. „Ein Begriff, der mir eigentlich fremd, aktuell aber leider wichtig ist“, sagt die 31-Jährige.
Im Zuge der Flüchtlingswelle möchte sie über ihre Erlebnisse mit Fremdenfeindlichkeit sprechen. Denn die begegne ihr im Moment verstärkt im Alltag. „Ich stand mit meinem sechsjährigen Sohn an der Kasse einer Apotheke, als mich zwei ältere Frauen hinter mir als Ausländerin beschimpften, die Schuld daran sei, dass sie so lange warten müssten. Die Ausländer würden sich nun überall einschleichen“, berichtet Sarah Benneh-Oberschewen. „Ich war völlig überrumpelt und rief den Frauen hinterher, dass wir das gerne ausdiskutieren könnten, doch da liefen sie schon wieder hinaus.“ Wut kochte hoch. Wie sollte sie das ihrem Sohn erklären? „Ich sagte ihm, dass er in seinem Leben bestimmt auch mal Menschen treffen wird, die dumm und gemein sind.“
„Viele haben Angst vor dem Fremden"
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Es war nicht das erste Mal, dass die 31-Jährige in eine solche Situation geriet: Wenige Wochen zuvor wartete sie an der Kasse eines Schuhladens. „Als ich mein Portemonnaie aus der Tasche zog, sagte die Frau hinter mir, ich müsse ja sicher nicht bezahlen, in Deutschland wäre im Moment doch alles umsonst.“ Beim Anmeldetermin in der Kita für die zweijährige Tochter habe man ihr „nach zwei Minuten ‘Kennenlernen’ nahelegt, an einem Treffen für nicht arbeitende Mütter teilzunehmen, das über Rechte und Möglichkeiten aufklärt“. Sarah Benneh-Oberschewen fragt sich: „Warum schließt jemand von meiner äußeren Erscheinung darauf, ich sei hilfsbedürftig?“
Solche Erfahrungen habe sie in dieser Form zuvor noch nicht gemacht. Vor allem an der Uni Duisburg-Essen, wo sie viel mit Jüngeren zusammen arbeitet, sei ihr Fremdenfeindlichkeit noch nie begegnet. Abgesehen von Pegida-Demos und rechten Hasskommentaren im Netz habe sie jedoch das Gefühl, dass es sich im Moment sehr zuspitzt, zunehmender „Alltagsrassismus“ auch bei bisher scheinbar liberalen Menschen zu beobachten sei. Erschreckend findet sie diese Entwicklung. Nicht, weil sie mit Flüchtlingen verwechselt wird. „Sondern, weil ich nun im Kleinen selbst erfahre, was Flüchtlinge täglich im Großen erleben müssen.“
Nicht nur Schwarz oder Weiß, Ausländer oder Deutsche
„Viele haben Angst vor dem Fremden.“ Dabei müsse nicht alles Fremde eine Verschlechterung bedeuten. „Es kann auch Chance sein – ohne Zuwanderung gebe es das Ruhrgebiet in seiner heutigen Form nicht.“ Daher verspüre sie den Drang aufzuklären. Aber auch große Wut. „Es gibt nur Schwarz oder Weiß, Ausländer oder Deutsche, alles wird über einen Kamm geschert.“ Jenen fehle es nicht nur an der Fähigkeit zu differenzieren, sondern am Wichtigsten überhaupt: Menschlichkeit. „Die ist vielen abhanden gekommen.“ Schließlich komme der Großteil der Flüchtlinge nicht, um sich hier eine goldene Nase zu verdienen. „Sondern weil sie in ihrer Heimat verfolgt, verschleppt, gefoltert und ermordet werden.“ Dennoch sei sie glücklich, in einer Stadt zu leben, die sich klar in der Flüchtlingsdebatte positioniert. Und: „Hoffnung geben mir vor allem die vielen Ehrenamtlichen, die überall mit anpacken, wo Hilfe gebraucht wird.“