Duisburg.. Zu hoch sind die Risiken, die Duisburg bei der Verschmelzung der DVG mit den Verkehrsunternehmen in Essen und Mülheim befürchtet.

Die Scheidung naht: Der „flotte Dreier“ im Nahverkehr von Duisburg, Essen und Mülheim ist ausgebremst, Mülheim und Essen gehen nun zu zweit die Ehe bei Bus & Bahn ein, Duisburg scheidet bekanntlich aus dem 2009 gegründeten Verkehrsverbund „Via“ aus. Das nennt sich dann „Entflechtung“ und soll an diesem Montag vom Rat in Duisburg auf den Weg gebracht werden.

Die Mülheimer MVG und die Essener EVAG haben bereits vereinbart, dass die beiden Verkehrsunternehmen 2017 zu einer Gesellschaft verschmelzen. Eine von Gutachtern empfohlene Fusion, die Duisburg mit seiner DVG nicht mitgehen wollte. Zu hoch sind laut Beschlussvorlage und eines Gegengutachtens die Risiken für Duisburg und seine städtischen Töchter. Stattdessen kommt der Ausstieg zum 31.12.2016. „Zügig, einvernehmlich und kooperativ“ soll die Trennung nun vollzogen werden, kündigt das Rathaus an. Und dies in einer für Duisburg „wirtschaftlich vertretbaren Gesamtlösung“ ohne drohende Ersatz- oder Ausgleichszahlungen.

DVV würde 17 Millionen Euro Steuervorteil einbüßen

Zu der Beschlussvorlage reicht die Stadtverwaltung den Politikern am Montag ein mehrseitiges Erklärstück als Mitteilungsvorlage, das offene Fragen erläutert. So begründet sie ausführlich, warum Duisburg bei der Fusion nicht mitmachen will. Da geht es zunächst um wichtige Millionen aus dem Steuerquerverbund, mit dem der Stadtkonzern DVV bisherige Stadtwerke-Gewinne mit den DVG-Verlusten im Nahverkehr verrechnen konnte. Bis zu 17 Millionen Euro Steuervorteil, die Duisburg geltend machen könnte, wären bei einer Via-Fusion und einem Ausbrechen der DVG aus dem Stadtkonzern gefährdet, argumentiert die Stadt. In Mülheim und Essen sei dieser Steuerverbund weit weniger bedeutsam. „Aus Sicht der Stadt Duisburg ist es nicht vertretbar, ein steuerliches Risiko in dieser Höhe einzugehen“, heißt es in der Vorlage; zumal bei einer Neuorganisation, deren Machbarkeit noch ungewiss sei.

Re-Power-Programm der Stadtwerke wäre hinfällig

Zweiter gewichtiger Grund für das Nein zur Fusion aus Duisburg, das von der Bezirksregierung mit Stirnrunzeln begleitet wurde: Bei einer Fusion und Herausbrechen der DVG wäre aus Stadtsicht das komplette „Re-Power-Programm“ des DVV-Konzerns mit seinem vereinbarten Sozialplan und einem „ganz erheblichen, mehrere hundert Stellen betreffenden Personalabbau“ hinfällig. Damit auch das Sparvolumen von 45 Millionen Euro. Weitere Arbeitsplätze seien bedroht, wenn DVV-Dienstleistungen für die abwandernde DVG, etwa bei Personal und Buchhaltung, entfallen würden. Zudem könne ein Wechsel von Mitarbeitern zur Via nicht erzwungen werden - weitere Kündigungen drohten dadurch. Fazit: Der Sozialplan müsste gestoppt werden: „Damit würde das gesamte Vorhaben Repower in Frage gestellt“, so die Stadt.

Die Verwaltung versichert, dass die Entflechtung „aus heutiger Sicht“ keine negativen Konsequenzen haben werde. Auch würden mit Via geschaffene Kooperationen, etwa bei der Automatenwerkstatt zur Wartung der Ticket-Automaten künftig fortgesetzt und vertraglich geregelt. Auch wird die DVG-Linie 901 weiterhin nach Mülheim fahren. „Eine Kooperation der DVG mit der neuen Via ist immer dann weiterhin vorgesehen, wenn dies rechtlich möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist“, so die Vorlage weiter. Und erreichte operative Synergien auf beiden Seiten blieben erhalten.

Personal: Peter Wandelnus bleibt bei der DVG

Nur für einzelne Mitarbeiter werde es verträgliche Änderungen durch den Via-Ausstieg geben, sagt die Stadt. Prominentester ist Klaus-Peter Wandelenus: Der Technik-Vorstand bei der DVG ist bisher zugleich in Mülheim MVG-Chef und sitzt der Chefetage der Essener Evag. In der fusionierten Via ist kein Platz für Wandelenus. Sein Vertrag läuft bis Frühjahr 2017.

Der DVG-Aufsichtsrat hat schon gehandelt: Sie verlängerte jetzt den Vertrag mit dem 58-jährigen Wandelenus bis zum 31. März 2022. „Mit der Vertragsverlängerung setzt der Aufsichtsrat in der aktuellen Umbruchphase des Unternehmens ein Zeichen für Stabilität“, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Mettler nach der Entscheidung. Besondere Herausforderungen sind beispielsweise der Austausch des Zugsicherungssystems und die Neubeschaffung von Straßenbahnen. Wandelenus ist seit 2008 DVG-Vorstandsmitglied.