Duisburg. Papier an Ketten und müffelnde Rohre: Es gibt schönere Orte als Schultoiletten. Vor dem Welttoilettentag haben wird uns in Duisburg umgesehen.
Es müffelt nach nassem Papier und alten Rohren. Ayman, Emirhan, Irfan und Velican rümpfen die Nase, als sie die Tür zum Schulklo aufreißen. Die Jungs besuchen die Theodor-König-Gesamtschule, die neuerdings auch das Gebäude an der Gartsträucherstraße in Meiderich nutzt. Die Toilettenanlage ist Jahrzehnte alt – und die Aussicht, dass sie bald für mehr als 400 000 Euro saniert wird, ist für die Schüler in diesem Moment nur ein schwacher Trost. Wenn’s drängt, flitzen sie schnell aufs Häuschen und sind ebenso schnell wieder raus.
Fünf Euro für eine Reinigungskraft
„Als wir in das Gebäude gezogen sind, gab’s viele Beschwerden von Eltern“, weiß Rektor Dirk Winkelmann. Nichts desto trotz ist er froh, dass nun über das Programm „Gute Schule“ in die Sanitäranlagen investiert wird. Rund 28 Mio. Euro lässt sich die Stadt, mit Unterstützung von Land, die Sanierung der Örtchen in den nächsten Jahren kosten.
„Man könnte das Programm auch gute Toilette nennen“, spottet Christina Herold, Vorsitzende der Elternschaft Duisburger Schulen. Das Thema ist so akut, dass sich die Eltern neulich in einem Workshop mit den Schultoiletten befasst haben, übrigens angeregt von der Stadt. „Wenn die Stadt die Toiletten saniert, sollen sie auch in einem guten Zustand bleiben“, erklärte Christiane Horstkamp den Anlass des Workshops. So wurde zum Beispiel überlegt, wie eine bessere Aufsicht gewährleistet werden kann. „Eine Idee war, dass man aus dem Topf Geld statt Stellen jemanden abstellen könnte“, beschreibt Christiane Horstkamp. Allgemeine Elternbeiträge, mit denen Putzfrauen finanziert werden, lehnt die Stadtelternschaft allerdings ab.
"Es ist Aufgabe der Stadt, für Ordnung zu sorgen"
Damit liegt sie auf einer Welle mit Dirk Schuchardt, der nach einem Aufruf unserer Zeitung die Situation an der Gesamtschule Süd so schildert: „Weder in der Image-Broschüre noch auf dem ersten Elternabend steht ein Wort darüber, dass man eine „Toilettengebühr“ zahlen muss.“ In einem Schreiben ist von einem „freiwilligen Beitrag“ die Rede. Schuchardt will nicht zahlen. Er besorgte sich sogar die kommentierte Fassung des Schulgesetzes. „Mir geht es nicht um die fünf Euro, sondern ums Prinzip. Es ist Aufgabe der Stadt, für Ordnung zu sorgen. Außerdem ändert sich so das Verhalten mancher Kinder auch nicht.“
Dies ist auch der Tenor anderer Leser, die von den Erfahrungen ihrer Kinder mit Schultoiletten berichten. Richy Jung schreibt auf Facebook: „An unserer Grundschule müssen die Eltern bezahlen, damit eine zusätzliche Kraft die Toiletten reinigt – die sehen dann trotzdem aus wie Sau. Es sollte manchen Kindern vielleicht mal beigebracht werden wie man in einer Gemeinschaft ordentlich die Toilette benutzt.“
Anleitung für „Toilettensuperhelden“ in der Grundschule Bergheimer Straße
In den Klassenräumen der Gemeinschaftsgrundschule Bergheimerstraße hängt deshalb die Anleitung, wie die Kinder zum „Toilettensuperhelden“ werden können: Erstens: In die Toilette machen. Zweitens: Unbedingt abspülen. Drittens: Hände waschen – bitte Seife benutzen. „Die Klopapierrollen liegen bei uns im Klassenzimmer und die Kinder nehmen ein paar Blatt mit, wenn sie zur Toilette gehen“, erklärt Schulleiterin Kirsten Finke. Auch an ihrer Schule haben die Eltern viele Jahre Beschwerdebriefe geschrieben, bevor vor kurzem die ersten Toiletten saniert wurden. „Leider nicht die auf dem Pausenhof, die die Kinder viel öfter benutzen. Aber die sollen bald folgen“, hofft Kirsten Finke.
„An den Grundschulen hat man eher das Problem der Sauberkeit, an den weiterführenden Schulen mit Rauchen in den Waschräumen, Ärgern und Schmierereien“, kennt Christiane Horstkamp die vielfältigen Probleme. An der Theodor-König-Gesamtschule haben sie das Klopapier an einer Kette befestigt. Eine Vorsichtsmaßnahme, damit nicht direkt die ganze Rolle im Pott versenkt wird. Ayman (10) schüttelt den Kopf: „Ich weiß auch nicht, warum einige so einen Unsinn machen.“
>>>> Schüler sammeln beim Spendenlauf für Reinigungskraft
Am Landfermann-Gymnasium wurden 2016 die neu sanierten Toiletten vorgestellt. Katharina Bossauer wurde extra neu eingestellt , um die Toiletten zu pflegen. Die Fachkraft, die bei Octeo angestellt ist und nach Tarif bezahlt wird, postiert sich täglich von 9.15 Uhr bis 14.45 Uhr vor den Toiletten, und achtet darauf, dass alles sauber bleibt.
„Natürlich gab es auch Diskussionen mit den Eltern, warum sie nun für eine Reinigungskraft zahlen sollen. Niemand wird gezwungen“, betont Schulleiter Christof Haering. Die meisten seien aber zufrieden. Nicht nur die Eltern geben einen freiwilligen Beitrag. „Die Schüler veranstalten regelmäßig einen Spendenlauf. Ein Teil der Einnahmen wird dann dafür verwendet, Frau Bossauer zu bezahlen“, erklärt Lehrerin Patricia Schneider.