Duisburg..
Der Leuchtturm Roter Sand steht sechs Seemeilen vor der Nordseeinsel Wagerooge im Meer. Er war das erste "Offshore"-Bauwerk der Welt. Seit nunmehr 125 Jahren trägt den schwarz-weiß-roten Turm ein Duisburger Fundament sicher in der stürmischen See.
Da steht er, wie ein Fels in der Brandung. Und das ist beizeiten durchaus wörtlich zu nehmen. Schwarz-weiß-rot reckt er sich in den Himmel, der Leuchtturm Roter Sand. Über seinem Duisburger Fundament. Seit genau 125 Jahren.
Bekannt dürfte das erste „Offshore“-Bauwerk der Welt vielen Landratten sein. Nur, wo steht er doch gleich? 53°51´18 N / 08°04´54 E. So viel für GPS-Freaks. Man darf auch sagen: sechs Seemeilen (gut elf Kilometer) nordöstlich der Nordseeinsel Wangerooge. Für ungezählte Seeleute war der Turm mit seinen markanten Erkern das erste Anzeichen von Land nach langer Reise, für Auswanderer der letzte Gruß der alten Heimat.
Schön und gut, aber was hat das mit Duisburg zu tun? Eine Menge.
Erfolg im zweiten Versuch
Die Harkort’schen Werke, eine 1863 von Hagen nach Duisburg-Hochfeld umgesiedelte Stahlbaufirma, war es schließlich, die – wenn auch erst im zweiten Versuch – den Grundstock legte. Am 1. November 1885, Schlag 0 Uhr, war es vollbracht, wurde der zweidochtige Petroleumbrenner in 25,2 Metern Höhe entzündet. Was Generaldirektor Otto Offergeld mit Stolz erfüllte: „So ist dieser Turm glücklich vollendet worden, der erste, der so weit hinaus in der See steht. Er hat tief auf dem Meeresgrund feste Wurzeln geschlagen aus Stein und Eisen, und so steht er, sich über die unbegrenzte Wasseroberfläche erhebend, wie ein Felsen auf seinen Füßen.“
Als das Projekt ausgeschrieben wurde, fanden sich mit Harkort und dem eigens gegründeten Unternehmen der Ingenieure Bavier, Kunz & Weiss aus Bremen gerade mal zwei Bewerber. Die Bremer erhielten für 445.000 Goldmark den Zuschlag. Ende 1880 legten sie in Bremerhaven mit den Arbeiten am Caisson los. Ein Caisson ist ein stählerner Kasten, der auf den Meeresboden abgesenkt wird und, mit Beton verfüllt, das Fundament bildet.
Am 22. Mai 1881 wurde der Caisson zum Roten Sand geschleppt. Die Arbeiten liefen auf Hochtouren, bis Herbststürme den Abzug der Arbeiter erzwangen. Nach fast einer Woche, am 14. Oktober, sorgte eine Schiffsmeldung für Aufsehen: Auf dem Roten Sand war außer Wasser nichts mehr zu sehen. Der Caisson war verschwunden. Der „blanke Hans“ hatte ganze Arbeit geleistet. Die Bremer Firma musste Konkurs anmelden.
Die Baukosten für das Fundament haben sich beinahe verdoppelt
Nun kamen die Duisburger doch noch zum Zuge, erhielten Ende August 1882 den Auftrag. Hatte Harkort bei der ersten Ausschreibung 480.000 Goldmark verlangt, rief man nun 853.000 Goldmark auf. Dafür wurde einer stabilerer Caisson hergestellt und am 26. Mai 1883 aus dem Bremerhavener Kaiserhafen geschleppt.
Zwei Tage drauf traf die Flotte von neun Dampf- und Segelschiffen an der neuen, einen Kilometer nach Norden gerückten Gründungsstelle ein. In 22 Metern Tiefe wurde der Caisson abgesetzt und mit Beton verfüllt. Die Herbststürme von 1883 konnten dem Bauwerk nichts mehr anhaben. Auch der Winter meinte es gut mit den Bauherren. Lediglich Herbststürme Ende 1884 verhinderten den Weiterbau. Im folgenden Frühjahr erhielt der Leuchtturm seine endgültige Gestalt.
Die Zeit ist an der Firma Harkort genauso vorbei gerauscht wie am Leuchtturm. Die Duisburger Firma gibt es nicht mehr. Der rote Riese steht zwar noch, hat aber seit Inbetriebnahme des Leuchtturms Alte Weser im Jahr 1964 nur noch die Bedeutung einer Tagessichtmarke.
Leuchtturmfreunde können dort eine Nacht verbringen
Dafür sind seit 1999 an ausgewählten Terminen im Sommer Besuche möglich. Wobei die Zahl der Anfragen das Angebot weit übertrifft, weiß Christiane Feulner von der Deutschen Stifung Denkmalschutz in Bonn, die den Turm „betreut“. So können Leuchtturmfreunde eine Nacht hoch oben verbringen. 5823 waren seit 1999 da, 893 nächtigten in einer der sechs kargen Kojen. Buchungen sind unter www.bremerhaventourism.de möglich.
Erhalten bleiben wird er, der „Turm der Türme“. Dafür sorgen die Denkmalstiftung und, mit viel Engagement, der 1983 gegründete, weltweit 650 Mitglieder zählende Förderverein „Rettet den Leuchtturm Roter Sand“ aus Bremerhaven. Zum 125. Jahrestag der Inbetriebnahme gibt es im Deutschen Schifffahrtsmuseum zu Bremerhaven eine Sonderausstellung, die noch bis zum 30. Januar läuft.
Übrigens: Roter Sand heißt der weltberühmte Leuchtturm, weil er auf einer Sandbank mit rotem Muschelkalk errichtet wurde.