Beim Rückwärts-Ausparken Am Kuhlenwall in der Altstadt hatte eine 72-Jährige Rahmerin im Juni nicht aufgepasst. Sie erwischte ein auf der Gegenseite geparktes Auto an der Türe, stieg aus, betrachtete das Fahrzeug und fuhr davon. Das brachte ihr jetzt eine Anklage wegen Unfallflucht vor dem Amtsgericht ein.
Gegen die Rentnerin war ein Strafbefehl über 800 Euro und zwei Monate Fahrverbot ergangen. Sie legte Widerspruch ein. „Ich habe gemerkt, dass ich das andere Auto berührt habe. Ich bin ausgestiegen, habe aber keinen Schaden gesehen.“
Der Schaden befand sich in Höhe der Zierleiste. Eine Delle, die immerhin mit 1450 Euro zu Buche schlug. „Meine Mandantin hat den Schaden nicht wahr genommen“, so der Verteidiger. Ein unbeteiligter Zeuge gab ihm indirekt Recht. „Ich habe zufällig gesehen, dass sie den gegenüber geparkten Wagen in der engen Straße berührt hat“, berichtete der 75-jährige Schausteller. „Sie ist ausgestiegen, hat nachgesehen und dann ist sie davongefahren.“ Ihm selbst sei die Beule erst bei genauem Nachsehen aufgefallen, so der Zeuge. „Das war eher schlecht zu sehen.“
Die am Verfahren beteiligten Juristen waren sich einig: „Das war nicht die klassische Unfallflucht.“ Das Verfahren gegen die bislang unbescholtene Angeklagte wurde gegen Zahlung einer Geldbuße eingestellt. 600 Euro muss die Frau in den kommenden drei Monaten an eine gemeinnützige Organsisation überweisen. Erleichtert nahm sie zur Kenntnis, dass der Richter das im Strafbefehl verhängte Fahrverbot als unnötig ansah. Einen guten Rat des Richters für den Fall der Fälle gab es auch noch: „Auf jeden Fall am Unfallort bleiben, bis alles geklärt ist.“
Aufklärung hatte auch der Besitzer des beschädigten Wagens erhalten. Der 59-jährige Busfahrer hatte sein Auto bisher nämlich noch nicht reparieren lassen, weil der Versicherungsgutachter ihm 200 Euro weniger zugesprochen habe, als die Sache in der Werkstatt kosten solle. Es handele sich wahrscheinlich um eine durch die Mehrwertsteuer verursachte Differenz, beruhigten ihn die Juristen. „Das wird dann gezahlt, wenn sie die Rechnung einreichen“, so der Richter. Aber selbst wenn die nachher ein wenig teurer werde, sei das eine Größenordnung, um die sich Versicherungen in der Regel nicht streiten würden.