Duisburg.. Die Zahl der Urnenbeisetzungen liegt in Duisburg vielfach bei fast 70 Prozent, der Trend geht hin zu pflegearmen Gräbern. Eine Entwicklung, die nicht nur mit Blick auf die bevorstehenden stillen Feiertage Folgen etwa für die Arbeit der Friedhofsgärtner und Steinmetze hat.
Die Friedhofskultur ist stark im Wandel. Auch in Duisburg. Die Zahl der Urnenbeisetzungen liegt vielfach bei fast 70 Prozent, der Trend geht hin zu pflegearmen Gräbern. Eine Entwicklung, die nicht nur mit Blick auf die bevorstehenden stillen Feiertage Folgen etwa für die Arbeit der Friedhofsgärtner und Steinmetze hat.
„Das Auftragsvolumen ist rückläufig. Schon jetzt gibt es immer öfter Betriebe, die ihr Personal über die Wintermonate frei- und erst im Frühjahr wieder einstellen“, stellt Fritz Mölders klar. Der 58-Jährige, seit 1979 Friedhofsgärtnermeister, Leiter eines Wanheimerorter Familienbetriebs in dritter Generation und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes Rheinischer Friedhofsgärtner, befürchtet, dass ein Großteil der kleineren Betriebe künftig aufgeben wird, „weil es sich einfach nicht mehr rechnet“. Zahlen darüber liegen laut Mölders zwar nicht vor. Er schätzt aber, dass es vor 20 Jahren noch 38 Friedhofsgärtner in Duisburg gegeben hat, jetzt seien es nur noch etwa 28.
Friedhofsgärtner reagieren mit neuen Angeboten auf neue Bestattungskultur
„Es ist, wie es ist. Wir ziehen uns aber nicht in den Schmollwinkel zurück, sondern stellen uns dem Wandel“, sagt Mölders. Als Beispiel nennt er die sogenannten Memoriamgärten – eine Initiative des Bundes Deutscher Friedhofsgärtner. Der erste Garten dieser Art, so Mölders, sei in Duisburg 2010 auf dem Waldfriedhof nach einem Zusammenschluss von sieben Kollegen eröffnet worden, die sich seitdem um ein 1200 Quadratmeter großes Grabfeld für rund 400 Beisetzungen kümmern – größtenteils Urnenbeisetzungen.
Mölders: „Das läuft sehr gut. Wir hatten bei einer jeweils 20-jährigen Grabpflege sogar mehr Anfragen für Körperbestattungen als erwartet, haben das Angebot entsprechend erweitert und liegen da bei einer Auslastung von 90 Prozent, bei den Urnenbeisetzungen bei 55 bis 60 Prozent.“ Der Vorteil für die Angehörigen liege in einem fertig gestalteten, lückenlosen sowie dauerhaft bepflanzten und gepflegten Grabfeld. „Man weiß im Vorfeld, was einen erwartet“, so Mölders. Allerdings geben die Friedhofsgärtner die Gestaltung vor.
Dies ist auch bei Urnengemeinschaftsgräbern der Fall – ebenfalls eine Idee der Friedhofsgärtner, um eine Alternative zu anonymen Beisetzungen anzubieten. Diese Bestattungsform auf wenigen Quadratmetern mit bis zu 16 Urnen unterschiedlicher Familien pro Grab und einem Stein, auf dem die Namen der Verstorbenen aufgeführt sind, ist in Duisburg laut Mölders bereits 2008 erstmals angeboten – ebenfalls auf dem Waldfriedhof.
Mit den Urnengemeinschaftsgräber sind die Steinmetze allerdings nicht glücklich, sagt Ralf Pauschert, Obermeister der vereinigten Innung Duisburg, Mülheim und Oberhausen. Wenn 16 Urnen auf engstem Raum beigesetzt werden, führe dies dazu, dass der eigentliche Friedhof immer kleiner werde. Schon jetzt seien viele Flächen ungenutzt und verwahrlosen zusehends. „Wir haben deshalb die Initiative Lückengräber gestartet“, so Pauschert. „Wir wollen dadurch ganze Felder neu aufwerten.“ An der konkreten Umsetzung werde noch gearbeitet.
Außerdem fordert der Obermeister noch flexiblere Löungen bei der Grabpflege für die Angehörigen. Er nennt als Beispiel eine Reihe so genannter Sargwahlrasengräber. „Wenn man das unterteilt und den Leuten individuell eine eigene Gestaltung und Pflege ermöglicht, die dann aber auch wieder abgegeben werden kann, wären wir schon ein Stück weiter.“
Menschen brauchen einen Anlaufpunkt für Trauerrituale
„Neue Ideen sind wichtig, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können“, stellt Pauschert klar. Über Umsatzeinbußen könne er wenig sagen, einen Rückgang der Betriebe – von 25 der vereinigten Innung stamme etwa die Hälfte aus Duisburg – könne er allerdings nicht feststellen. Und grundsätzlich sei er sowieso davon überzeugt, dass die Mehrzahl der Angehörigen trotz Bestattungshäusern oder Kolumbarien auch künftig den klassischen Friedhof als Ort bevorzugt, um einen Anlaufpunkt für Trauerrituale zu haben.
Wegfall des Sterbegeldes verantwortlich für Entwicklung
Weniger Erd-, dafür immer mehr Urnenbestattungen und pflegearme Gräber – ein Trend, den die evangelische und katholische Kirche sowie vor allem die Wirtschaftsbetriebe bestätigen, die für die 17 städtischen Friedhöfe zustandig sind. Gerade dort ist die Entwicklung rasant, wie der neue Leiter des Kundenservices, Willi Witzel, bei einem Blick auf die Zahlen feststellt (siehe Grafik).
Reinhold Adrian, Geschäftsbereichsleiter bei den Wirtschaftsbetrieben macht für den Trend in erster Linie den Wegfall des Sterbegeldes verantwortlich, das seit 2004 nicht mehr zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. „Damals sind die Einäscherungszahlen nach oben geschnellt“, so Adrian. „Seitdem nutzen die Menschen zunehmend Grabformen wie Rasengräber, die kaum Pflege und damit auf Sicht weniger Kosten bedeuten.“
Kleinere Friedhöfe in den Stadtteilen werden geschlossen
Er begrüßt neue Konzepte wie die Memoriamgärten der Friedhofsgärtner und sei auch offen für die Initiative Lückengräber der Steinmetze. Es sei allerdings eine große Herausforderung, leere Grabfelder wieder erfolgreich aufzuwerten. Angesichts von 16 Urnenbeisetzungen auf nur vier Quadratmetern zeige sich, dass die vorhandenen Friedhofsflächen – 250 Hektar städtisch und 50 Hektar konfessionell – künftig zu groß seien. „Dazu kommt, dass die Bestattungszahlen insgesamt zurückgehen.
Außerdem lassen sich nur noch 60 Prozent der Duisburger, die hier sterben, vor dem Hintergrund alternativer Möglichkeiten wie Kolumbariengebäude oder Seebestattungen auf unseren Friedhöfen beisetzen“, so Adrian. Die Friedhöfe Ehingen, Ruhrort, Essenberg sowie der neue Teil des Friedhofs Ostackers seien aktuell zumindest im Schließungsprozess.
Friedhofsgärtner und Steinmetze fordern, vor Ort stärker in Friedhöfe zu investieren, um die Attraktivität zu steigern. Das Gegenteil sei aber der Fall. „Die Instandhaltung hat keinen großen Stellenwert“, sagt etwa Friedhofsgärtnermeister Fritz Mölders. „Das liegt an knappen öffentlichen Kassen, ist aber auch eine Grundsatzentscheidung.“