Duissern/Wanheimerort. Schon als Kind hat Heinz Kuhlen gerne im Wald gespielt, später arbeitete er dann für Mannesmann und war dort für die Grünflächen zuständig. Als Ruheständler hält er Vorträge über Naturkunde, kombiniert mit Heimatkunde. Eine 180 Jahre alte Rosskastanie hatte es ihm besonders angetan.

Schon als Kind ist Heinz Kuhlen durch den Großenbaumer Wald getollt, ist in die Wipfel geklettert und über den Dickelsbach gehüpft. „Ich war mit dem Sohn des Försters befreundet, der Wald war unser Spielplatz“, erinnert sich der 72-Jährige. Seitdem hat er eine besondere Verbindung zu Bäumen und zur Natur.

Nach der Schule machte er eine Lehre in einer Baumschule, Ende der 1950er Jahre wurde er von Mannesmann eingestellt. Schon lange, bevor strenge Umweltschutzauflagen galten, hatte die Firma erkannt, dass Bäume und Grünflächen beispielsweise Staub binden. Rund 60 Hektar Grün zählten damals zum Besitz des Hüttenwerks.. „Das meiste Grün, was man heute in Huckingen sieht, geht auf Maßnahmen von Mannesmann zurück.“ Mannesmann sei damals sehr offen für Schutzmaßnahmen gewesen.

Im Dienste von Mannesmann

 In den 70er Jahren bildete sich Kuhlen weiter, lernte an der „Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau“ Bauleitplanungen zu erstellen, noch mehr über Pflanzenschutz oder wie man Lehrlinge ausbildet. Danach arbeitete er bei Krupp. „Wir haben Projekte im Hügelpark geplant oder die Grünflächen für die Kruppschen Krankenanstalten“, erzählt der Gartenbautechniker. Nach zwei Jahren ging’s wieder zurück zu Mannesmann. Kuhlen findet die Natur im industriellen Umfeld spannend. „Es gibt immer noch fürchterliche Ecken in Duisburg, aber eben auch schöne grüne.“ Über Jahre beobachtete er beispielsweise die Natur im Rheinpark.

Das ist das letzte Bild, das Heinz Kuhlen von der Rosskastanie gemacht hat, bevor sie am 10. Dezember  2012 gefällt wurde.
Das ist das letzte Bild, das Heinz Kuhlen von der Rosskastanie gemacht hat, bevor sie am 10. Dezember 2012 gefällt wurde. © waz duisburg | waz duisburg

Er fotografierte, wie sich Pflanzen auf der Brache ansiedelten, bevor das Gelände zum Park umgestaltet wurde. Auch zum Angerpark kann der Experte viel erzählen. Dabei betrachtet er die Natur nicht nur ökologisch-biologisch: „Ich habe eine Verbindung zu Bäumen. Bäume sind Ur-Symbole, Archetypen des Menschen und Sinnbild des Lebens.“ Er könne an ihrer Haltung erkennen, ob sie gesund seien. Als Fotograf versucht er, ihre Seele zu erfassen. So hat Kuhlen den Überlebenskampf der Buchen im alten Steinbruch ins Bild gesetzt. Sie stehen an einer Steinkante, haben auf der einen Seite lange, stützende Wurzeln ausgebildet, auf der Waldseite graben sich flächige Wurzeln in den Boden. „Die Buchen stehen auf der Kippe und kämpfen ums Leben“, beschreibt er. Auf einem anderen Bild sieht man einen Stamm, der eine Fratze zieht. Die hölzernen Gesellen findet er inzwischen deutschlandweit. „Man hat natürlich einen besonderen Blick, wenn man mit seiner Frau durch den Wald spaziert“, erzählt der Wanheimerorter lächelnd.

Rosskastanie wurde in der Türkei entdeckt

Sein Wissen macht ihn zum gefragten Gesprächspartner. Bei der Volkshochschule hält er Vorträge, führt Interessierte durch Duisburger Biotope und verbindet in seinen Vorträgen Natur- mit Heimatkunde. „Das ist ein spannendes Feld.“ Und da die Duisburger Natur viel zu bieten hat, werden ihm so schnell die Motive nicht ausgehen.

Heinz Kuhlen engagiert sich auch im Kuratorium für den Baum des Jahres. Das Jahr 2005 stand ganz im Zeichen der Rosskastanie. So wurde er auf das alte Exemplar hinter der Feuerwache an der Wintgensstraße aufmerksam. „Ich begleite so einen Baum durch die gesamte Vegetationsperiode“, erklärt der Gartenbautechniker und zeigt auf Bilder mit kahlen Ästen und solchen, wo der Baum in voller Blüte stand.

Die Fällung kam plötzlich

Die Rosskastanie wurde um 1600 von den Türken entdeckt. Im Rahmen der „Türkenkriege“ entsandte Kaiser Franz I. ins Land. Ein Khalif nahm einen Ableger der Kastanie mit und ließ sie in Österreich untersuchen. „Da er schnell wachsend ist und ganz attraktiv aussah, wurde die Kastanie zunächst in Parks und später dann auch als Straßenbaum gepflanzt.“ Und weil die großen Blätter viel Schatten spendeten, etablierte sich die Kastanie als idealer „Biergarten“-Baum, der die Fässer schön kühl hielt. Auch Bauern schätzten ihn, weil Kastanien auch Futter für die Schweine lieferten. „So ist der Baum wahrscheinlich auch zum Wintgenshof gekommen“, vermutet Kuhlen.

Mit der Pflanze wurde allerdings auch ein Schädling eingeschleppt – die Rosskastanienminiermotte. Die hatte auch den 180 Jahre alten Baum am Wintgenshof befallen. „Das war relativ offensichtlich, weil die Blätter dann typisch braun werden.“ Auch wenn Bäumfällungen oft emotional diskutiert werden, Kuhlen ist Pragmatiker. „Der Baum war krank und 180 Jahre sind ein stolzes Alter. Man musste ihn gehen lassen.“

Die Fällung kam plötzlich. Doch Kuhlen sicherte sich ein paar Kastanien und Zweige. „Die haben erst ausgetrieben und anschließend noch schön geblüht.“ Zeit, in der er sich gedanklich von „seiner“ Kastanie verabschieden konnte. Die Früchte hat er eingepflanzt, damit es irgendwann Nachkommen von dem alten Baum gibt.