Duisburg. Eine Initiative wehrt sich hartnäckig gegen die Schließung des Friedhofs Essenberg. Das Beispiel zeigt, wo Bürger im Duisburger Rathaus an Grenzen der Mitbestimmung stoßen.

Die Stadt baut aus Sparzwängen ihre Infrastruktur zurück, Bürger nehmen das oft nicht klaglos hin. Sie protestieren gegen die Schließung von Hallenbädern, Büchereien, Seniorentreffs — und jetzt sogar gegen die von Friedhöfen.

Seit einem halben Jahr kämpft eine Homberger Bürgerinitiative für den Erhalt des Essenberger Friedhofs. Für sie geht es in erster Linie zwar um ein direktes Anliegen vor ihrer Haustür, aber auch generell um den Umgang von Politik und Stadtverwaltung mit dem Engagement der Bürger. Das hartnäckige Bemühen der Initiative ist ein Beispiel dafür, wie ein konkretes Interesse eine lose Gruppierung von Bürgern schafft und mit welchen Mitteln diese sich gegen ein Vorhaben stellen kann. Der Fall zeigt aber auch, wo die Grenzen der kommunalen Mitbestimmung und des vielzitierten „Dialogs“ zwischen Bürgern und Rathaus liegen.

Die Initiative hat 300 Unterschriften gesammelt, hat mit Transparenten vor dem Rathaus gestanden, hat alle Fraktionen, den Oberbürgermeister, die Wirtschaftsbetriebe und sämtliche anderen Beteiligte angeschrieben. Und sie hat auch ihre kommunalrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft: Ihre sogenannte „Bürgereingabe“, mit der sich nach § 24 der Gemeindeordnung dann das zuständige Gremium befassen muss, hat die Bezirksvertretung Homberg allerdings einstimmig abgelehnt.

Ein „moralisches Recht“

„Wir haben immer auf den Dialog gesetzt“, sagt Alfred Scholl, Sprecher der Initiative. Drei Gesprächsrunden mit den Wirtschaftsbetrieben hat es bereits gegeben, auch Neu-Vorstand und Ex-Stadtdirektor Peter Greulich saß mit am Tisch. „Bisher wird jedoch der Schließungsprozess als unabwendbar bezeichnet“, sagt Scholl. „Für uns ist nur Sterblichkeit unabwendbar. Wir erwarten Entgegenkommen.“

Mitglieder und Unterstützer hängen „sehr stark“ an dem 1904 von der damaligen Gemeinde Essenberg angelegten Friedhof. Man habe „ein moralisches Recht“ auf den Erhalt des Friedhofs: Politik und Verwaltung müssten den kleinen Bezirken ihre Besonderheiten und Wurzeln lassen, dürften diese nicht ohne Not zerstören. Sonst drohten „gesichts- und geschichtslose Bezirke“, Ortsteile würden emotional ausbluten, die Bürger den Bezug zu ihrer Heimat verlieren. „Es ist schon bemerkenswert, dass wir in einer Stadt leben, in der wir auf diese Weise um die Bewahrung der Grabstätten unserer Familien und unserer zukünftigen letzten Ruhestätte kämpfen müssen.“

Zu viele Friedhofsflächen in Duisburg

Die Initiative diskutiert eher auf kultureller Ebene, die Wirtschaftsbetriebe aus betriebswirtschaftlicher Sicht: Es gebe zu viel Friedhofsflächen in Duisburg, rechnerisch seien es in Duisburg 4,8m² pro Einwohner. Oberhausen komme nur auf 3m², der Städtetag empfiehlt 4m². Allerdings kommt Mülheim auf 5,9m², Dortmund sogar auf 6,1m². Zudem bleibt unklar, was die Stadt an der Schließung überhaupt spart: Die Nutzungsrechte laufen noch Jahrzehnte.

Dennoch wollen die Wirtschaftsbetriebe an der Schließung nicht rütteln, bestätigt ein Sprecher. Bei den laufenden Gesprächen mit der Initiative gehe es eher darum, ob nicht die kleine Kapelle anstatt der großen saniert und erhalten bleibt. Als „zweitrangig“ sieht das die Initiative an, wundert sich aber ohnehin, warum die Kosten für die Sanierung der großen Kapelle in wenigen Wochen von 50.000 plötzlich auf 133.000 Euro gewachsen sein sollen.

Immerhin: Den politischen Beschluss zur Schließung hat der Rat zunächst vertagt, eigentlich sollte es bereits seit Jahresbeginn keine Beisetzungen mehr geben. Jetzt will die Politik erst das Ergebnis der Gespräche abwarten. Nach Pfingsten treffen sich Initiative und Wirtschaftsbetriebe erneut. Die Bürgergruppierung bleibt hartnäckig: Kürzlich haben sich rund 40 Mitglieder in der Friedhofskapelle versammelt und einstimmig beschlossen, den Erhalt als ihr Ziel nicht aufzugeben. „Und zur Not stehen wir auch wieder mit Transparenten vor dem Rathaus“, sagt Scholl.

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