Duisburg. Hochwasser, Stromausfall, Störfälle, Unwetter und Pandemien: Wie die Stadt ihr Krisenmanagement überarbeitet und sich künftig professioneller für den Ernstfall aufstellen will
Wie gut eine Stadt mit einer Krise umgeht, zeigt sich erst im Ernstfall. Und so lange nichts passiert, rückt das Thema in den Hintergrund. Doch längst hat sich gezeigt, dass Städten oft Strukturen fehlen, um im Ernstfall angemessen zu reagieren. Das Netz an neuen Alarmsirenen, das kommendes Wochenende erstmals getestet wird, ist nur ein Beispiel. „Akuten Handlungsbedarf“ erkannten Fachleute vor allem auch bei der Arbeit des Krisenstabs. Jetzt hat der Rat dafür ein neues Konzept beschlossen.
Bereits zu Jahresbeginn hat OB Sören Link eine Stabsstelle „Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz“ eingerichtet. Die neue Ein-Mann-Organisationseinheit besteht aus Oliver Klostermann. Er soll dafür sorgen, dass der Bereich auf professionelle Beine gestellt wird. „Die Lage bei Einsätzen wird immer komplexer, die Steuerung ist immens aufwendig. Gleichzeitig steigt der Informationsbedarf der Bevölkerung“, sagt Klostermann.
„Kritische Infrastruktur“
Gerade in Duisburg spiele das Thema eine wichtige Rolle. Bombenentschärfungen, Unwetter, Stromausfälle oder Pandemien seien überall möglich, Duisburg habe aber auch eine „kritische Infrastruktur“: Dazu zählt die enorme Dichte an Störfallbetrieben sowie das Netz aus Autobahnen, Zuggleisen und Wasserwegen. Zudem müsse in der Bevölkerung wieder das Bewusstsein geschärft werden, was bei einem Ernstfall zu tun ist, sagt Klostermann. „Es reicht nicht zu warten, bis Einsatzkräfte eintreffen. Man sollte darauf vorbereitet sein, sich selbst zu helfen.“ Beispiele: Habe ich ein Radio, das auch ohne Strom funktioniert? Wie steht es um Vorräte? Ist mein Haus von Hochwasser gefährdet, funktionieren die Rückschlagklappen im Keller?
Um die Bevölkerung darüber zu informieren, hat die Feuerwehr jetzt einen mobilen Messestand angeschafft, berichtet der stellvertretender Leiter Oliver Tittmann. Einig sind sich beide, dass sich Krisenfälle häufen werden. „Das lässt sich alleine daran ablesen, dass es die Jahrhunderthochwasser inzwischen alle zehn Jahre gibt“, sagt Tittmann. Und ein länger andauernder Stromausfall sei laut Experten nur noch eine Frage der Zeit.
Zentrale muss noch eingerichtet werden
Wie die Stadt darauf reagiert, ist Sache des Krisenstabs. In der obersten Etage der Feuerwehr-Verwaltung sitzt im Ernstfall die kleine Gruppe von Entscheidungsträgern zusammen, die dann unter hohem Druck folgenschwere Entscheidungen treffen muss.
Die Probleme sind bekannt: Der Raum ist technisch dafür gar nicht ausgestattet, muss erst aufwendig und langwierig hergerichtet werden. Jetzt soll ein Umbau Abhilfe schaffen. Wie der Raum später aussehen wird, lässt sich eine Etage tiefer erahnen, in der Einsatzzentrale der Feuerwehr. Von hier aus instruiert die Leitung bei Großeinsätzen ihre Kräfte. Es wimmelt von Computern, Beamern, Leinwänden, Organigrammen, Plänen, Tafeln und Schiebetafeln, jeder Befehl wird dokumentiert. Vor dreieinhalb Jahren wurde das alles installiert, im Vorfeld eines Großereignisses, der Loveparade, die in einer Katastrophe geendet war. Der Raum habe sich seither bei vielen Einsätzen bewährt, sagt Tittmann.
Hochwasser-Simulation zeigt Handlungsbedarf
Doch der Krisenstab hat nicht nur ein Raumproblem. Der erweiterte Kreis, der sich im Ernstfall aus Mitarbeitern der Stadtverwaltung rekrutiert, muss von 35 auf 100 Personen aufgestockt werden, künftig soll es Übungen geben, bei denen Szenarien durchgespielt werden. Denn ob Konzepte auf Papier taugen, beweist sich erst im Testlauf.
Was eine solche Übung bringt, hat sich jetzt in Köln bei der Simulation eines Extremhochwassers gezeigt: Die U-Bahnen müssen besser gesichert werden, sonst laufen die Tunnel voll und die Technik ist hin. Köln will jetzt vier Millionen Euro in die Abschottung stecken.
Das Problem dürfte in Duisburg bekannt sein: Als sich das Sperrwerk Marientor vor einem Jahr nicht richtig schließen ließ, forderte die Bezirksregierung ein Notfallkonzept an. Denn versagt das Sperrtor, drohen Altstadt, Innenhafen und U-Bahn unter Wasser zu stehen. Städte müssen für solche Fälle einen Gefahrenabwehrplan vorhalten. Den allerdings gab es in Duisburg überhaupt nicht.