Duisburger Zoo steht nach Vorfall in Münster zu Tiger-Haltung
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Duisburg. Wie groß ist die Gefahr durch Raubtiere in Zoos? Nach den beiden Tiger-Attacken in Münster und Köln, bei denen zwei Pfleger starben, sprach die NRZ mit dem wissenschaftlichen Leiter des Zoo Duisburg, Jochen Reiter, über das Risiko bei der Haltung der großen Raubkatzen.
Die Attacke des Amurtigers im Allwetterzoo Münster, bei der ein 57-jähriger Pfleger getötet wurde, hat die Debatte über die Haltung der großen Raubkatzen erneut entfacht. Auch der Zoo Duisburg hat seit Jahren Tiger in seinem Bestand. NRZ-Redakteurin Ulla Saal sprach mit dem Wissenschaftlichen Leiter des Zoos, Jochen Reiter, über die Haltung der Großkatzen und über das Gefahrenpotenzial für Pfleger und Besucher.
Vor etwa einem Jahr hat ein sibirischer Tiger im Kölner Zoo eine Pflegerin getötet, jetzt ereignete sich in Münster ein ähnlich tragischer Fall. Sind solche Vorfälle prinzipiell zu vermeiden?
Jochen Reiter: Nein. Prinzipiell sind solche Unfälle nicht zu vermeiden, auch wenn alles dafür getan wird. Wir machen die Anlagen so sicher wie möglich mit doppelten und dreifachen Riegeln. Zudem werden die Tierpfleger genau unterwiesen in den Verhaltensmaßregeln, die sie im Umgang mit den Tieren einzuhalten haben. Und sie wissen ganz genau, dass in solchen Bereichen ein einziger Fehler tödlich sein kann. Es darf eigentlich nicht passieren, aber es trifft groteskerweise immer die Routiniers.
Etliche Sicherheitsvorkehrungen
Das klingt ein wenig paradox. Warum werden tragischerweise oft die erfahrenen Pfleger Opfer solcher Attacken?
Waz-Leser besuchen den Zoo
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Reiter: Das liegt eben viel an der Routine. Wenn man tausend Mal den gleichen Handgriff macht, weiß man oft nicht, ob man das Klicken des Schlosses nun tatsächlich gehört hat oder nicht. In Duisburg arbeiten wir in dem Bereich auf einem hohen Standard. Wenn der Pfleger morgens anfängt, muss er die Anlagen sichten, ob die technisch einwandfrei funktionieren. Falls nicht, muss er das umgehend melden.
Nach den beiden Unfällen sorgen sich nun auch Leute um die Sicherheit der Zoo-Besucher. Wie sieht es da aus?
Reiter: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber der Duisburger Zoo hält seit Jahren Tiger. Wir haben Expertisen in der Haltung von gefährlichen Tieren. Und es gibt entsprechende Vorschriften. Die Gräben um die Tiger-Anlage sind acht bis zehn Meter breit, das Wasser darin ist 2,50 Meter tief. Zudem wird die Anlage mit Betonvorbauten gesichert und Überkragungen, die zur Anlage hin Metallspitzen tragen. Und es gibt vier bis fünf Meter hohe Stabmatten mit Elektrodrähten. Das alles hält die Tiere davon ab, durch den Zoo zu streunen. Aber auch in Köln und Münster waren ja keine Besucher gefährdet.
Partner für Züchtung gesucht
Nach dem Unfall in Münster hat die Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ die Haltung von Großkatzen in deutschen Zoos pauschal kritisiert. Wie stehen Sie dazu?
Reiter: Dem halte ich die Bestimmungen der Berufsgenossenschaft entgegen. Wir klassifizieren unsere Tiere in gefährliche und sehr gefährliche, bei denen dreifache Sicherungen erforderlich sind. Aber welches Tier ist gefährlich? Ein Elefantenbulle ist immer gefährlich, bei den Kühen hingegen hängt das von der Haltung ab. Gibt es Direktkontakt zu den Pflegern oder nicht? Der allgemeine Hirsch ist außerhalb der Brunft sicher nicht gefährlich. Das trifft auch auf unseren Trampeltierhengst zu. Der ist eigentlich das ganze Jahr über zum Küssen, aber wenn der unbedingt zu seiner Stute will, sollte man ihm besser aus dem Weg gehen. Diesen Organisationen geht es eigentlich gar nicht um eine bestimmte Tierart, sondern um die Abschaffung der Zoos generell.
Gibt es für den Zoo Duisburg angesichts der beiden Todesfälle Gründe, seine Tiger wegzugeben?
Reiter: Nein, wir werden sie weiter im Bestand haben. Natürlich kann man Tiger halten, und wir konstruieren die Anlagen so sicher wie nur möglich. Derzeit leben am Kaiserberg zwei sibirische Tiger. Bisher hatten wir immer ein Pärchen, und im vergangenen Jahr durften wir uns über den ersten Nachwuchs seit 16 Jahren freuen. Die Mutter Gisa ist leider Anfang des Jahres verstorben. Nun haben wir nur noch den Vater Elroy und die Tochter Ahimsa. Wir hoffen, dass wir über das Zuchtprogramm entweder ein neues Weibchen für Elroy bekommen, oder einen Partner für Ahimsa.
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