Duisburg. Zwei Ziele für 2020: Der Duisburger Pater Tobias startet weiter für den guten Zweck. Nael Aldaaif will im Restaurant Sham die Ausbildung beenden.

Er läuft und läuft und läuft – wohl auch im neuen Jahr. Kurz nach dem Jahreswechsel packt Pater Tobias A. Breer O.Praem seine Laufschuhe ein, um sie am 11. Januar in Vietnam anzuziehen: 72 Kilometer stehen an, „mit 3200 Höhenmetern“, sagt Pater Tobias, der seit 2006 für den guten Zweck Marathons und seit längerem auch Ultra-Strecken bis weit über 100 Kilometer läuft: „42 Kilometer bringen nicht mehr so viel Geld. Die Sponsoren sagen: Ach die läuft der ja eh.“ 2000 Euro, die oft bei einem Marathon zusammenkommen, sind viel Geld. Aber mit dem Lauf in Vietnam erhofft sich Pater Tobias 6000 Euro für die Neumühler Kinderlernküche zu sammeln.

Es soll nicht der einzige Ultra-Lauf in 2020 bleiben. Spätestens im Sommer folgt der nächste: 100 Kilometer durch die Nacht in Biel – langsam, aber sicher, das große Ziel in zwei Jahren vor Augen: die World Marathon Challenge „in 7 Tagen, auf 7 Kontinenten, 7 Marathons“ 2022. Dafür trainiert der 56-Jährige 120 Kilometer in der Woche und läuft jeden Monat einen Marathon.

Auf den im März in Tokio freut er sich besonders. Im Ziel bekommt er die „World Marathon Majors 6-Sterne Medaille“. Mit Berlin, Boston, Chicago, London, New York und dann auch Tokio hat er sechs der größten Marathon-Läufe der Welt absolviert. „Darauf habe ich 14 Jahre hingearbeitet. Auf Tokio musste ich warten und bin über das Losverfahren dabei“, erzählt Pater Tobis voller Vorfreude.

Über 350.000 Euro gesammelt

Vor 15 Jahren hatte der studierte Theologe, Philosoph und Psychologe Manager geschult „und ihnen erklärt, dass sie nicht nur was für ihren Geist und ihre Seele tun sollen, sondern auch für ihren Körper. Als ich dann aber eines Abends vor dem Spiegel meinen Bauch betrachtet habe, dachte ich: So kannst du demnächst nicht mehr vor die Manager treten.“ Seitdem läuft der Pastor der Gemeinde Herz-Jesu und verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen: „Als ich gesehen habe, dass Leute für Geld laufen, dachte ich, das mache ich auch.“

Weit über 350.000 Euro hat er seitdem mit 86 Marathons und einigen Ultra-Läufen für das Projekt Lebenswert, das Kinderhilfswerk Kipa-Cash-4-Kids, das vor sechs Jahren eröffnete Café/Restaurant „Offener Treff mit Herz“ und das syrische Restaurant Sham erlaufen. Allein 26.000 Euro brachte in diesem Jahr der Lauf „172 Kilometer an sechs Tagen durch die Oman-Wüste“ ein, erzählt Pater Tobias, der sich bundesweit längst als Marathon-Pater einen Namen gemacht hat. Doch trotz aller Bekanntheit ist Pater Tobias vor allem der Pastor seiner Gemeinde, Kämmerer der Abtei Hamborn und Geschäftsführer der Projekte Lebenswert und des syrischen Restaurants, das es seit zwei Jahren gibt.

Im Rückblick auf 2019 freut sich Pater Tobias über 70 Taufen und 64 Kommunionskinder, was ein aktives Gemeindeleben beweise, das es heute nicht mehr überall gibt. Die vielen Gemeinde-Projekte für Bedürftige im Duisburger Norden, „wären ohne den Einsatz der vielen Ehrenamtler nicht möglich“, sagt Pater Tobias, der über seine Facebookseite viele Gemeindemitglieder erreicht. „Dies zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn ich nur in meinem Pfarrbüro sitzen würde, hätten wir das alles nicht. Man muss auf die Menschen zugehen“, so Pater Tobias.

Das syrische Restaurant läuft gut

Neben seinen läuferischen Zielen will er in 2020 vor allem das syrische Restaurant weiter ausbauen. „Ich komme aus der Wirtschaft und muss wirtschaftlich denken“, sagt Pater Tobias. Das Sham schreibe schwarze Zahlen und durch syrisches Catering und A la Carte könne es das Cafe Offener Treff mitfinanzieren, wo durch die niedrigen Preise jeden Monat 1500 Euro minus gemacht werden. „So bleibt noch etwas über für eventuelle Geräte, die kaputt gehen könnten“ rechnet der Pater vor. Das Sham ist längst kein Geheimtipp mehr. Gäste kommen aus dem gesamten Ruhrgebiet. Noch ist es an drei Tagen, donnerstags, freitags und samstags geöffnet. Über erweiterte Öffnungszeiten denkt Pater Tobias nach.

Nicht nur im syrischen Restaurant, auch im Cafe „Offener Treff mit Herz“ der Gemeinde Herz Jesu in Duisburg-Neumühl serviert Nael Aldaaif den Kaffee.
Nicht nur im syrischen Restaurant, auch im Cafe „Offener Treff mit Herz“ der Gemeinde Herz Jesu in Duisburg-Neumühl serviert Nael Aldaaif den Kaffee. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Das Restaurant ist eine Herzensangelegenheit von ihm. Es hat syrischen Flüchtlingen einen Einstieg in die Berufswelt ermöglicht, so wie Nael Aldaaif. Er lebt seit 2016 in Deutschland und macht eine Ausbildung im Sham. Sein Ziel für 2020: „Die Prüfung zum Restaurantfachmann zu schaffen.“ Der 37-Jährige Syrer ist in diesem Jahr Vater einer Tochter geworden. „Malak, Engel, heißt sie, acht Monate ist sie alt“, erzählt Nael Aldaaif stolz. Mit seiner Frau und Malak lebt er in einer kleinen Wohnung zehn Minuten vom Restaurant entfernt. Ein bisschen Angst vor der Prüfung im Sommer hat er schon. Pater Tobias ist aber sicher, dass er sie schaffen wird.

„Ich muss noch besser deutsch lernen“, sagt Nael Aldaaif selbstkritisch. Er will auf jeden Fall nach der Lehre erst einmal weiter im Sham und Cafe/Restaurant „Offener Treff mit Herz“ weiterarbeiten. „Ohne Arbeit haben wir keine Zukunft. Wir sind Flüchtlinge, aber wir sind nicht faul“, sagt der 37-Jährige, der mit Pater Tobias schon acht Marathons gelaufen ist, darunter in Rom und München. Das hätte er sich vor ein paar Jahren nicht träumen lassen. In Syrien ist er auch gelaufen, aber nie

„mehr als eine Stunde.“ Bis Kilometer 30 oder 35 sei ein Marathon auch „noch einfach. Aber dann ist es eine Katastrophe“, sagt der junge Familienvater, der neun Geschwister hat, die alle „verteilt in Deutschland und der Türkei leben. Wir telefonieren täglich.“ Nael Aldaaif Wunsch für 2020: „Meine Familie wiedersehen.“ Und wieder mehr laufen. Aber: Die junge Familie, die Berufsschule und die Arbeit – da bleibt nicht viel Zeit fürs Training.

Pater Tobias nutzt oft ein Zeitfenster zwischen zwei Terminen am Tag. Zwei, drei Stunden müssen es schon sein. Schließlich sind zwei Jahre auch nicht mehr lange hin. Und dann heißt es: „7 Marathons, 7 Tage, 7 Kontinente.“