Duisburg. Ehemaliger Feuerwehrmann hatte wegen posttraumatischer Belastungsstörung nach der Loveparade Entschädigung gefordert. Gericht lehnte Klage ab.
Mehr als fünf Jahre nach seinem Einsatz bei der Loveparade-Tragödie ist der ehemalige Feuerwehrmann Ralf Strutz mit seiner Klage auf Entschädigung gescheitert. Das teilte das Landgericht Duisburg am Montag mit. Trotz der juristischen Schlappe vor dem Landgericht Duisburg will Ralf Strutz weiter für eine Entschädigung kämpfen.
Der 53-jährige Strutz, der im Einsatzdienst bei der Duisburger Feuerwehr arbeitete, hatte 90.000 Euro Schadenersatz und Schmerzensgeld vom Land und vom Veranstalter Lopavent gefordert, weil er erklärte, bei der Loveparade eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten zu haben.
Mögliche psychische Erkrankungen gehören zum Berufsrisiko
Bei der öffentlichen Verhandlung in dem Zivilprozess Anfang September hatte die Kammer bereits erklärt, dass sie keinen Anspruch erkennen kann. Bei dem Fall des Feuerwehrmannes gehe es "um ein typisches Berufsrisiko". Hierfür müsse gegebenenfalls der Dienstherr nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einstehen, nicht aber der Verursacher einer solchen belastenden Situation wie der Loveparade-Tragödie, hieß es nun in der Urteilsbegründung der 8. ZIvilkammer.
Außerdem sei der Duisburger von dem Geschehen am 24. Juli 2010 nicht unmittelbar betroffen gewesen, so das Gericht weiter. Beobachter könnten in der Regel kein Schmerzensgeld beanspruchen, auch wenn sie sichtbar schwer erkrankt seien.
Kläger will gegen das Urteil in Berufung gehen
"Ich kann das so nicht akzeptieren", sagte Ralf Strutz nach der Verhandlung. "Ich fühle mich von der Juristerei an der Nase herum geführt." Er sei zur Feuerwehr gegangen, um Menschen zu helfen und nicht, um in den Krieg zu ziehen. So habe sich sein Einsatz bei der Loveparade angefühlt.
Strutz wies zudem auf den Widerspruch hin, dass ihm Land und Stadt einerseits die Vorfälle nicht als Dienstunfall anerkannt hätten, er aber kürzlich aus der Unfallkasse des Landes als Soforthilfe eine fünfstellige Euro-Summe ausgezahlt bekommen habe. „Ich bin mit der Begründung des Gerichts nicht einverstanden und werde deshalb den nächsten Prozess führen“, so der Kläger. „Durch alle Instanzen!“
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Die Zivilklage des Duisburgers ist das erste Verfahren zu der Tragödie, neben dem Antrag des Feuerwehrmannes sind sieben weitere Zivilklagen in Sachen Loveparade anhängig. Die Klägerinnen im Alter zwischen 37 und 53 Jahren aus Duisburg, Ratingen und Kevelaer verlangen Schadensersatz und Schmerzensgeld zwischen 34 000 und 100 000 Euro vom Veranstalter, vom Land und von der Stadt.
Hinter den Kulissen haben sich zivile Kläger schon in mehreren Fällen außergerichtlich mit den Beklagten geeinigt. Manche Anträge verliefen auch im Sande, etwa weil die Kläger bei Gericht keine Begründungen einreichten. In den Fällen zweier Frauen aus Duisburg beispielsweise fehlten dem Gericht ausreichende Begründungen. In ihrer Klage hätten die Besucherinnen ihre Leiden nicht detailliert genug beschrieben. Beide seien bereits vor der Loveparade-Katastrophe psychisch erkrankt - daher sei es wichtig herauszufinden, welche gesundheitlichen Probleme konkret auf die Erlebnisse bei der Loveparade zurückgehen.
Opferanwalt Julius Reiter kritisiert Zivilverfahren zur Loveparade
Der Düsseldorfer Opferanwalt Julius Reiter hingegen sieht Zivilverfahren nicht als das richtige Instrument, um seine Ansprüche durchzusetzen und die Loveparade-Katastrophe aufzuarbeiten. "Der Schadensersatzprozess zeichnet ein völlig falsches Bild der Interessen der Opfer", so Reiter. Seine Düsseldorfer Kanzlei vertritt im Strafverfahren zur Loveparade rund 100 Geschädigte des Unglücks, darunter auch Hinterbliebene
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Reiter hält den Ansatz, die Ansprüche der Opfer "vorschnell, teilweise in überzogener Höhe, auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen, für verfehlt". Im Zivilverfahren müsse der Kläger beweisen, wer für den Schaden verantwortlich ist. Wegen der Komplexität und Schwierigkeit des Sachverhalts dürfte dies dem jeweiligen Kläger vor Abschluss des Strafverfahrens schwerfallen. "Ohnehin erwarten wir, dass das Zivilgericht im Zweifelsfall die anhängigen Verfahren aussetzen wird, um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sowie der zuständigen Strafkammer abzuwarten."
Bei der strafrechtlichen Aufarbeitung prüft das Landgericht noch, ob es die Anklage gegen zehn Mitarbeiter der Stadt Duisburg und des Veranstalters zulässt. (mit dpa)