Dortmund/Mainz. Ein vermeintliches Online-Date wird zur Falle. Ein Mann wird überfallen und schwerstverletzt. Unter Verdacht steht auch ein angehender Polizist.
Nach einem brutalen Überfall in Dortmund hat die Polizei vier junge Männer festgenommen. Sie sollen im Sommer vor zwei Jahren einen Mann aus einem Städtchen bei Hannover beraubt und schwerstverletzt haben. Das Opfer hat nur knapp überlebt. Unter den vier heute 19-jährigen Tatverdächtigen ist Polizeiangaben vom späten Freitagabend nach auch ein Kommissaranwärter, der etwas mehr als ein Jahr nach der Tat seine Ausbildung angetreten hatte.
Den Durchbruch brachte offenbar die Ausstrahlung des Falls in der ZDF-TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ am Mittwoch dieser Woche. Im Anschluss daran stellte sich am Donnerstagabend ein 19-Jähriger aus Schwerte auf einer Wache. Weitere Ermittlungen der Polizei führten zu drei weiteren 19-Jährigen, die alle aus Dortmund kommen. Darunter ist auch der angehende Polizist, der inzwischen vorläufig seines Dienstes enthoben worden ist. „Eines ist klar: Straftäter haben bei der Polizei nichts zu suchen“, betonte der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange.
Der 19-Jährige, der sich gestellt hat, hat laut der zuständigen Dortmunder Staatsanwältin Ines Liedtke auf Nachfrage am Montag ein Geständnis abgelegt. Dabei habe der Mann Angaben zur eigenen Tatbeteiligung und zu der seiner mutmaßlichen Komplizen gemacht.
Angebliches Online-Date entpuppt sich als Falle
Das Opfer, ein damals 28-Jähriger aus Seesen in Niedersachsen, wollte sich am 7. Juni 2023 gegen 22.15 Uhr in der Kleingartenanlage „Gartenverein Ardeyblick“ nahe der Westfalenhalle mit einer jungen Frau treffen, die er einen Tag zuvor auf der Internet-Plattform „Knuddels“ - so frühere Berichte - kennen gelernt hatte. Es war wohl ein Hinterhalt, das angebliche Online-Date entpuppt sich als Falle: Statt der vermeintlichen „Anastasiaaa“ aus seinem Chat, wie sie in der Sendung genannt wird, sollen die Tatverdächtigen auf ihn zugekommen sein und ihn angegriffen haben, mit Schlägen und Tritten. Im Anschluss soll das Quartett mit dem Geld und dem Handy des Opfers geflüchtet sein.
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Der 28-Jährige konnte den Tätern noch einige Meter hinterherlaufen, wurde nahe der B1 aber erneut angegriffen. Einer der Täter soll den Mann dann noch mit einem Hammer attackiert haben. „Wir gehen von zwei Schlägen aus“, sagt Staatsanwältin Liedtke. Mindestens einer auf den Kopf gilt als gesichert. Gegen einen der 19-Jährigen wird nun nicht nur wegen Raubes, sondern auch wegen des Verdachts des versuchten Mordes ermittelt. Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft. Die Hammer-Attacke war so massiv, dass sich ein Teil der Schädeldecke des Opfers gelöst hat. Das Leben des Mannes habe durch eine Notoperation gerettet werden können, so die Staatsanwältin: Der 28-Jährige habe sich körperlich erholte, leide aber bis heute unter den psychischen Folgen der Tat.
Richter setzt drei Haftbefehle außer Vollzug
Auch die drei anderen 18-Jährigen waren am späten Freitagabend einem Haftrichter vorgeführt worden. Die von der Staatsanwaltschaft beantragten Haftbefehle sind erlassen, aber unter Auflagen außer Vollzug gesetzt worden, wie die Behörden mitteilten. Dazu zählt auch der Kommissaranwärter. Bei dem Schwerter, der sich gestellt hat, soll es sich weder um den angehenden Polizisten noch um den Mann handeln, dem versuchter Mord vorgeworfen wird. Auch der angehende Polizist ist auf freiem Fuß.
Nach der Tat hatte die Polizei auch mit Fahndungsfotos nach den Verdächtigen gesucht. Bis zu dieser Woche erfolglos. Bei „Aktenzeichen XY“ am Mittwoch hat Ermittler Maik Müller von der Dortmunder Polizei den Fall vorgestellt. Zwei der mutmaßlichen Täter sind auf den Bildern gut zu erkennen. Zahlreiche Hinweise seien danach eingegangen, heißt es, und der Fahndungsdruck dann so groß geworden, dass sich einer der Verdächtigen stellte. Hinweise auf weitere Taten des Quartetts haben die Ermittlungsbehörden derzeit nicht. Auch weitere Verdächtige gebe es nicht. Die „Anastasiaa“, die der Mann aus Niedersachen in Dortmund treffen wollte, hat nie existiert. Die Täter hatten sich das Online-Profil wohl einfach ausgedacht und gefälscht.