Dortmund/Langenberg. Eine abgelehnte Bewerberin klagt auf Entschädigung, sieht sich diskriminiert. Schon zuvor hat sie ähnliche Klagen gegen Firmen erhoben. Eine Masche?

Ein Unternehmer fühlt sich abgezockt: 7500 Euro soll seine Firma einer abgelehnten Bewerberin zahlen. Im Raum steht der Vorwurf der Diskriminierung. Ihre Klage begründet die transsexuelle Frau aus Dortmund aber nicht mit der Absage, sondern mit dem Text in der Stellenanzeige. Das hat sie offenbar in vielen weiteren Fällen so gemacht.

Über den Rechtsstreit berichtet das Nachrichtenmagazin RTL-West. Die Firma ND-Rack mit Sitz im ostwestfälischen Langenberg handelt mit Dachgepäckträgern. Im Sommer wird eine neue Bürokraft gesucht. Die 47-jährige Dortmunderin bewirbt sich auf die Stelle, wird aber nicht berücksichtigt.

Firma verstößt gegen Antidiskriminierungsgesetz – Dortmunderin klagt

Das Unternehmen begründet die Absage mit dem langen Arbeitsweg, den die Frau hätte zurücklegen müssen. Die Entfernung zwischen Dortmund und Langenberg beträgt rund 90 Kilometer. In der Vergangenheit hätten Mitarbeiter bereits wegen weniger langen Arbeitswegen gekündigt.

+++ Folgen Sie der WAZ Dortmund auf Facebook und Instagram +++

Einige Zeit später geht eine Klage auf Entschädigung ein. Die Forderung über 7500 Euro entspricht drei Monatsgehältern und wird mit mehreren Formulierungen in der Stellenanzeige begründet. Der erste Fehler: Es wurden nur Männer und Frauen explizit angesprochen, das „d“ für divers – also für Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen – fehlte. Dies ist aber gesetzlich vorgeschrieben.

Zudem habe es der Geschäftsführer versäumt, die Stelle der Arbeitsagentur zu melden, damit auch Schwerbehinderte leichter auf sie aufmerksam werden. Und schließlich wies er in der Anzeige auf ein „junges, dynamisches Team“ hin – dem RTL-Bericht zufolge kann dies als Altersdiskriminierung gewertet werden.

Unternehmer sieht sich als Opfer einer Masche

Die Annonce habe damit mehrfach gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßen, wie auch das Arbeitsgericht Bielefeld feststellte. Das Gesetz soll Menschen vor Benachteiligung schützen, etwa wegen ihres Alters, Geschlechts, ihrer Sexualität, Religion oder Abstammung.

Rechtlich scheint die Sache klar, und doch fühlt sich die Firmenleitung betrogen. Denn die schwerbehinderte Frau, die sich als trans- und intersexuell definiert und laut Bericht „chirurgisch nicht vollständig vom Mann zur Frau angeglichen“ ist, soll seit 2016 insgesamt 240 ähnliche Klagen gegen Unternehmen eingereicht haben. Oft hatte sie damit Erfolg, heißt es – die Richter gingen also jeweils davon aus, dass ihren Bewerbungen ernsthafte Absichten zugrunde lagen.

Der Geschäftsführer von ND-Rack dagegen sieht sich als Opfer einer Masche, spätestens seit er weiß, dass die Bewerberin keinen Führerschein besitzt. Für den Weg vom Wohnort zum Arbeitsplatz würde sie mit Bus und Bahn über zwei Stunden benötigen. „Wir haben dann erst verstanden, mit wem wir es zu tun haben – und zwar mit einer Person, die das sehr professionell macht“, vermutet der Mann.

+++ Mehr Nachrichten aus Dortmund lesen Sie hier +++

Einem Vergleich hat das Unternehmen nicht zugestimmt, wird die Entschädigung so aller Voraussicht nach zahlen müssen. RTL ist die Identität der Frau nach eigenen Angaben bekannt; sie habe sich auf Nachfrage aber nicht äußern wollen. (cst)