Dortmund. Den neuen See im Wickeder Ostholz haben viele Menschen liebgewonnen. Ob er bleibt, hängt auch von einem Straßenbauprojekt ab – und von der kommenden Wahl.
Die Landschaft hat sich verändert am Wickeder Ostholz, seit dort ein kleiner neuer See entstanden ist. Viele Menschen im Dortmunder Osten haben ihn liebgewonnen, obwohl damit auch überflutete Spazierwege einhergehen. Die Entscheidung, ob man aktiv zum Erhalt des Gewässers beitragen will, haben Politik und Verwaltung vertagt. Was dabei nur am Rande thematisiert wird: Die Zukunft des Wickeder Waldsees ist auch mit einem Straßenbauprojekt verknüpft.
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Die jahrzehntealten Planungen zum Weiterbau der L663n/OWIIIa östlich der Asselner Straße ruhen zwar nach einem Beschluss des Rates, das Projekt für die laufende Legislaturperiode auszusetzen. Dem liegt die Projektpartnerschaft zwischen CDU und Grünen zugrunde – die Christdemokraten unterstützen die L663n zwar grundsätzlich, mussten für das Bündnis jedoch bis auf Weiteres Abstand davon nehmen. Seitdem hat die Straße im Rat keine Mehrheit mehr.
Kommunalwahl könnte neue Mehrheit für den Bau der L663n bringen
Nach der Kommunalwahl im kommenden Jahr könnte sich das aber wieder ändern. Zwar werden CDU und Grüne wohl mit einem gemeinsamen Kandidaten in den Wahlkampf gehen, um Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) nach fünf Jahren abzulösen. Je nach Ausgang der Wahl könnten sich aber neue Konstellationen ergeben – die CDU etwa zu ihrer alten Linie zurückkehren und der L663n wieder eine Mehrheit verschaffen.
Die Zeit bis zur Wahl würde eine andere Fraktion gerne nutzen, um den Wickeder Waldsee unter Naturschutz zu stellen. Das würde nicht nur dem Gewässer besonderen Schutz garantieren, sondern auch den Straßenbau an dieser Stelle erheblich erschweren.
Ein Blick in den Flächennutzungsplan zeigt die örtlichen Gegebenheiten: Das Naturschutzgebiet Wickeder Ostholz endet einige Meter nördlich der Baedekerstraße. Ein schmaler Bereich zwischen Naturschutzgebiet und Wohnbebauung an der Baedekerstraße gehört zum angrenzenden Landschaftsschutzgebiet. Ein Landschaftsschutzgebiet unterliegt weniger Nutzungsbeschränkungen – der Bau einer Straße ist darin grundsätzlich einfacher umzusetzen und die Trasse im Flächennutzungsplan auch bereits eingezeichnet.
Straße könnte im Naturschutzgebiet nicht gebaut werden
Genau in diesem schmalen Bereich hat sich allerdings der See gebildet. Heißt: Wird eines Tages die L663n gebaut, müsste der Wickeder Waldsee verschwinden.
Ein Antrag der Fraktion Die Linke Plus sieht unter anderem vor, die Erweiterung des Naturschutzgebietes zu prüfen. Dieser Antrag wurde bislang zurückgestellt – die Stadt zweifelt daran, dass die Wasserfläche dauerhaft besteht. Dem Umweltausschuss sagte Amtsleiter Uwe Rath im Juni, er gehe von einer „temporären Überstauung“ aus: „Es wird künftig ein wechselfeuchter Lebensraum erwartet, der zeitweise trocken, zeitweise aber auch wasserbespannt sein kann.“
Rath nahm aber auch Bezug auf den Flächennutzungsplan. Wegen der darin bereits vermerkten Trasse der L663n würde die Festsetzung eines Naturschutzgebietes der „raumordnerischen Zielfestlegung“ möglicherweise entgegenstehen.
Stadt Dortmund will Entwicklung am Wickeder Waldsee beobachten
Als dritten Punkt verwies der Leiter des Umweltamts auf „Rechte Dritter“, und meinte damit die Betreiber der unter dem See verlaufenden Ferngasleitung: „Eine dauerhafte Überstauung wäre mit den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Betriebes dieser Leitung nicht vereinbar.“ In diesem Punkt stehe die Stadt mit dem Netzbetreiber im Austausch.
Raths Vorschlag, die Situation am Wickeder Ostholz vorerst weiter zu beobachten und dem Umweltausschuss „zu gegebener Zeit“ einen Zwischenbericht vorzulegen, stimmte das Gremium zu. Ob vor der Kommunalwahl ein Beschluss gefasst wird, ist somit unklar – und dann werden die Karten auch in Sachen Straßenbau wieder neu gemischt.
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>>ENT- ODER BELASTUNG? STREIT UM L663N IN DORTMUND
Der Weiterbau der L663n zwischen Asselner Straße und Dortmunder Straße soll den Hellweg und somit auch die Ortskerne von Asseln und Wickede entlasten. Auch mehrere Gewerbegebiete sollen über diese Straße angebunden werden.
Jahrelang haben jedoch Anwohner und Naturschützer gegen das Projekt protestiert – sie wollen keine Lärmschutzwand vor ihren Gärten, bangen um Biodiversität sowie Aufenthaltsqualität in dem ländlichen Gebiet am Dortmunder Stadtrand.
Politisch unterstützen SPD, FDP und AfD den Straßenbau; Grüne und Linke lehnen ihn dagegen ab. Die CDU will die L663n ebenfalls, muss darauf aber als Zugeständnis an die Grünen für die Dauer der Legislaturperiode verzichten.