Dortmund. Die Stadt Dortmund greift in Schulstraßen gegen Elterntaxis durch – mit zeitlich begrenzten Fahrverboten. Bei Anwohnern sorgt dies für Verunsicherung.

Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 km/h, Halteverbotsschild, Zickzacklinie am Fahrbahnrand: Gleich mehrere Verkehrszeichen weisen „An der Margarethenkapelle“ darauf hin, dass hier Vorsicht geboten ist. Am Ende der Sackgasse liegt hinter einer schwer einsehbaren Kurve die Ostenberg-Grundschule, die von rund 300 Kindern besucht wird.

Gelbe Schuhabdrücke zeigen den sicheren Weg über den Bürgersteig, doch dieser endet an einem der ersten Grundstücke abrupt. Die Kleinen müssen die Straßenseite wechseln, wo die Farbspuren dann schließlich eine Treppe hinauf auf das Schulgelände in Dortmund-Barop führen.

Die Ostenberg-Grundschule liegt am Ende der Sackgasse in Dortmund-Barop. Gelbe Schuhabdrücke zeigen den Kindern den Weg.
Die Ostenberg-Grundschule liegt am Ende der Sackgasse in Dortmund-Barop. Gelbe Schuhabdrücke zeigen den Kindern den Weg. © Funke Medien NRW | Lisa Goedert

Stadt Dortmund erklärt bewohnte Sackgasse zur Schulstraße

Seit wenigen Wochen ergänzt ein neuer Hinweis den Schilderwald an der Straßeneinmündung: Kraftfahrzeuge verboten – werktags außer samstags 14.45-16.15 Uhr – Schule. Die Stadt Dortmund hat hier im Rahmen eines Pilotprojekts eine sogenannte „Schulstraße“ eingerichtet, in die zu bestimmten Tageszeiten niemand hineinfahren darf. Diese drastische Maßnahme soll Elterntaxis fernhalten, bedeutet jedoch auch Einschränkungen für Anrainer.

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Die rund ein Dutzend Anwohner „An der Margarethenkapelle“ sind leiderprobt. An Schultagen stauen sich die Elterntaxis in der Sackgasse, blockieren sich gegenseitig, halten und drehen rücksichtslos in Einfahrten oder gar mitten auf der Kreuzung, wie wir vor Ort erfahren. An BVB-Spieltagen nutzen außerdem Fußballfans das absolute Halteverbot gerne als Parkfläche.

Schulstraße in Dortmund kam „überraschend“

Dass sie nun vor der eigenen Haustür „bestraft“ werden könnten, kam überraschend. „Ich hätte mir gewünscht, dass man uns Anwohner miteinbezieht oder zumindest vorab informiert“, sagt ein Hausbesitzer, der anonym bleiben möchte. Stattdessen habe man sich selbst an die Behörden wenden müssen, um über die Auslegung des neuen Verbotsschildes aufgeklärt zu werden.

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Auf der Webseite dortmund.de heißt es zum Thema „Schulstraßen“ streng: „Von dem Einfahrtsverbot können Anwohnende nicht ausgenommen werden, da das Verkehrsrecht nur den Begriff des ‚Anliegers‘ mit der Beschilderung ‚Anlieger frei‘ kennt. Damit sind vereinfacht gesagt alle Menschen gemeint, die ein Anliegen in der Straße haben, darunter auch Eltern der Schüler*innen oder Besucher*innen.“ Auch am Tag nach der öffentlichkeitswirksamen Präsentation des Projektes (13.8.) gibt sich die Stadt unnachgiebig: „Die Sondergenehmigung darf nicht zur Regel werden“, so ein Sprecher auf Anfrage dieser Redaktion.

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„Supersondergenehmigung“ für Anrainer in Dortmund-Barop

Am Ende der Woche klingt das schon anders. Sedar Mutluer von der Straßenverkehrsbehörde klappert am Freitagmittag (16.8.) die einzelnen Häuser „An der Margarethenkapelle“ ab und fragt nach, ob Sondergenehmigungen benötigt werden. Von Anwohnern, die noch keine beantragt haben, lässt er sich die Autokennzeichen diktieren und will auf kurzem Dienstweg dafür sorgen, dass das entsprechende Dokument am Montag im Briefkasten landet.

„Das ist eine Supersondergenehmigung“ betont der Behördenmitarbeiter und erklärt, dass die Situation der Anwohner hier tatsächlich besonders schwierig sei. In der näheren Umgebung gebe es keinerlei Parkmöglichkeiten, auf die Anwohner im Sperrzeitraum ausweichen könnten, deshalb habe man beschlossen, dass allesamt Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung haben.

Die Schulstraße „An der Margarethenkapelle“ grenzt an die viel befahrene „An der Palmweide“, wo derzeit zudem eine Baustelle ist. Parkmöglichkeiten gibt es so gut wie keine.
Die Schulstraße „An der Margarethenkapelle“ grenzt an die viel befahrene „An der Palmweide“, wo derzeit zudem eine Baustelle ist. Parkmöglichkeiten gibt es so gut wie keine. © Funke Medien NRW | Lisa Goedert

„Das ist eine gute Lösung“, finden auch die Anwohner, die das Aussperren der Elterntaxis grundsätzlich begrüßen. Die allmorgendliche Situation sei für Kinder extrem gefährlich und auch für Erwachsene unübersichtlich. Allzu große Hoffnungen auf Besserung machen sie sich aber nicht. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das funktioniert. Alle bisherigen Versuche, die Elterntaxis fernzuhalten, sind gescheitert“, sagt eine Frau. Manche würden sogar durch Rot fahren, da ihnen die Wartezeit an der Baustelle am Straßeneingang zu lange wäre. Nach dem Abliefern des Kindes müssten viele ja schnell weiter zur Arbeit.

Worüber man sich in der Sackgasse offenbar einig ist: „Ordnungsamt hin und Hand aufhalten“ – schließlich würde sich nichts ändern, wenn es nicht ins Geld ginge. Der Verstoß gegen das Kfz-Verbot während der angegebenen Zeiten kostet 55 Euro. Zumindest in den ersten Wochen des Pilotprojekts soll regelmäßig kontrolliert werden. Ob das nachhaltig wirkt, bleib abzuwarten.

Studenten der TU Dortmund werten die mindestens sechsmonatige Testphase im Rahmen ihrer Masterarbeiten aus, befragen u.a. die Anwohner mehrfach zur Situation vor Ort. Letztere befürchten vor allem, dass es zu Schwierigkeiten bei bestellten Dienstleistungen etwa durch Pflege-, Essens- und Paketlieferdiensten kommen könnte.