Dortmund.. „Gottessegen“ bremst Autos aus: Ein sogenannter Tagesbruch aus früheren Zeiten der Zeche „Gottessegen“ ist Schuld an der Vollsperrung der Sauerlandlinie. Das Loch auf der A45 geht auf einen Kohlestollen zurück, der unter der Fahrbahn verläuft und der mit einer Kamera erforscht wird.
Wie Masern liegen die roten Punkte auf der Bergbaukarte rechts und links der A45 im Dortmunder Süden. Jeder Punkt steht für einen bekannten Tagesbruch - der letzte genau auf der Mittellinie der Autobahn. Das Landesoberbergamt kennt aufgrund vorliegender Karten die Beschaffenheit des Untergrundes.
„Es handelt sich um einen mittleren Tagesbruch“, berichtet Andreas Nörthen, der Leitende Bergdirektor. Die Auswirkungen auf dieser bedeutenden Nord-Süd-Achse seien allerdings gravierend. Da die betreffende Zeche, in deren Gebiet der Einsturz jetzt geschah, bis vor 50 Jahren noch betrieben wurde, gibt es gutes Kartenmaterial. Das erleichtert jetzt die Lokalisierung und Eingrenzung des Schadensgebietes. Als die Zeche in den 60-er Jahren geschlossen wurde, begann der Bau der Sauerlandlinie.
„In dem Bereich ist die Kohle oberflächennah abgebaut worden“, erklärt Nörthen. Das bedeutet, die Stollen reichen bis in eine Tiefe von höchstens 35 Metern. Wenn solch ein Stollen einstürzt, entstehen an der Oberfläche Löcher oder Trichter.
An der A45 zeigte sich oberflächlich ein fünf mal drei Meter großes Loch mit drei Metern Tiefe.
Standsicherheit nicht mehr gewährleistet
„Als auf der Autobahn festgestellt wurde, dass Hohlräume bestehen, wurde sofort die Reißleine gezogen und nach einer halben Stunde voll gesperrt“, so Nörthen. Eine sinnvolle Maßnahme, denn die Stollen verlaufen unter der kompletten Fahrbahn. „Die Standsicherheit ist nicht mehr gewährleistet.“ Und: „Die Hohlräume werden jetzt von der Montantechnologie verfüllt.“ Dazu wird Flüssigbeton in den Tagesbruch gepresst. Bis Mittwoch sollen an der A45 bereits mehr als 100 Tonnen Füllmaterial eingesetzt worden sein.
Die Bergbau-Experten wissen, dass auf der Zeche Gottessegen seit 1860 Kohle abgebaut wurde. An der betreffenden Stelle gibt es die Besonderheit, dass parallel auch noch Erz abgebaut wurde. Darauf deuten schon der Name des Flözes „Isenstein“ (Von Eisenstein) hin. Alles in diesem Fall genau kartographiert auf Original Unterlagen. 100 000 Grubenbilder liegen dem Landesoberbergamt in Dortmund vor.
Detaillierte Unterlagen
Nicht immer lägen so detaillierte Unterlagen wie jetzt im Dortmunder Süden vor. Bei älteren Stollen oder gar illegalem Abbau tappen auch die Experten im Dunkeln. „130 Meldungen über Tagesbrüche sind bei uns aus ganz NRW alleine im letzten Jahr eingegangen“, berichtet Nörthen. 80 davon seien auf bergbauliche Einstürze zurückzuführen. Das verwundert den Bergdirektor nicht weiter. 300 Jahre Bergbaugeschichte haben eben ihre Spuren hinterlassen.
Sie treten in Wäldern, aber wie im Fall eines Bochumer Wohngebietes oder aktuell mitten auf der Autobahn immer wieder mal unerwünscht in Erscheinung.
Wenn an der A 45 in Doppelschicht gearbeitet werde, könne der Tagesbruch tatsächlich in nur einer Woche verfüllt werden, schätzt Nörthen. Bei täglich 70 000 Fahrzeugen sei der ambitionierte Zeitplan auch nötig.