Dortmund.. Es gibt ein Schreckgespenst am Theater, das ähnlich schlimm ist wie eine Vorstellung, die ausfallen muss: die Bürokratie. Schauspieldirektor Kay Voges und Videokünstler Daniel Hengst haben mit dem Kurzfilm „Der Klöng ist kaputt“ ein satirisches Paradestück auf Irrsinn geschaffen.
Es gibt ein Schreckgespenst am Theater, das ähnlich schlimm ist wie eine Vorstellung, die ausfallen muss, oder ein Schauspieler, der plötzlich krank wird: die Bürokratie. Eine geänderte Verordnung lässt die Theaterleute jetzt allerdings so ächzen, dass der Paragraphendschungel kreativ verarbeitet werden musste: Schauspieldirektor Kay Voges und Videokünstler Daniel Hengst haben mit dem Kurzfilm „Der Klöng ist kaputt“ ein satirisches Paradestück auf bürokratischen Irrsinn geschaffen – der auch bestens in der Stadtverwaltung ankommt.
„Endlich macht mal jemand diesen Irrwitz öffentlich“, soll ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung in einem der vielen Briefe an Kay Voges geschrieben haben, die er nach Veröffentlichung des „Klöng“-Films im Internet zuhauf bekommen hat. Sie alle teilen das Empfinden des Schauspieldirektors: „Die Bürokratie ist unser täglicher Wahnsinn.“
Der sei noch viel schlimmer geworden durch die „Anlage 8“ – fast schon ein Schimpfwort für Voges. in der Anlage geht es um Vergabe und Beschaffung. Oder, wie es wörtlich im schönsten Beamtendeutsch heißt: „Handlungsanleitung für die Durchführung von freihändigen Vergaben in dezentraler Bearbeitungszuständigkeit der Fachbereiche.“
Die Crux für die Theatermitarbeiter: Während der bürokratische Apparat vorher erst bei einer deutlich höheren Summe anlief, beginnt der Bürokratenmarathon jetzt bei Anschaffungen ab 250 Euro.
Unter vier Augen
Zwölf Schritte müssen die Kreativen durchlaufen, um den „Preiswettbewerb“ korrekt nach den Vorgaben zu gestalten – um schließlich aus drei Angeboten das günstigste auszusuchen. „Wir müssen die Angebote geheim halten und den Umschlag unter vier Augen öffnen“, beschreibt Voges.
Der Schauspieldirektor kann nachvollziehen, dass Korruption unterbunden werden muss. „Niemand hier will Steuergelder zum Fenster rauswerfen“, sagt Voges. Das permanente Misstrauen aber ist ihm fremd. „Es geht doch um das Maß: Zwischen dem Geld, das für Kontrolle ausgegeben wird, und dem, was wir so einsparen, besteht ein Ungleichgewicht. Der Verwaltungsaufstand ist enorm gestiegen – unsere Mittel nicht.“
Gleiche Regeln wie Straßenverkehrsamt
Das Problem ist grundsätzlicher Natur: Das Theater muss sich als städtischer Betrieb an die gleichen Regeln halten, wie etwa das Straßenverkehrsamt – nur, dass dort gleichzeitig kreativ gearbeitet werden soll. „Die Stadt denkt nicht, wir haben ein Theater, sondern das ist das Amt 42. Aber wir arbeiten auch keine 37,5 Stunden pro Woche“, so Voges. „Für den kreativen Prozess ist so etwas tödlich“, sagt auch Videokünstler Daniel Hengst: Spontane Entscheidungen, wie sie bei Proben fallen können, würden so eingeschränkt. Voges etwa soll jetzt eine Bauprobe machen für den nächsten Oktober – damit die Angebote rechtzeitig eingeholt werden können. Seine Forderung: Das Prozedere erst bei Beschaffungen ab 1000 Euro einzuleiten – „das würde uns 2/3 der Zeit sparen.“
Übrigens: Der Klöng wurde bereits 10 000 Mal angesehen. Allerdings hat nicht jeder Humor bewiesen: Gerüchten zufolge soll ein Zuschauer erwogen haben, eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Voges zu erheben.