„Unabhängig zu sein, ist mir sehr wichtig“, sagt Irmgard Pärschke. Deshalb ist die 81-Jährige froh darüber, noch zu Hause zu wohnen. Obwohl sie nicht mehr alles alleine regeln kann und sie jetzt auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Das war vor kurzem noch nicht so.
Geändert hat sich alles vor einem Jahr, als Pärschke zu Hause die Treppe herunterstürzte. Zwölf Stunden lag sie da und konnte sich nicht bewegen, ihr Oberschenkelhals war gebrochen. Bis einer Nachbarin auffiel, dass morgens um 11 Uhr die Jalousien noch geschlossen waren. Die Nachbarin hatte zum Glück einen Schlüssel.
„Ich hatte um Hilfe gerufen, aber mich hat keiner gehört“, erzählt die 81-Jährige, die alleine lebt. „Da dachte ich mir, es wäre schön, wenn jemand da wäre.“ Heute sind viele Menschen für sie da. Dazu gehört auch Brigita Siegeler. Die 63-Jährige besucht Pärschke, leistet ihr Gesellschaft. Ehrenamtlich, im Rahmen des Seniorenbegleitservice der Stadt.
Nach dem Sturz änderte sich für Irmgard Pärschke alles. Bei den Untersuchungen wurde klar, dass die sportliche Frau, die es geliebt hat, wandern zu gehen und die im Turnverein aktiv war, unter Osteoporose leidet – einer erhöhten Anfälligkeit für Knochenbrücke. „Seitdem kann ich zum Beispiel nicht mehr alleine stehen“, erzählt die Scharnhorsterin.
„Ich traue mich nicht, alleine wegzugehen“
Deshalb hilft ihr der Pflegedienst dabei, dass sie sich unter anderem duschen kann. Die Nachbarin kauft einmal in der Woche für sie ein. Eine Freundin vom Turnverein hilft ihr bei der Wäsche. Ein Hausnotruf gibt Pärschke Sicherheit. Trotzdem verbringt die 81-Jährige noch viel Zeit alleine in ihren vier Wänden. „Ich traue mich nicht, alleine wegzugehen“, sagt Pärschke. Ihre Freundin machte die 81-Jährige deshalb auf den Ehrenamtlichen Seniorenbegleitservice der Stadt aufmerksam. 81 Ehrenamtliche kümmern sich im Stadtgebiet um insgesamt 102 Senioren. „Sie gehen zusammen spazieren, unterhalten sich oder die Ehrenamtlichen begleiten bei Arztterminen“, erklärt Udo Ohlenholz, der den Seniorenbesuchsdienst koordiniert.
Es sind jüngere Senioren, die älteren helfen. Das Durchschnittsalter der Ehrenamtlichen liegt bei 68 Jahren. „Da sie selbst schon im Seniorenalter sind, können sie sich gut hineinversetzen“, sagt Ohlenholz. Für die Ehrenamtlichen sei der Besuchsdienst eine Aufgabe, die ihnen Sinn gibt. Ganz nach dem Motto des Begleitservices: Gutes tun, tut gut.
Akt der Nächstenliebe
Brigita Siegeler, die Irmgard Pärschke besucht, hat früher in der häuslichen Altenpflege gearbeitet. „Mir hat das einfach Spaß gemacht“, sagt sie. Diese Art des Ehrenamt über den Beruf hinaus sei für sie eine Akt der Nächstenliebe.
„Sie könnte meine Tochter sein“, sagt Irmgard Pärschke lächelnd. Pärschkes Verwandte leben in Süddeutschland. „Ich möchte aber gerne hierbleiben, hier fühle ich mich wohl.“ Dabei helfen ihr jetzt auch die Gespräche mit Brigita Siegeler, die ebenso wie Pärschke das Wandern liebt. „Wir haben schon viele Erinnerungen ausgetauscht.“ An eine Zeit, in der die 81-Jährige noch alles allein stemmen konnte.