Altstadt. Die Initiative „Anatolpolitan“ zeichnet auf einer Karte nach, wo der türkischsprachige Schriftsteller Fakir Baykurt seine Romane spielen ließ.
Beim ersten Hinschauen glaubt man, eine etwas gestauchte und schematisierte Karte des Ruhrgebiets vor sich zu haben. Zahlreiche Textpassagen und Bildmotive im Stil von Piktogrammen erinnern an Wimmelbilder. Und genau wie diese Wimmelbilder will die eigenwillige Ruhrgebietskarte zu genauen Hinsehen und Entdecken einladen. Das Thema ist hier der türkischsprachige Schriftsteller Fakir Baykurt (1929 – 1999), der von 1979 bis zu seinem Tod in Duisburg lebte. Vorgestellt wurde die Karte im Internationalen Zentrum, wo sie als auffälliges Wandbild eine dauerhafte Heimat gefunden hat.
Der Schriftsteller Fakir Baykurt schrieb eine Duisburger Roman-Trilogie
„Baykurt war schon ein literarisches Schwergewicht, als er nach Duisburg kam“, ordnet die promovierte Turkistin Nesrin Tanç von der Initiative „Anatolpolitan“ die Bedeutung des Schriftstellers und Lehrers ein. Mit seiner Übersiedlung nach Duisburg rückte die türkischsprachige Gemeinde im Ruhrgebiet in den Mittelpunkt seiner Arbeit. Es entstand die Duisburger Roman-Trilogie „Hochöfen“, „Mächtiger Rhein“ und „Halbes Brot“, aber auch zahlreiche Kurzgeschichten und biografische Bände, die bislang noch nicht auf Deutsch erschienen sind.
Bei der Vorstellung der Karte erinnerte Marijo Terzic, Leiter des Kommunalen Integrationsbüros, daran, dass Baykurt auch städtischer Mitarbeiter im Internationalen Zentrum gewesen sei. Baykurts Texte hätten nicht nur die Lebensbedingungen der anatolischen Einwanderer gespiegelt, sie würden auch interessante Einblicke in die deutsche Mehrheitsgesellschaft ermöglichen, unterstrich Nesrin Tanç. Das Leben alleinerziehende Frauen in den 1970er Jahren habe er ebenso beschrieben wir den Generationskonflikt mit den oft noch vom Faschismus geprägten Eltern. Außerdem sei Baykurt sensibel gewesen für die inneren Konflikte und weltanschaulichen Differenzen der Einwanderer.
Karte mit stilisierten Motiven
Mit der Karte versucht die Initiative „Anatolpolitan“, eine literarische Spurensuche möglich zu machen. Sie beschreibt Handlangsorte, Figuren oder Situationen aus Baykurts Werken mit stilisierten Bildmotiven und kurzen deutschen und türkischen Texten. Ein Bergwerk in Castrop Rauxel ist da zu sehen, in dem Baykurt einen Arbeitskampf angesiedelt hat, irgendwo prangt dick der Name „Petra“ von einer seiner Figuren oder man entdeckt einen VW Golf der ersten Generation, den sich ein Protagonist gekauft hat.
Diese Literaturkarte, so Tanç, könne gut als Ausgangspunkt und Leitmotiv von Stadtführungen nicht nur in Duisburg dienen. Besonders angetan hat es ihr der Erzählband „Duisburg Treni (Der Zug nach Duisburg)“, der Menschen im Zug zwischen Dortmund und Duisburg beschreibt. Gerne würde „Anatolpolitan“ eine Führung mit dem Verkehrsverbund Rhein Ruhr entwickeln. „Schließlich beschreibt Baykurt in ‚Duisburg Treni‘ genau den Vorläufer der heutigen Linie S1.“