Dortmund/Kundus. Afghanistan verbinden die meisten Deutschen mit Taliban und Terror. Eine Polizei-Hauptkommissarin aus Dortmund sieht das von Krieg und Terror gezeichnete Land mit anderen Augen. Jasmin Dehmel war zehn Monate in Kundus stationiert. Nun ist sie zurück - und hat Fotos mitgebracht.

Zehn Monate lang war die Dortmunder Polizistin Jasmin Dehmel in Afghanistan. Nach ihrem Auslandseinsatz für die Polizei NRW in Kundus schätzt sie die "feinfühligen Menschen". Türöffner war in dem von Männern dominierten Alltag der Vorname der 36-Jährigen.

Immer dann, wenn sich die Polizistin aus Deutschland mit ihrem Vornamen vorstellte, löste sie bei den Afghanen im Trainings-Camp der Polizei in Kundus ein Kichern aus. Denn der Vorname "Jasmin" stammt aus dem Persischen - und steht, hoch angesiedelt, für die "Liebe". Akzeptanz-Probleme hatte die Frau aus Deutschland mit den blonden Haaren also nicht.

Jasmin Dehmel hat ihren Auslandseinsatz hinter sich und ist seit zwei Wochen wieder für das Dortmunder Präsidium "auf Streife". Lorenz Schnadt (54) steht der Auslandseinsatz in Afghanistan noch bevor. Der Polizeioberrat, der die Polizeiinspektion 1 leitet, leistet dort keine Aufbauarbeit und ist auch nicht in Kundus im Einsatz, sondern 170 Kilometer weiter westlich, in Masar-i-Sharif.

Polizei NRW zieht sich aus Afghanistan zurück

Dort leitet er ein Jahr lang in der "Abschmelzphase" eine Außenstelle - die Polizei NRW zieht sich aus dem Auslandseinsatz, um der Polizei in Afghanistan die volle Verantwortung zu übergeben. Für ihn eine "absolut reizvolle Aufgabe".

"Die Afghanen sind fröhliche, nette Leute. Und sie sind sehr feinfühlig. Wer ihnen mit Respekt begegnet, hat keine Probleme", sagt Jasmin Dehmel nach zehn Monaten über ihr persönliches und nicht von den Medien geprägte Afghanistan-Bild. "Man darf eben nicht einfach in dieses Land hineinpoltern." Den Menschen aufgeschlossen begegnen und zum richtigen Zeitpunkt zurückhaltend reagieren können - Tugenden, die auch im deutschen Polizeialltag enorm wichtig sind.

Auslandseinsatz war keine einfache Entscheidung

Es war der 3. September 2012, als Jasmin Dehmel nach einer "wegen der Risiken nicht einfachen Entscheidung" und einem 15 Stunden dauernden Flug in einem "Land fernab unserer Realität" landete. Intensiv hatte das Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei NRW sie auf den Einsatz in Afghanistan vorbereitet.

Zehn Monate lang war sie nicht, wie sechs Jahre zuvor, im Streifenwagen unterwegs, sondern lebte einkaserniert als Mitglied des "German Police Project Teams" in dem von der Bundeswehr gesicherten Camp bei Kundus, das sie aus Sicherheitsgründen nur selten verlassen durfte. Wenn doch, dann nur in gepanzerten Fahrzeugen und mit dicken schusssicheren Westen.

Spannende und aufregende Arbeit

"Die Arbeit war spannend, aufregend und intensiv", sagt die 36-Jährige über die Arbeit. Einen Offizier unterstützte sie beim Aufbau eines Trainingszentrums für 480 Polizeischüler. Der Alltag der afghanischen Polizei unterscheidet sich vom Polizeiberuf in Deutschland deutlich. An den vielen Kontrollstellen in den Städten lauert ständig die Gefahr eines Bombenanschlags.

Eine Gefahr erkennen, verdächtige Personen identifizieren und festnehmen - über zehn Jahre nach dem Ende ihrer eigenen Ausbildung konnte Jasmin Dehmel viel Wissen weitergeben. Afghanistan hat sie nicht verlassen, ohne selbst dazu gelernt zu haben. Bei den Fahrten im Panzerwagen sah sie viele bitterarme Menschen. "Ich habe erkannt, dass ich in meinen Leben sehr viel Glück habe."