Dortmund. Einem betrunkenen Touristen wird das Smartphone geklaut. Erst hat er keine Ahnung, wer es ihm abgenommen hat. Bis das Handy anfängt, ihm Fotos von einem Unbekannten zu schicken. Die Dortmunder Polizei freut sich über die mitgelieferten Daten und sucht den mutmaßlichen Dieb.
Smartphones sind bei Dieben begehrt und sollten nicht unbeaufsichtigt aufbewahrt werden. Ein niederländischer Tourist musste nun in der Dortmunder Nordstadt die unangenehme Erfahrung machen. Als der Mann aufwachte, war sein Handy weg. Doch dann geschah etwas Unerwartetes: Das Smartphone lud Selfies des mutmaßlichen Diebes in die Datenwolke des Opfers.
Die Polizei Dortmund freut sich über die vom mutmaßlichen Täter unfreiwillig hinterlassenen Hinweise und hat die Ermittlungen aufgenommen.
Wie kam es zum Diebstahl?
Eigentlich gehört das Handy dem Amsterdamer Werbeentwickler Bastiaan van der Staay. Der 50-Jährige ist am vergangenen Samstag als Tourist in Dortmund unterwegs. Ein Bummel durch die Innenstadt, ein Besuch beim Vegan Street Day, dann etwas essen - das ist der Plan von van der Staay und seiner Frau.
Doch dann schmeckt das Bier zu gut, dazu kommen Wein und Wodka. "Ich habe zu viel getrunken", erinnert sich der 50-jährige Niederländer. Gegen 23.30 Uhr lieferte van der Staay seine Frau in ihrem Hotel in der City ab, er wollte noch auf eine Party ins Dortmunder U. Ob er dort ankam und was er da gemacht hat, weiß er nicht mehr.
"Ich hatte einen Filmriss." Als er sich Sonntag um 5.30 Uhr auf einem Bürgersteig nahe der Agentur für Arbeit wiederfindet, weiß er nicht, was er in den letzten sechs Stunden gemacht hat. Sein iPhone fehlt, die Brieftasche auch.
Warum schickte das Handy van der Staay die Bilder zu?
Er hat auf seinem Smartphone eine App installiert, mit dem er aus der Ferne sein Telefon sperren und alle gespeicherten Daten löschen kann. Als er sich am Sonntagnachmittag von seinem Tablet-Computer einwählt, überträgt das Handy automatisch die zuletzt aufgenommenen Bilder. Außerdem spuckt die App den Standort des Handys aus. Es befindet sich zu dem Zeitpunkt in der Hochlarmarkstraße in Recklinghausen.
Was ist auf den Bildern zu sehen?
Zwischen dem Zeitpunkt, an dem das Handy gestohlen wurde und seiner Sperrung am Sonntagnachmittag nutzt ein junger Mann es ziemlich exzessiv, um Fotos von sich und seiner Umgebung zu machen. Es wirkt, als hätte hier ein Teenager das erste Mal ein Smartphone in der Hand. Er probiert es aus - an einer Tankstelle, vor einem Straßenzug, in dem ein Auto mit Dortmunder Kennzeichen geparkt ist, in einer Art Wartehalle. Auf einem Bild ist eine Frau mittleren Alters zu sehen. Sie blickt verdutzt in die Kamera.
Weitere Motive: ein behaartes Bein und ein Computer-Bildschirm, auf dem ein Passwort steht. Außerdem ist er offensichtlich mit mindestens einem anderen Menschen unterwegs. Zwei Fotos sind keine Selfies, sondern eindeutig von einer zweiten Person aufgenommen worden.
Was sagt die Polizei dazu?
Van der Staay hat bei der Polizei Dortmund Anzeige wegen Diebstahls erstattet. Er hat die Ortung und die Bilder nun an die Polizei weitergeleitet - eine Hilfe für die Ermittler, die sich mit der Verbreitung von Ortungsprogrammen in jüngster Zeit häufiger beschäftigen, so Polizeisprecher Oliver Peiler. "Das erleichtert uns natürlich die Fahndung." Man bekomme so Ermittlungsansätze, die früher nicht denkbar waren.
Bei den Diebstahl-Opfern wachse dadurch jedoch auch die Erwartungshaltung: Warum holt die Polizei nicht mal schnell mein Handy, ich hab‘ es doch geortet? Peiler: "Wir können nicht einfach in eine Wohnung hineinstürmen, wir brauchen einen richterlichen Beschluss."
Werden die Bilder auch einmal unverpixelt gezeigt?
Das entscheidet ein Richter. Er muss eine Öffentlichkeitsfahndung genehmigen, damit die Polizei die hochauflösenden Bilder veröffentlichen darf. Vorerst werden sie polizeiintern zirkulieren. Vielleicht kennt einer der Beamten den Mann ja aus früheren Fällen.
Der Mann, der auf den Fotos zu sehen ist, ist nicht zwingend der Täter. Es könnte sich auch um jemanden handeln, der das Handy gekauft oder gefunden hat.