Dortmund.. Fan-Vertreter aus ganz Deutschland haben sich zu einem Kongress in Berlin getroffen. Thema war die Sicherheit im Fußball. Die Fans kamen zu dem Schluss, dass Prävention wichtiger ist als drastische Strafen. Sie wollen die Verbände in die Pflicht nehmen und fordern Solidarität.
Nur einen Tag nach den negativ-eindrucksvollen Bildern, die randalierende Fans beim Pokalspiel zwischen Hannover 96 und Dynamo Dresden produzierten, trafen sich 250 Fan-Vertreter von 48 Vereinen in Berlin zu einem Gipfel, um über Sicherheit im Fußball zu diskutieren.
Geeint waren die Fans in ihrer Ablehnung des Konzepts „Sicheres Stadionerlebnis“, mit dem die Deutsche Fußball-Liga (DFL) dieses komplexe Thema angehen will. In dem Konzept ist viel von Strafen die Rede und wenig von Prävention. Genau das kritisierten auch die Fans und forderten von den Verbänden DFB und DFL die Bildung einer Solidargemeinschaft mit den Fans. In einer zum Teil äußerst hitzig geführten Diskussion mit dem DFL-Justiziar Jürgen Paepke zerpflückten die Fan-Vertreter das Konzept.
„Fußball lebt von den Vereinen, die ihn betreiben, von den Verbänden, die ihn organisieren und vermarkten und den Fans, die ihn lieben und zu einem emotionalen Kulturgut machen“, heißt es in der Abschlusserklärung des Fan-Gipfels. An DFB und DFL geht die Aufforderung, das Phänomen der Gewalt im Fußball „unabhängig und differenziert untersuchen zu lassen“.
Bekenntnis zu Gewaltfreiheit
In ihrer Erklärung bekennen sich die Fan-Vertreter zur Gewaltfreiheit. „Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung im Zusammenhang mit Fußballspielen lehnt der Fan-Gipfel selbstverständlich sowohl innerhalb als auch außerhalb von Fußballstadien strikt ab“, so die Erklärung. Wer gegen geltendes Recht verstoße, müsse auch nach geltendem Recht bestraft werden. Der Fußball brauche „kein Parallelstrafrecht und keine Kollektivstrafen“. Damit beziehen sich die Fans zum einen auf Forderungen von Polizei-Gewerkschaftern, die nach speziellen Fußball-Staatsanwälten rufen. Zum anderen verurteilen die Fans die im DFL-Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ angeregten Strafen wie etwa verkleinerte Kontingente für Gästefans oder strengere Einlasskontrollen bis hin zum vollständigen Entkleiden.
FußballNicht die normalen Fans vergraulen
"Solche Szenarien schrecken die normalen Fans nur ab", warnt Jan-Henrik Gruszecki, der als Vertreter der Fans von Borussia Dortmund am Gipfel teilgenommen hat, Die Gefahr sei, dass man durch strenge Restriktionen harmlose Fans und Familienväter aus den Stadien vertreibe. "Wir brauchen aber soziale Kontrolle in den Stadien", so Gruszecki. Denn die Chaoten ließen sich nicht durch strenge Kontrollen vom Stadionbesuch abhalten.
Die Vereine werden von den Fans aufgefordert, verstärkt in den Dialog mit den Fans zu treten und die präventive Arbeit zu verstärken. Polizei, Fans und Politik sollten ebenfalls mehr Dialogbereitschaft zeigen und nicht „vermeintliche Solidarität/Corpsgeist über Recht, Verein bzw. Vernunft“ stellen. Gerade im Punkt Kommunikation schöpft Gruszecki Hoffnung: "Ich glaube, wir haben in Berlin den Neubeginn der Kommunikation erlebt. Es wird Zeit, dass miteinander geredet wird, statt übereinander."
Politik soll Fußball nicht als Wahlkampf-Thema missbrauchen
In einem Appell an die Politik verlangen die Fans in ihrer Erklärung, dass der Fußball nicht als Wahlkampfthema missbraucht werden dürfe. Oftmals diene der Fußball als Sündenbock für Versäumnisse der Politik. Kürzungen bei öffentlichen Angeboten für Kinder und Jugendliche sowie Stellenstreichungen bei der Polizei führten zu Auswirkungen, unter denen auch der Fußball leide. Drohkulissen gegenüber Fußball-Fans seien lediglich eine Verlagerung der Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Probleme auf den Fußball.