Dortmund. Kunst zwischen Bier und Zigaretten: Designkioske im Ruhrgebiet bieten zum Kulturhauptstadt-Jahr ungewöhnliche Kreationen an. Normalerweise verkauft Kai Jäger in seinem Büdchen nahe Dortmunds U-Turm Getränke, Süßes oder Tabak. Ab Sonntag rüstet er seine Bude für die Kulturhaupstadt um.
In dem kleinen Hinterhof von Kioskbetreiber Kai Jäger können die Gäste auch sitzen und einen Kaffee oder ein Bier trinken. Ab dem 2. Mai wird sein Kiosk für 100 Tage zu einem "Designkiosk". Der 37-jährige Dortmunder betreibt eines von 30 Büdchen, das anlässlich des Kulturhauptstadt-Jahres handgemachte Gebrauchsgegenstände von 30 europäischen Designern anbietet.
Zum Thema "Design" hat Jäger bislang keine besondere Affinität - immerhin kennt er aber einige Mitarbeiter aus der nahe gelegenen Agentur "Heimatdesign", die regelmäßig bei ihm einkaufen. Über einen Bekannten kam er in Kontakt mit dem Projekt. "Wir wollen jungen Künstlern helfen, auf die Sprünge zu kommen", sagt Jäger. Nun bietet er eine Geldbörse aus irischem Leinen sowie weitere Produkte der britischen Designerin Teresa Cole an. Auch Werkstücke der übrigen beteiligten Designer sind bei Jäger zu haben.
Wie reagieren die Kunden?
Der 37-Jährige ist gespannt, wie seine Kundschaft auf die angebotenen Designstücke reagiert. "Einige Kunden haben sogar schon nach den Stücken gefragt", erzählt Mitarbeiterin Ivonne Siebert. Auf einer Tafel wird die gesamte Designedition gezeigt, die in den Kiosken zu haben ist. Das Angebot reicht von praktischen Objekten bis zu hin zu Skurrilem oder Produkten mit dem besonderen Ruhr-Flair.
Da gibt es zum Beispiel den Anhänger aus Kohle und Blattgold der Hagener Goldschmiedin Ursula Achten. "Das Stück wird besonders oft nachgefragt", sagt Projektautor Sigurd Christian Evers. Evers hat die Kioske für den Designverkauf fit gemacht. Mit dem Flair der Region spielen auch die beiden "Pottlappen", die Barbara Lange aus Essen aus Grubenhandtüchern hergestellt hat.
Wie eine Voodoo-Puppe
Eher skurril wirkt dagegen der einer Voodoo-Puppe nachempfundene Zahnstocherhalter von Giorigo Campana aus Italien. Und Ruhrsteine als Wegwerfprodukt bieten Fabian Baumann und Sönke Hoof aus Berlin an. Fünf Steinimitate aus Beton sind für 19,90 Euro zu haben. Der Käufer kann sie dann übers Wasser der Ruhr ditschen lassen.
Keines der in den Designkiosken angebotenen Produkte kostet mehr als 20 Euro - jedes soll durch individuelle Gestaltung überzeugen. "Das sind keine Massenprodukte", betont Projektautor Sievers.
30 Büdchen im Ruhrgebiet
Die beteiligten Büdchen finden sich unter anderem in Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Hagen und Oberhausen. Die Kioske liegen über das gesamte Ruhrgebiet an prägnanten Punkten verteilt - so wie der Kiosk von Kai Jäger, der sich gleich neben dem Dortmunder U befindet. "Wer die Kioske anfährt, lernt so gleich das Revier kennen", erklärt Sievers. Zudem wird ein von den Studenten der Technischen Universität Dortmund gestalteter mobiler Designkiosk durch das Ruhrgebiet touren. Das Mobil soll alle Produkte anbieten und auf verschiedenen Veranstaltungen des Kulturhauptstadt-Jahres vertreten sein.
Das Interesse an der ungewöhnlichen Darstellungs- und Verkaufsaktion war im Vorfeld groß. Mehr als 200 Designer hatten sich mit ihren Arbeiten beworben. Eine Jury wählte die 30 besten Bewerbungen aus.
"Wir wollten mit dem Projekt die Büdchen als Ort der Designvermarktung erschließen", erklärt Sievers. Überdies sei der Kiosk ein Stück gelebte Ruhrgebietskultur, die den Besuchern des Kulturhauptstadt-Jahres vorgeführt werden soll. "Wir hoffen, dass sich aus dieser Begegnung von alltäglicher Lebenswelt und Design etwas entwickelt", sagt er. Hier kommt der Besucher eben schnell mit anderen Menschen ins Gespräch - und sei es nur über Sinn oder Unsinn der neuesten Designkreation. (ddp)