Dortmund.
Es hört sich schon etwas komisch an, wenn Christoph Teigeler, Juniorchef eines Reifenhandels, rät: „Bestellen Sie Ihre Sommerreifen zeitig. Sonst könnte es sein, dass sie keinen mehr kriegen.“ Doch Teigeler scherzt nicht. Sein Winterreifen-Lager ist fast blank. Nicht jede gewünschte Größe ist mehr verfügbar. Und 2011 droht seit Jahrzehnten erstmals ein Mangel an Sommerreifen in Deutschland.
Teigeler bestellt, wie die meisten Reifenhändler der Republik bereits die Sommerreifen - und er bestellt mehr als er eigentlich benötigt. Die Zeiten, in denen die Hersteller alles liefern, was bestellt wurde, sind vorbei. Auch Reiner Solecki, der einen zwei-Mann-Reifenbetrieb (ehemals Reifen Wassum) in Dortmund-Wambel betreibt, machte ähnliche Erfahrungen in diesem Winter, wie er der WAZ verriet.
Nachdem der Bundesverkehrsminister Ende 2010 die Winterreifenpflicht gesetzlich präzisierte, überrollte eine Auftragswelle die heimischen Händler. Christoph Teigeler: „Handwerker, die sich sonst ganzjährig mit Sommerreifen im Dortmunder Flachland bewegten, stürmten unsere Werkstatt.“ Teilweise verlangten Großhändler für einen Transporter-Winterreifen, der normalerweise mit Montage 130 Euro kostet, unverschämte 300 Euro. Teigeler: „Da machen wir nicht mit.“
Dass die Dortmunder Verhältnisse keine Ausnahmen sind, bestätigt der WAZ Peter Hülzer, geschäftsführender Vorsitzender des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.. Der Verband vertritt rund 80 Prozent der deutschen Reifenhändler. Die Lage habe sich bei Winterreifen„mittlerweile entspannt“, auch weil einige - aber nicht alle - Hersteller länger als geplant Winterreifen produzierten. Normalerweise werden ab November die Sommerreifen fürs nächste Jahr gefertigt. Viele Autofahrer griffen in ihrer Not zur Alternative Ganzjahresreifen.
„Für 2011 müssen wird mit einer Sommerreifenverfügbarkeitsproblematik rechnen“, umschreibt Peter Hülzer den absehbaren Mangel dezent. 25,9 Mio Winterreifen seien 2010 verkauft worden, rund sechs Prozent mehr als im Vorjahr.
Der erwartete Engpass bei Sommerreifen, die mit Sicherheit teurer werden als 2010, hat viele Gründe, Dazu gehört die lange Produktionszeit für Winterreifen und grundsätzlich knappe Produktionskapazitäten. Großhändler räumten ihre Lager, könnten so keine Reserven anbieten. „Chinas saugt alles auf“, nennt Hülzer einen weiteren Grund. China benötigt mindestens zehnmal mehr Autoreifen im Jahr als Deutschland. Um 70 Prozent stiegen die Preise für Kautschuk 2009; Missernten nach Überschwemmungen drohen in Indonesien und Malaysia.