Dortmund.. Mit sehr viel Charme und der Weisheit der Beziehungsseiten einer Frauenzeitschrift, gepaart mit medizinischem Fachwissen: Dr. Eckart von Hirschhausen hat mit seinem neuen Programm „Liebesbeweise“ das Publikum in der Westfallenhalle in Dortmund schnell auf seiner Seite.

Es läuft „Dein ist mein ganzes Herz“ in der kargen Westfalenhalle 3 A, dann Marianne Rosenbergs Hit „Er gehört zu mir“. Auf der Bühne ein Klavier am Strand. Kleine Kärtchen hängen an den Stühlen. Auf der eine Seite steht die Aufforderung, den schlimmsten Satz aus einem Streit aufzuschreiben, auf der anderen Seite wird der Zuschauer ermuntert, den schönsten Liebesbeweis, den er je erlebt hat, zu erzählen. Dr. Eckart von Hirschhausen will sein Publikum kennenlernen und ihm zeigen, was in ihnen steckt. „Mein Name ist Dr. Eckart von Hirschhausen, ich bin Arzt und ich möchte Sie gut behandeln“.

Dafür verlässt der Mediziner, der den Arztkittel zugunsten eines eleganten Anzugs abgelegt hat, auch gern die Bühne und lässt seinen Pianisten Christoph Reuter auf dieser allein. Im Publikum fragt er nach „Kollegen“, um eine Lanze für die Allgemeinmedizin zu brechen und doch etwas zu naheliegende Anästhesisten-Witze nonchalant zu erzählen. „Anästhesisten machen sich unbeliebt, wenn sie Arbeit mit nach Hause nehmen“.

Er ruft die Gruppentherapie vor der auf Anhieb begeisterten, ausverkauften Halle aus und widmet sich der Liebe. Wer verliebt ist, wird nicht krank und wer sich geliebt fühlt, bekommt nachweislich seltener einen Herzinfarkt. Soweit zu der medizinischen Statistik, die Hirschausen erklärt. Seine Analyse, was zu einer guten Beziehung gehört, könnte auch in einem niveauvollen Dossier der Frauenzeitschrift „Brigitte“ stehen – und wird von ihm doch so charmant, besonnen und nah am Beziehungsalltag präsentiert, dass es gar nicht möglich ist, es ihm übel zu nehmen, dass er nicht den beziehungs-medizinischen Stein der Weisen entdeckt hat.

Und singen kann er auch noch

Und er zeigt jenseits der publikumswirksamen Erläuterung medizinischer Zusammenhänge noch weitere Talente: Hirschhausen kann singen! Gemeinsam mit seinem Pianisten Christoph Reuter analysiert er singend den Sinn und Unsinn von Liebesliedern und gibt sogar Selbstgeschriebenes zum Besten. „Warum gibt es immer nur Lieder über den Anfang und das Ende einer Beziehung und nie über die Mitte?“, fragt er und besingt die Marktlücke - ein Lied über den Wert von Beständigkeit.

Ganz so pragmatisch wie der Philosoph Immanuel Kant, den er zitiert: „Die Ehe ist ein Gesellschaftsvertrag zur gegenseitigen Nutzung der Geschlechtsorgane“, sieht er es nicht. Und doch plädiert er dafür, Dinge auszuhandeln. Es gehe um Schnittmengen bei Interessen und Zielen. Und so gibt er den Rat des ältesten Paares aus dem Publikum gerne weiter: „Manchmal reicht es, einen zweiten Fernseher anzuschaffen“. Werdet Freunde und erhaltet euch einen Teil der anfänglichen Leidenschaft, so der Rat des Arztes.

Die männlichen Schwächen

Die Frauen hat er schon lange auf seiner Seite, als er die männlichen Schwächen analysiert - die bedingt sind durch ein Chromosomen-Beinchen weniger: „Frauen haben ein Doppel-X, Männer X-Y. Man(n) wird zum Mann durch Mangel an Informationen“. Er erklärt die Entstehungsgeschichte von Viagra, das einst als Herzmedikament gestartet hatte. “Wenn ein Organ verstopft ist, ist es dem Gefäß egal, welches Organ auf das Gefäß folgt“.

Kurz vor Schluss ist er wieder da, wo er schon am Anfang war - bei seinem Publikum und ihren Beziehungserfahrungen. Er liest die größten Gemeinheiten der Streitkarten, die die Zuschauer ausgefüllt hatten, vor und gibt einen sehr naheliegenden, und doch klugen Rat. „Bei einem Streit sollte man Abstand nehmen. Sagen: Okay, wir sind uns einig, dass wir uns darüber uneinig sind. Wir legen das Thema jetzt weg und reden morgen noch mal darüber.“ Bei den Liebesweisen ist die Westfalenhalle ganz Dortmund. Geliebt werden neben den Kindern und den Heiratsanträgen vor allem der BVB. „21 Jahre echte Liebe - in guten wie in schlechten Zeiten“ liest er von einer der Karten ab.

Keine Fehlkonstruktion - eine Sonderanfertigung

Zuletzt wird es dunkler auf der Bühne und Hirschhausen erzählt die wohl schönste Geschichte des Abends anhand eines Spielzeugpinguins. Kurze Beine, plump, flugunfähig trotz Flügeln. Und doch: Ist er in seinem Element, dem Wasser, wird er unheimlich schnell und elegant. „Man sollte nicht versuchen, jemand anderes zu sein, als man ist“, sagt Hirschhausen, „denn von den Anderen, von denen gibt es schon genug“. Nur wer mit sich selbst zufrieden ist, kann auch mit anderen glücklich werden, so die schlichte Weisheit des Kabarettisten. Ein Gast von einem der Abende vorher brachte es auf einer der Karten auf den Punkt: „Für alle anderen warst Du eine Fehlkonstruktion, für mich bist Du eine Sonderanfertigung“.