Dortmund.. Das Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund hat einen Weltrekord bei der Herstellung von möglichen Wirkstoffen gegen Krebs aufgestellt.

Das Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund konnte in einem Arbeitsschritt zwölf Reaktionen durchführen, um Stoffe zu erhalten, die die Zellteilung bei Tumoren stoppen.

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund haben nun einen neuen Rekord in der sogenannten Kaskadensynthese aufgestellt. „Mit Hilfe von Reaktionskaskaden können neue Wirkstoffe schnell und effizient hergestellt werden“, berichtet Institutsdirektor Prof. Dr. Herbert Waldmann. Einmal in Gang gesetzt, führen sie über die längste bekannte Reihe von Zwischenschritten in einem einzigen Reaktionsgefäß zum gewünschten Endprodukt.

Über zwölf Zwischenschritte synthetisierten sie komplexe, biologisch aktive Substanzen, die Centrocountine. Diese Stoffe hemmen die Zellteilung und könnten neue Wege für die Entwicklung von Anti-Tumorwirkstoffen weisen.

Die Herstellung von komplexen Molekülen ist oft mühsam und zeitraubend: Dafür müssen Chemiker meist viele Einzelschritte hintereinander ausführen und dabei jedes Mal die Zwischenstufen isolieren, bis sie schließlich die gewünschten Stoffe erhalten. Reaktionskaskaden führen dagegen wesentlich schneller zum Ziel: Da sie in einer Art Domino-Effekt ablaufen, genügt es, die Ausgangssubstanzen bereitzustellen und den ersten Schritt anzustoßen, um über eine Reihe von Zwischenstufen zum Endprodukt zu gelangen.

Weil die gesamte Kaskade in einem einzigen Reaktionsgefäß abläuft, entfällt die Isolation von Zwischenprodukten, und das Verfahren spart Zeit, Energie und Kosten.

Reaktionskaskade

Einem Team von Wissenschaftlern um Prof. Dr.Herbert Waldmann, Direktor am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, ist es nun gelungen, die längste bisher bekannte Reaktionskaskade zu entwickeln. Die Forscher synthetisierten damit biologisch aktive Wirkstoffe – komplex aufgebaute Moleküle, die in die Zellteilung eingreifen und dadurch Tumorzellen in den zellulären Selbstmord treiben.

„Eine Reaktionskaskade dieser Länge ist momentan Weltrekord“, sagt Dr. Kamal Kumar, Wissenschaftler am Dortmunder Max-Planck-Institut, der maßgeblich an der Entwicklung der Synthese beteiligt war. Die Reaktion startet mit einfachen Tryptamin-Verbindungen und verläuft in zwölf Schritten über neun verschiedene Einzelreaktionen, an denen zwei unterschiedliche Katalysemechanismen beteiligt sind. Die gesamte Reaktion läuft in zehn bis 30 Minuten ab. „Die Herstellung von Molekülen dieser Komplexität dauert mit herkömmlichen Methoden mindestens Tage, wenn nicht sogar Wochen“, sagt Kamal Kumar.

Wie Tests an Zellkulturen ergaben, teilten sich mit den neuen Wirkstoffen Centrocountinen behandelte Zellen nicht in zwei, sondern in drei oder mehr Tochterzellen, die daraufhin nicht mehr weiter lebensfähig waren. Die Chromosomen können sich nicht richtig orientieren, und der Teilungszyklus kommt zum Stillstand. Die so entstandenen Tochterzellen sind also nicht lebensfähig.

Vielversprechend

Aufgrund ihrer Schlüsselfunktion bei der Zellteilung gelten zwei Proteine als potenzielle Zielmoleküle für die Krebstherapie. „Einen Wirkstoff, der diese beiden Proteine bindet, gab es bisher noch nicht“, sagt Dr. Slava Ziegler, Wissenschaftlerin am Dortmunder Max-Planck-Institut, die bei der Identifizierung der Zielproteine führend beteiligt war. Die neuen Centrocountine sind daher ein vielversprechender Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Tumortherapien, hoffen die MPI-Forscher.