Düsseldorf.. Die Kita-Anmeldung gleicht oft einem Marathon. 20 Wunsch-Kindergärten, 20 Wartelisten, 20 Termine. In Düsseldorf ist das anders: Der “Kita-Navigator“ bündelt die Anmeldung und zeigt der Stadt, wie hoch der Platz-Bedarf wirklich ist. Aber warum lehnen andere Städte das praktische Zentral-System ab?
Mit der Geburt des Kindes fängt für Eltern der Marathon an. Nicht nur durch den Alltag, sondern vor allem von Kita zu Kita: Denn ein zentrales Anmeldesystem gibt's meist nicht. Stattdessen müssen Eltern ihren Spross in jeder Einrichtung einzeln anmelden — oft mehrfach, um höhere Chancen auf einen Platz zu haben.
In Düsseldorf können sich Eltern das nervenzehrende Rumgerenne sparen. Seit zweieinhalb Jahren gibt es hier den "Kita-Navigator", ein zentrales Vormerk-System für alle 340 Kindertageseinrichtungen der Stadt.
Und so funktioniert's: Eltern können sich online ihre "Wunsch-Kitas" aussuchen und ihr Kind ganz unbürokratisch vormerken lassen. Such-Kriterien können Wohnortnähe, Träger, spezielle Angebote oder pädagogische Ausrichtung sein. Die Vormerkung ist aber noch keine Anmeldung. Die Kitas entscheiden (wie überall) selbst über eine Aufnahme des Kindes. Sobald ein Platz frei ist, müssen sich die Eltern entscheiden, ob sie ihn annehmen — und sich dann hochoffiziell in der Kita selbst anmelden.
"Versorgtes" Kind wird automatisch von Wartelisten gestrichen
Der große Vorteil: "Sobald das Kind versorgt ist, wird es aus dem Vormerkungssystem gestrichen", erklärt Düsseldorfs Jugenddezernent Burkhard Hintzsche. Das passiert in anderen Städte ohne Zentralsystem nicht. "Für uns als Stadt bedeutet das: Wir kennen den genauen Bedarf an Plätzen, erkennen die Wünsche der Eltern und können frühzeitig gegensteuern."
Der Kita-Navigator ist also nicht nur praktisch für Eltern, sondern hilft auch der Stadt Düsseldorf bei der Planung. Dank des Systems weiß das Jugendamt genau: Zum Kindergartenjahr 2013/14 lag die Quote der vorhandenen U3-Plätze bei 38 Prozent — aber 53 Prozent der Eltern wollten einen Platz. "Heute liegt unsere Quote bei 40 Prozent, Tendenz steigend", erklärt Hintzsche.
Kita-Navigator ermöglicht exakte Bedarfplanung
Eine solch exakte Bedarfsplanung sei in anderen Kommunen kaum möglich. Dort bleiben Kinder, die einen Platz bekommen haben, auf den Wartelisten der anderen Kitas als "Karteileichen" hängen. Die Betreuungsquote kann dort nur eine grobe Schätzung sein.
Ein weiterer simpler Vorteil des Düsseldorfer Modells: die schnelle Kommunikation mit allen Eltern. "Wir können schnell den direkten Kontakt herstellen", so Hintzsche. Wer keinen Platz ergattern konnte, wird nicht bloß mit einer Absage abgespeist. "Wir haben auch schon Versammlungen in den Stadtteilen organisiert und den Eltern dort Krabbelgruppen angeboten." Die meisten Eltern seien so zufriedenzustellen gewesen. "Wir hatten bislang keine einzige Klage um einen U3-Platz."
Andere Städte nehmen die Idee aus Düsseldorf auf
Jetzt ziehen andere Städte nach. Anfragen gebe es zuhauf, so Hintzsche. Aus Essen, Mönchengladbach, Meerbusch und Neuss, aus Münster Hamm und Paderborn, aus Saarbrücken, Mannheim und Wiesbaden. Und viele dieser Städte planen fest mit der Einführung des Kita-Navigators (oder zumindest eines ähnliches Systems).
Aber was hält andere Städte davon ab, das Zentralsystem einzuführen — wenn die Vorteile doch auf der Hand liegen? Jugenddezernent Hintzsche kann nur mutmaßen. Womöglich liege es an der mangelnden Kooperationsbereitschaft der verschiedenen Träger, meint er. Denn die müssen bereit sein mitzuhelfen. Auch die hohe Transparenz könne ein Hinderungsgrund sein: Plötzlich lägen Zahlen über Betreuungsquote und eigentlichen Bedarf offen.
Das planen Essen, Dortmund und Bochum
Auch Essen plant ein online-basiertes System wie den Kita-Navigator, aber beschlossene Sache ist das noch nicht. Die Verwaltung muss erst die Kosten absegnen. Denn: Die Einrichtung eines zentralen Anmeldesystems koste rund 65.000 Euro, erklärt Jugendamtssprecher Peter Herzogenrath. Die laufenden Kosten schlagen jedes Jahr mit 30.000 Euro zu Buche. Nicht wenig Geld für eine Stadt, die in der Haushaltssperre steckt.
Die Stadt Essen erhofft sich vom Kita-Navigator nicht nur mehr Bürgerfreundlichkeit, sondern vor allem mehr Planungssicherheit für die Stadt: "Das komplette Anmelde-System wird übersichtlicher", so Herzogenrath. Für Eltern, für Kitas, für die Verwaltung. Geplant ist die Einführung zum Kindergartenjahr 2014/15. Die Abstimmung mit den Trägern brauche eben ihre Zeit.
Dortmund plant kein zentrales Anmelde-System
In Dortmund dagegen kündigt sich kein zentrales Vergabe-System an. "Wir klammern das Thema nicht komplett aus, wir haben es auf dem Schirm", erklärt Stadtsprecherin Anke Widow. Konkret geplant sei aber derzeit nichts.
Natürlich gebe es gute Argumente für einen Kita-Navigator — aber in Dortmund überwögen eben die Nachteile. "Unser dezentrales System spiegelt unsere Kita-Landschaft am besten wieder", so Widow. Denn nur ein Bruchteil der Dortmunder Kitas werde von der Stadt getragen. Das ist allerdings auch in Essen der Fall.
Auch von den Eltern kämen immer wieder Argumente für beide Varianten, so Widow: "Warum müssen wir zu jeder einzelnen Kita rennen?" fragen die einen — "Schön, wie unbürokratisch das in Dortmund läuft" sagen die anderen. Denn die Anmeldung in einer Kita direkt vor Ort habe einen großen Vorteil, erklärt Stadtsprecherin Widow: "Es ist flexibler. Wenn in der Wunsch-Kita direkt gegenüber ein Platz außer der Reihe frei wird, bekommt man direkt Rückmeldung."
In Bochum sind nur 10 Prozent der Kitas städtisch
Auch in Bochum ist keine Zentral-Anmeldung geplant. Aus dem gleichen Gründen wie in Dortmund: "Nur 10 Prozent der 170 Bochumer Kitas sind in städtischer Trägerschaft", erklärt Stadtsprecher Thomas Sprenger. Da werde es mit der Koordinierung schwierig. Aber das dezentrale System laufe gut — großartige Beschwerden seitens der Eltern habe es bislang nicht gegeben. "Natürlich läuft es nicht immer reibungslos", so Sprenger. Aber Stadt, Kitas und Eltern seien zufrieden.