Dortmund. Er ist Chef des größten SPD-Unterbezirks Deutschlands - und ein scharfer Kritiker der geplanten großen Koalition: Dortmunds SPD-Chef Franz-Josef Drabig wird gegen die Große Koalition stimmen. Auch der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow lehnt den Koalitionsvertrag ab.

Franz-Josef Drabig hat seine Meinung schon gebildet: Dortmunds SPD-Chef wird bei der Mitgliederbefragung gegen den Koalitionsvertrag mit CDU/CSU stimmen. Das sagte er bei einer Versammlung seines Ortsverbandes Scharnhorst-Alt.

Auf Anfrage begründete der scheidende Unterbezirks-Chef seine Ablehnung: "Ich sehe die große Gefahr, dass wir durch die Regierungsbeteiligung gezwungen sind, Frau Merkels Politik mitzutragen." Drabig fordert die SPD auf, nach Dortmunder Vorbild eine "Rot pur"-Politik zu verfolgen.

Drabig äußerte allerdings auch Verständnis für Genossen, die dem Vertrag zustimmen. "Ich kann Kommunalpolitiker verstehen, die zustimmen, weil die Kommunen finanziell unterstützt werden", so Drabig. Er betonte, dass die SPD die Bundestagswahl verloren habe und forderte eine schonungslose Analyse des Wahlkampfes.

Auch Bülow lehnt Koalition ab

Nachdem er bereits am Donnerstag zu einer Demonstration gegen den energiepolitischen Teil des Koalitionsvertrags aufgerufen hatte, hat auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow am Freitag seine Ablehnung des gesamten Vertrags veröffentlicht.

Bülow schreibt auf seiner Homepage einen Artikel mit der Überschrift: "Warum ich gegen die große Koalition bin." Darin schreibt er: "Wenn ich mir nicht nur die Überschriften anschaue, dann überwiegen für mich deutlich die Gegenargumente." Seine Entscheidung sei nur noch durch die Basis zu beeinflussen, die er zu einer Wahlkreiskonferenz eingeladen hat.

Keine Notsituation

Bülow erklärt in dem Text, dass er eine Große Koalition generell nur in Ausnahmefällen für gerechtfertigt hält. Eine solche Notsituation sei aber nicht gegeben. Konkret krisiert Bülow fehlende Reformen der "Zwei-Klassen-Medizin", des Rentensystems, der Pflege und des Finanzmarktes.

Weiter schreibt er: "Die fehlgeleitete Europapolitik wird nicht angetastet, zum Freihandelsabkommen kein kritisches Wort. Die Vorstellungen zur Energiepolitik sind klar von wenigen Lobbyinteressen geleitet. Sie werden die Energiewende deutlich ausbremsem und den Bürger im Endeffekt teuer zu stehen kommen."

Vorstand tagt Dienstag

Ob Drabigs und Bülows ablehnende Position zu einer offiziellen Empfehlung für die 8500 Dortmunder SPD-Mitglieder wird, entscheidet sich in der kommenden Woche.

Am Dienstag entscheidet der Dortmunder SPD-Vorstand in einer außerordentlichen Sitzung über eine gemeinsame Position zum Koalitionsvertrag.