Dortmund. Gerüchte, Vorurteile, Urteile - bisweilen ergibt all das eine krude Mischung im Kulturbetrieb. Der Direktor des Dortmunder Schauspiels Michael Gruner sah sich jetzt genötigt, auf genau solch einen Fall zu reagieren.
Hintergrund sind zwei Anschuldigungen: Das Musiktheater habe es angesichts seiner Größe viel schwerer als das Schauspiel, eine gute Auslastung zu erreichen. Und das Schauspiel komme leichter auf gute Zahlen, weil es auch in kleinen Räumen wie dem Studio spiele. Politik, Öffentlichkeit, theaterintern - woher genau diese Aussagen stammen, wollte Michael Gruner nicht spezifizieren. Fakt ist, dass in der vorletzten Kulturausschusssitzung eine Debatte über Auslastungen geführt wurde, bei der Heinz Dingerdissen, Vorsitzender Dortmunder für ihr Schauspiel und kulturpolitischer Sprecher FDP/Bürgerliste, angemerkt hatte, dass das Musiktheater für die reine Auslastungszahl mehr Besucher benötige, als das Schauspiel. „Eine Milchmädchen-Rechnung”, räumt er jetzt ein.
Michael Gruner ist es wichtig, die Situation klarzustellen - vielleicht auch mit Hinblick auf das Ende seiner Ära mit der nächsten Spielzeit:
Zwar sei das Opernhaus mit gut 1200 Plätzen deutlich größer als das Schauspiel mit gut 500. Daraus ließe sich aber nicht ableiten, das Schauspiel habe es leichter, das Haus zu füllen: „Die Etats sind ungleich. Es wird ein großer finanzieller Aufwand für das Musiktheater betrieben.” Laut Wirtschaftsplan 2008/09 kommt dem Musiktheater (zu dem Zeitpunkt noch inklusive Ballett) 6,15 Millionen Euro für den Personalaufwand zu, dem Schauspiel 2,12 Millionen. Für die große Wirkung werde im Musiktheater mit Chor, Orchester und Tanz also auch viel Aufwand betrieben, findet Gruner.
Keine geschönten Zahlen
Dem Vorwurf, das Schauspiel erreiche eine hohe Auslastung durch die Bespielung leicht zu füllender, kleiner Räume wie Studio, Café oder Unterbühne, begegnet Gruner mit Rechenbeispielen - die vereinfacht darauf hinauslaufen: Um eine schlecht besuchte Aufführung mit 500 Plätzen auszugleichen, muss eine on stage-Produktion mindestens drei oder vier Mal ausverkauft zu sein. Die Auslastung wird also im Verhältnis berechnet. „Es muss aus der Welt, dass wir unsere Zahlen schönen”, so Gruner.
Der Schauspieldirektor betont allerdings explizit: Er wolle das Musiktheater nicht attackieren, sondern nur die Vorwürfe richtigstellen. „Es geht auf gar keinen Fall um eine Neiddebatte zwischen den Sparten.” Inklusive April hat das Schauspiel nach vorläufigen Schätzungen eine Auslastung von 86,24 Prozent.
Übrigens: Ab der nächsten Saison will die Politik ein neues Berechnungsmodell für das Theater einführen - hieß es im Kulturausschuss. Dabei soll die Wirtschaftlichkeit leichter ablesbar sein, indem die Einnahmen nach Plan und Ist-Zustand ins Verhältnis gesetzt werden.
Fotos: Ralf Rottmann