Dortmund..

Die Geschäftsführung der Dortmunder Szenekneipe „Hirsch Q“ hat mit einem Schreiben auf den Überfall Rechtsradikaler am letzten Samstag reagiert. Auch die Verdi-Vertrauensleute der Stadtverwaltung Dortmund haben eine Solidaritätserklärung abgegeben.

Nach dem Überfall von Neonazis auf Gäste der „Hirsch Q“ in der Brückstraße findet am Samstag eine Demonstration gegen rechte Gewalt ab 16 Uhr an der Ecke Kampstraße/ Katharinenstraße statt. Währenddessen haben die Verdi-Vertrauensleute der Stadtverwaltung Dortmund eine Solidaritätserklärung verfasst. Darin heißt es: „Mit Empörung und Bestürzung haben wir, die Verdi-Vertrauensleute der Stadtverwaltung Dortmund, von dem erneuten Nazi-Überfall auf die Dortmunder Szene-Kneipe „Hirsch-Q“ erfahren.“

Unter anderem mit Messern bewaffnete Nazis überfielen die Kneipe, in der sich oft junge Antifaschisten treffen, und griffen die Besucher brutal an. Dass es neben Verletzten nicht zu noch Schlimmerem kam, ist auch der mutigen und entschlossenen Gegenwehr der „Hirsch-Q“-Gäste zu verdanken. In der Erklärung heißt es weiter: „Wir fordern Polizei und Verantwortliche auf mitzuhelfen Alles zu tun, um diesen gewalttätigen und braunen Spuk in unserer Stadt endlich zu beenden!“

Kritik an Polizei und Lokalpresse

Die Geschäftführung der Szenekneipe „Hirsch Q“ ist nicht mit dem Bericht der Polizei und der Berichterstattung über den Neonazi-Angriff vom 12. Dezember einverstanden. Die Dortmunder Polizei spreche in ihren zwei Pressemitteilungen von „Schlägerei im Lokal ‘Hirsch Q’“ und „einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen (…) Personen der Rechten und Linken Szene, in deren Verlauf Messer und Reizgas eingesetzt wurden.“

Die besagten Schilderungen würden den Tatsachen nicht gerecht. „Im Gegenteil, sie suggerieren, dass es sich hier um eine wechselseitige Auseinandersetzung zweier gleichberechtigter Konfliktparteien handelt“, schreiben die Lokal-Betreiber. Die Wirklichkeit sehe anders aus: Seit 2006 habe es sechs Angriffe/Zwischenfälle auf die „Hirsch-Q“ und das Publikum gegeben. Auch die jüngste Attacke falle in diesen Kontext. Und dabei sei „schnell ersichtlich, dass es sich hier eben nicht um einen ‘Links-Rechts-Konflikt’ handeln kann."

Keine politische Betätigung

Das Lokal sei eine zivile, gewinnorientierte und offiziell konzessionierte Einrichtung, die sich nicht politisch betätige. Das einzige politische Statement, was die Gaststätte vertrete, sei, dass „Menschen, die durch ihr Äußeres oder ihr Verhalten rassistische, faschistische sexistische und/oder xenophobe Gesinnungen erkennen lassen”, keinen Zutritt haben. „Dies bewerten wir selbst jedoch nicht als politisches Engagement, sondern als Selbstverständlichkeit. Nur weil wir damit in Dortmund nahezu alleine dastehen, reicht diese Tatsache nicht aus, um uns hierdurch in die “linksextreme Ecke” zu stellen“, schreibt die Geschäftsführung.

Die Gäste kämen nicht exklusiv aus einer Szene bzw. einer politischen Richtung. „Im Gegenteil, unser Publikum setzt sich aus Stammgästen und zu einem großen Teil auch aus Laufkundschaft zusammen.“ So besuchen insbesondere am Wochenende Menschen unterschiedlichen Alters (18 bis 80 Jahre), unterschiedlicher Kulturen und Szenen das Lokal. Vom jungen Punk bis zum Anzugträger älteren Semesters sei alles vertreten, natürlich auch Anhänger des linken Spektrums. „Es entbehrt aber jeder Grundlage, diese als dominierende oder alleinige Gäste“ darzustellen. „Wir sind eine Institution des Dortmunder Nachtlebens und somit kommen die Gäste zum Feiern hier her und nicht, um sich hier politisch zu betätigen oder gar politische Auseinandersetzungen zu führen.“

Gefahr

Die Stammgäste wüssten jedoch (durch die vorausgegangenen Angriffe) um die Gefahr einer eventuellen Neonazi-Attacke. Aus diesem Problembewusstsein heraus erkläre sich die geschlossene Gegenwehr bei den letzten beiden Angriffen. Die Gäste hätten sich hierzu jedoch nicht bewusst entschieden oder hätten gar Freude daran, sondern würden durch die Angreifer gezwungen, sich zur Wehr zu setzen, um schwerste Verletzungen oder gar die Tötung einzelner Gäste zu verhindern. So seien im aktuellen Fall beispielsweise schwerere Stichverletzungen wohl nur durch die geschlossene Gegenwehr verhindert worden.

Diese Sachverhalte seien der Dortmunder Polizei sehr wohl bekannt. Zum einen wisse sie, welches Publikum die untere Brückstraße und das Lokal besuche, zum anderen resultieren die typischen Polizeieinsätze in der „Hirsch Q“ aus zu lauter Musik (für die Nachbarn) und nicht aus dem Anlass, politische Aktivitäten zu unterbinden. „ Wir bewerten daher die vergangenen und aktuellen Pressemitteilungen der Polizeiführung bezüglich der Angriffe als bewusste Täuschung der Öffentlichkeit, um eine erneute öffentliche Diskussion über das Naziproblem in Dortmund und die damit verbundene Rufschädigung der Stadt von vorn herein zu unterbinden.“ Dieser Zustand sei untragbar und werde rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht gerecht. Damit würde auch die Würde der Opfer mit Füßen getreten.